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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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drachen und wie sie sonst alle heißen. Bloß eine hochent¬
wickelte, warmblütige, federnbedeckende Flugeidechse ist aber der
Vogel. Und so findest du bei Huhn und Strauß, Adler und
Nachtigall und all den tausend anderen Schwingenträgern in
Feld, Wald, Meer und Luft unabänderlich auch die echteste
Kloake entwickelt, -- immer das harte Ei und der flüssige
Samen, das Exkrement des Darmes und der (hier breiartige)
Urin der Nieren austretend durch ein und dasselbe große
hintere Leibesthor.

Und erst beim Säugetier kommt wieder nachträglich ein
großes Halt. So hoch der Triumph der Sparsamkeit war,
der glücklich alle Löcher in eins verschmolzen hatte: -- ganz
durchhalten bis ins Höchste der Entwickelung hinein ließ sich
die Sache doch nicht so.

Noch heute lebt in Australien das Tier, das den Um¬
schwung zum strahlendsten Gipfel der ganzen lebendigen Natur
auf Erden verkörpert: das Schnabeltier. Das Schnabeltier
legt noch Eier in einer sehr ähnlichen Weise wie ein Vogel
oder besser noch, wie eine Eidechse. Und das Schnabeltier
hat heiligen Ernstes auch noch eine Kloake, -- es allein von
sämtlichen Säugetieren. Denn ein Säugetier, das seine Jungen
mit Milch speist, ist es unbedingt schon. Aber die Kloake
hat's doch noch. Man nennt zoologisch die Schnabeltiere
vielfach geradezu "Kloakentiere", woraus der Laie wohl den
schlechten Schluß zieht, diese kleinen Schnabler hausten wie die
Ratten unserer Großstädte in den Abzugskanälen der australischen
Farmen, -- was ihnen aber gar nicht einfällt. Der Misse¬
thäter, der durch die Kloake schwimmt, sind vielmehr ihre
eigenen Eier und Samentierchen in ihnen selbst, und die Kloake
ist das konföderierte After- und Urinloch ihres eigenen Leibes.

Dann kommt aber das Beuteltier, -- die Beutelratte
und das Känguruh -- und da hat's mit der Kloake jäh ein
Ende. Auf einmal steht zwischen der Urin- und Geschlechts¬
öffnung und der Afteröffnung doch wieder ein fester Riegel,

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drachen und wie ſie ſonſt alle heißen. Bloß eine hochent¬
wickelte, warmblütige, federnbedeckende Flugeidechſe iſt aber der
Vogel. Und ſo findeſt du bei Huhn und Strauß, Adler und
Nachtigall und all den tauſend anderen Schwingenträgern in
Feld, Wald, Meer und Luft unabänderlich auch die echteſte
Kloake entwickelt, — immer das harte Ei und der flüſſige
Samen, das Exkrement des Darmes und der (hier breiartige)
Urin der Nieren austretend durch ein und dasſelbe große
hintere Leibesthor.

Und erſt beim Säugetier kommt wieder nachträglich ein
großes Halt. So hoch der Triumph der Sparſamkeit war,
der glücklich alle Löcher in eins verſchmolzen hatte: — ganz
durchhalten bis ins Höchſte der Entwickelung hinein ließ ſich
die Sache doch nicht ſo.

Noch heute lebt in Auſtralien das Tier, das den Um¬
ſchwung zum ſtrahlendſten Gipfel der ganzen lebendigen Natur
auf Erden verkörpert: das Schnabeltier. Das Schnabeltier
legt noch Eier in einer ſehr ähnlichen Weiſe wie ein Vogel
oder beſſer noch, wie eine Eidechſe. Und das Schnabeltier
hat heiligen Ernſtes auch noch eine Kloake, — es allein von
ſämtlichen Säugetieren. Denn ein Säugetier, das ſeine Jungen
mit Milch ſpeiſt, iſt es unbedingt ſchon. Aber die Kloake
hat's doch noch. Man nennt zoologiſch die Schnabeltiere
vielfach geradezu „Kloakentiere“, woraus der Laie wohl den
ſchlechten Schluß zieht, dieſe kleinen Schnabler hauſten wie die
Ratten unſerer Großſtädte in den Abzugskanälen der auſtraliſchen
Farmen, — was ihnen aber gar nicht einfällt. Der Miſſe¬
thäter, der durch die Kloake ſchwimmt, ſind vielmehr ihre
eigenen Eier und Samentierchen in ihnen ſelbſt, und die Kloake
iſt das konföderierte After- und Urinloch ihres eigenen Leibes.

Dann kommt aber das Beuteltier, — die Beutelratte
und das Känguruh — und da hat's mit der Kloake jäh ein
Ende. Auf einmal ſteht zwiſchen der Urin- und Geſchlechts¬
öffnung und der Afteröffnung doch wieder ein feſter Riegel,

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[259/0275] drachen und wie ſie ſonſt alle heißen. Bloß eine hochent¬ wickelte, warmblütige, federnbedeckende Flugeidechſe iſt aber der Vogel. Und ſo findeſt du bei Huhn und Strauß, Adler und Nachtigall und all den tauſend anderen Schwingenträgern in Feld, Wald, Meer und Luft unabänderlich auch die echteſte Kloake entwickelt, — immer das harte Ei und der flüſſige Samen, das Exkrement des Darmes und der (hier breiartige) Urin der Nieren austretend durch ein und dasſelbe große hintere Leibesthor. Und erſt beim Säugetier kommt wieder nachträglich ein großes Halt. So hoch der Triumph der Sparſamkeit war, der glücklich alle Löcher in eins verſchmolzen hatte: — ganz durchhalten bis ins Höchſte der Entwickelung hinein ließ ſich die Sache doch nicht ſo. Noch heute lebt in Auſtralien das Tier, das den Um¬ ſchwung zum ſtrahlendſten Gipfel der ganzen lebendigen Natur auf Erden verkörpert: das Schnabeltier. Das Schnabeltier legt noch Eier in einer ſehr ähnlichen Weiſe wie ein Vogel oder beſſer noch, wie eine Eidechſe. Und das Schnabeltier hat heiligen Ernſtes auch noch eine Kloake, — es allein von ſämtlichen Säugetieren. Denn ein Säugetier, das ſeine Jungen mit Milch ſpeiſt, iſt es unbedingt ſchon. Aber die Kloake hat's doch noch. Man nennt zoologiſch die Schnabeltiere vielfach geradezu „Kloakentiere“, woraus der Laie wohl den ſchlechten Schluß zieht, dieſe kleinen Schnabler hauſten wie die Ratten unſerer Großſtädte in den Abzugskanälen der auſtraliſchen Farmen, — was ihnen aber gar nicht einfällt. Der Miſſe¬ thäter, der durch die Kloake ſchwimmt, ſind vielmehr ihre eigenen Eier und Samentierchen in ihnen ſelbſt, und die Kloake iſt das konföderierte After- und Urinloch ihres eigenen Leibes. Dann kommt aber das Beuteltier, — die Beutelratte und das Känguruh — und da hat's mit der Kloake jäh ein Ende. Auf einmal ſteht zwiſchen der Urin- und Geſchlechts¬ öffnung und der Afteröffnung doch wieder ein feſter Riegel, 17*

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/275>, abgerufen am 25.11.2024.