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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Bewegung wie beim Munde. Es war schließlich bloß eine
Abfallsöffnung so gut wie der Urinausgang selbst, durchaus
aufs Hinaustreiben gebaut und also in vieler Hinsicht ent¬
schieden brauchbar sowohl für den Urin, als auch für die
(nun doch einmal durch ihn an Abfallsstoffe gewöhnten) Ge¬
schlechtssachen.

Und so erleben wir's denn wirklich! Schon bei einer
großen Masse von Fischen fließen Eier, Samen, Urin und
feste Exkremente alle miteinander durch ein und dasselbe
Loch schließlich heraus. So insbesondere bei deinen engeren
Ahnen, den Haifischen. Das Amphibium, also Frosch und
Molch, weiß es nur noch so. Alle Kanäle des Leibes, die
nach hinten heraus wollen, strahlen in einen und denselben
Punkt ein: der dicke Mastdarm, der jederseitige Urinkanal des
Männleins, der zugleich Samenkanal ist, der entsprechende
echte Urinkanal des Weibleins und das abgespaltene Urinkanal¬
stück, das die Weibeseier separat verfrachtet.

Willst du eine Bezeichnung finden für diese noch wieder
neue Sache, so müßtest du eine bilden, die Urinliebe und
Afterliebe unter denselben Decktitel brächte. Der Naturforscher
bietet dir nun ein Wort gerade hier, wenn schon keines von
den besten. Er nennt solche Vereinigung von Urinausgang
und After überall, wo sie bei Tieren ihm entgegentritt, kurz¬
weg "Kloake". Und so ständen wir im Text also jetzt bei
der Kloaken-Liebe. Tiere auf dieser Stufe, die sich nach
Blaufelchen-Art durch möglichst nahes Zueinanderbringen ihrer
Ausfuhrlöcher für Samen und Eier lieben, mußten bei dieser
Sachlage einfach ihre "Kloaken" einander zukehren im
Liebesakt.

Vom Molch herauf hat diese Kloakenliebe thatsächlich
noch lange Zeit eine entscheidende Rolle gespielt. Von ihm
bekamen sie sämtliche Reptilien mit, also die Eidechsen, Schlangen,
Krokodile und Schildkröten, jedenfalls auch die ausgestorbenen
reptilischen Ungetüme, die Ichthyosaurier, Flatterechsen, Schreckens¬

Bewegung wie beim Munde. Es war ſchließlich bloß eine
Abfallsöffnung ſo gut wie der Urinausgang ſelbſt, durchaus
aufs Hinaustreiben gebaut und alſo in vieler Hinſicht ent¬
ſchieden brauchbar ſowohl für den Urin, als auch für die
(nun doch einmal durch ihn an Abfallsſtoffe gewöhnten) Ge¬
ſchlechtsſachen.

Und ſo erleben wir's denn wirklich! Schon bei einer
großen Maſſe von Fiſchen fließen Eier, Samen, Urin und
feſte Exkremente alle miteinander durch ein und dasſelbe
Loch ſchließlich heraus. So insbeſondere bei deinen engeren
Ahnen, den Haifiſchen. Das Amphibium, alſo Froſch und
Molch, weiß es nur noch ſo. Alle Kanäle des Leibes, die
nach hinten heraus wollen, ſtrahlen in einen und denſelben
Punkt ein: der dicke Maſtdarm, der jederſeitige Urinkanal des
Männleins, der zugleich Samenkanal iſt, der entſprechende
echte Urinkanal des Weibleins und das abgeſpaltene Urinkanal¬
ſtück, das die Weibeseier ſeparat verfrachtet.

Willſt du eine Bezeichnung finden für dieſe noch wieder
neue Sache, ſo müßteſt du eine bilden, die Urinliebe und
Afterliebe unter denſelben Decktitel brächte. Der Naturforſcher
bietet dir nun ein Wort gerade hier, wenn ſchon keines von
den beſten. Er nennt ſolche Vereinigung von Urinausgang
und After überall, wo ſie bei Tieren ihm entgegentritt, kurz¬
weg „Kloake“. Und ſo ſtänden wir im Text alſo jetzt bei
der Kloaken-Liebe. Tiere auf dieſer Stufe, die ſich nach
Blaufelchen-Art durch möglichſt nahes Zueinanderbringen ihrer
Ausfuhrlöcher für Samen und Eier lieben, mußten bei dieſer
Sachlage einfach ihre „Kloaken“ einander zukehren im
Liebesakt.

Vom Molch herauf hat dieſe Kloakenliebe thatſächlich
noch lange Zeit eine entſcheidende Rolle geſpielt. Von ihm
bekamen ſie ſämtliche Reptilien mit, alſo die Eidechſen, Schlangen,
Krokodile und Schildkröten, jedenfalls auch die ausgeſtorbenen
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[258/0274] Bewegung wie beim Munde. Es war ſchließlich bloß eine Abfallsöffnung ſo gut wie der Urinausgang ſelbſt, durchaus aufs Hinaustreiben gebaut und alſo in vieler Hinſicht ent¬ ſchieden brauchbar ſowohl für den Urin, als auch für die (nun doch einmal durch ihn an Abfallsſtoffe gewöhnten) Ge¬ ſchlechtsſachen. Und ſo erleben wir's denn wirklich! Schon bei einer großen Maſſe von Fiſchen fließen Eier, Samen, Urin und feſte Exkremente alle miteinander durch ein und dasſelbe Loch ſchließlich heraus. So insbeſondere bei deinen engeren Ahnen, den Haifiſchen. Das Amphibium, alſo Froſch und Molch, weiß es nur noch ſo. Alle Kanäle des Leibes, die nach hinten heraus wollen, ſtrahlen in einen und denſelben Punkt ein: der dicke Maſtdarm, der jederſeitige Urinkanal des Männleins, der zugleich Samenkanal iſt, der entſprechende echte Urinkanal des Weibleins und das abgeſpaltene Urinkanal¬ ſtück, das die Weibeseier ſeparat verfrachtet. Willſt du eine Bezeichnung finden für dieſe noch wieder neue Sache, ſo müßteſt du eine bilden, die Urinliebe und Afterliebe unter denſelben Decktitel brächte. Der Naturforſcher bietet dir nun ein Wort gerade hier, wenn ſchon keines von den beſten. Er nennt ſolche Vereinigung von Urinausgang und After überall, wo ſie bei Tieren ihm entgegentritt, kurz¬ weg „Kloake“. Und ſo ſtänden wir im Text alſo jetzt bei der Kloaken-Liebe. Tiere auf dieſer Stufe, die ſich nach Blaufelchen-Art durch möglichſt nahes Zueinanderbringen ihrer Ausfuhrlöcher für Samen und Eier lieben, mußten bei dieſer Sachlage einfach ihre „Kloaken“ einander zukehren im Liebesakt. Vom Molch herauf hat dieſe Kloakenliebe thatſächlich noch lange Zeit eine entſcheidende Rolle geſpielt. Von ihm bekamen ſie ſämtliche Reptilien mit, alſo die Eidechſen, Schlangen, Krokodile und Schildkröten, jedenfalls auch die ausgeſtorbenen reptiliſchen Ungetüme, die Ichthyoſaurier, Flatterechſen, Schreckens¬

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/274>, abgerufen am 25.11.2024.