klein, sind hinein verwebt. Und der ganze Ozean erwacht zu lebendigem Lichte. Meerleuchten. Es ist lebendiges Licht. Myriaden winziger Wesen, zum Teil Einzeller der allerniedrigsten Art, treiben den grünen Glanz aus ihrer lebenden Körpermasse selbst hervor und größere Tiere schaukeln sich wie brennende Zapfen und Kugeln in dem allgemeinen Tag. Das Leben hat das Licht erobert, -- erobert am eigenen Leibe zunächst. Bis in die tiefsten, grauenvollsten Schlünde dieses Ozeans trägt es seine Flammen hinab. Um rote Seesterne rinnt es auf dem Meeresgrunde wie ein grüner Rasen von Licht, die Tierkolonie einer Rindenkoralle scheint elektrisch blaugrün durchglüht, der Tiefseefisch Malakosteus stößt grüne und gelbe Lichstrahlen wie mit einem Scheinwerfer unmittelbar unter dem empfangenden Lichtorgan, dem Auge, hervor. Droben auf dem Lande, im schwarzen mondlosen Urwald aber schwirrt gleichzeitig der Cukujo, der Leuchtkäfer, dessen goldgrüner Stern heute noch eine Laterne ersetzt und Bücherschrift lesen läßt.
Noch aber eine ungeheuere Zeit. Und dann die rote Flamme.....
Auch dieser rote Stern der Heerdflamme da drüben, um den die Löwen der Diluvialzeit brüllen und der Singschwan schreit, ist lebendiges Licht. Er wird sein Leben bewähren. Die Baumriesen des Urwaldes werden zusammenkrachen wie vom Blitz zerspellt und an ihre Stelle wird die Großstadt treten, ein blaues Meer von elektrischem Licht. Wie eine Schlange mit leuchtenden Schildern wird der Nachtzug auf den Eisen¬ schienen durch die Länder sausen. Lichtsignale werden über die Ozeane fliegen. In die doppelte Nacht des Bergwerks, das im Grabe der Steinkohlenperiode wühlt, des Tunnels, der die Granitquader eines Schneegebirges teilt, werden weiße Licht¬ bänder fließen. Das unterseeische Bot wird mit seinen Schein¬ werfern wie eine Sonne in die Abgrundswelt der Polypen, Seesterne und Tiefseefische tauchen. Licht wird dem Menschen aus jedem gestoßenen Steine strömen, zum goldenen Quell des
klein, ſind hinein verwebt. Und der ganze Ozean erwacht zu lebendigem Lichte. Meerleuchten. Es iſt lebendiges Licht. Myriaden winziger Weſen, zum Teil Einzeller der allerniedrigſten Art, treiben den grünen Glanz aus ihrer lebenden Körpermaſſe ſelbſt hervor und größere Tiere ſchaukeln ſich wie brennende Zapfen und Kugeln in dem allgemeinen Tag. Das Leben hat das Licht erobert, — erobert am eigenen Leibe zunächſt. Bis in die tiefſten, grauenvollſten Schlünde dieſes Ozeans trägt es ſeine Flammen hinab. Um rote Seeſterne rinnt es auf dem Meeresgrunde wie ein grüner Raſen von Licht, die Tierkolonie einer Rindenkoralle ſcheint elektriſch blaugrün durchglüht, der Tiefſeefiſch Malakoſteus ſtößt grüne und gelbe Lichſtrahlen wie mit einem Scheinwerfer unmittelbar unter dem empfangenden Lichtorgan, dem Auge, hervor. Droben auf dem Lande, im ſchwarzen mondloſen Urwald aber ſchwirrt gleichzeitig der Cukujo, der Leuchtkäfer, deſſen goldgrüner Stern heute noch eine Laterne erſetzt und Bücherſchrift leſen läßt.
Noch aber eine ungeheuere Zeit. Und dann die rote Flamme.....
Auch dieſer rote Stern der Heerdflamme da drüben, um den die Löwen der Diluvialzeit brüllen und der Singſchwan ſchreit, iſt lebendiges Licht. Er wird ſein Leben bewähren. Die Baumrieſen des Urwaldes werden zuſammenkrachen wie vom Blitz zerſpellt und an ihre Stelle wird die Großſtadt treten, ein blaues Meer von elektriſchem Licht. Wie eine Schlange mit leuchtenden Schildern wird der Nachtzug auf den Eiſen¬ ſchienen durch die Länder ſauſen. Lichtſignale werden über die Ozeane fliegen. In die doppelte Nacht des Bergwerks, das im Grabe der Steinkohlenperiode wühlt, des Tunnels, der die Granitquader eines Schneegebirges teilt, werden weiße Licht¬ bänder fließen. Das unterſeeiſche Bot wird mit ſeinen Schein¬ werfern wie eine Sonne in die Abgrundswelt der Polypen, Seeſterne und Tiefſeefiſche tauchen. Licht wird dem Menſchen aus jedem geſtoßenen Steine ſtrömen, zum goldenen Quell des
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klein, ſind hinein verwebt. Und der ganze Ozean erwacht zu
lebendigem Lichte. Meerleuchten. Es iſt lebendiges Licht.
Myriaden winziger Weſen, zum Teil Einzeller der allerniedrigſten
Art, treiben den grünen Glanz aus ihrer lebenden Körpermaſſe
ſelbſt hervor und größere Tiere ſchaukeln ſich wie brennende
Zapfen und Kugeln in dem allgemeinen Tag. Das Leben hat
das Licht erobert, — erobert am eigenen Leibe zunächſt. Bis
in die tiefſten, grauenvollſten Schlünde dieſes Ozeans trägt es
ſeine Flammen hinab. Um rote Seeſterne rinnt es auf dem
Meeresgrunde wie ein grüner Raſen von Licht, die Tierkolonie
einer Rindenkoralle ſcheint elektriſch blaugrün durchglüht, der
Tiefſeefiſch Malakoſteus ſtößt grüne und gelbe Lichſtrahlen wie
mit einem Scheinwerfer unmittelbar unter dem empfangenden
Lichtorgan, dem Auge, hervor. Droben auf dem Lande, im
ſchwarzen mondloſen Urwald aber ſchwirrt gleichzeitig der
Cukujo, der Leuchtkäfer, deſſen goldgrüner Stern heute noch
eine Laterne erſetzt und Bücherſchrift leſen läßt.
Noch aber eine ungeheuere Zeit. Und dann die rote
Flamme.....
Auch dieſer rote Stern der Heerdflamme da drüben, um
den die Löwen der Diluvialzeit brüllen und der Singſchwan
ſchreit, iſt lebendiges Licht. Er wird ſein Leben bewähren. Die
Baumrieſen des Urwaldes werden zuſammenkrachen wie vom
Blitz zerſpellt und an ihre Stelle wird die Großſtadt treten,
ein blaues Meer von elektriſchem Licht. Wie eine Schlange
mit leuchtenden Schildern wird der Nachtzug auf den Eiſen¬
ſchienen durch die Länder ſauſen. Lichtſignale werden über die
Ozeane fliegen. In die doppelte Nacht des Bergwerks, das
im Grabe der Steinkohlenperiode wühlt, des Tunnels, der die
Granitquader eines Schneegebirges teilt, werden weiße Licht¬
bänder fließen. Das unterſeeiſche Bot wird mit ſeinen Schein¬
werfern wie eine Sonne in die Abgrundswelt der Polypen,
Seeſterne und Tiefſeefiſche tauchen. Licht wird dem Menſchen
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/29>, abgerufen am 21.11.2024.
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