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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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denn das Nierensieb auch nur das überzählige Wasser und
den Exkrementstoff abwärts und hält die Eiweißteile zurück.
Wenigstens in gesundem Zustand. Erkrankt in bestimmter
Weise, lockert sich die Filterplatte so, daß auch das Eiweiß
mitgeht, also des Leibes heiligste Nährbouillon abfließt, --
und dann sieht's faul um den ganzen Menschen aus.

Das "Abwärts" aber bedeutet: diese Abfallsflüssigkeit
geht in regelrechter Unterkanalisation anstatt im Blutkanal
weiter jetzt durch eine Separatröhre von jeder Niere aus in
ein großes gemeinsames Latrinenreservoir, die Harnblase.
Und von dieser Harnblase rauscht sie durch eine letzte Riesel¬
röhre unmittelbar -- aus dem ganzen Körper heraus. Da
die Nieren ganz genau wie die Eierstöcke im Innern der
Bauchhöhle liegen, kann das logischer Weise auch nur durch
ein Loch geschehen, das in die Bauchwand geschlagen ist.

Und jetzt denn seltsam genug: die innere Urinröhre
mündet beim Weibe in dasselbe Thor zwischen den Schenkeln
ein, durch das die Geschlechtsstoffe gehen. Auf ein letztes
kurzes Stück, so zu sagen schon im Thorbogen selbst, ver¬
einigen sich beide Röhren sogar geradezu. Und beim Manne
ist's noch weit intimer. Da laufen Urin und Samen das
ganze große Kanalende, das man Mannesglied heißt, durchaus
gemeinsam, als wären sie von Haus aus die verträglichsten
Freunde von der Welt.

[Abbildung]

Ich glaube, ein Gedanke liegt hier nahe genug. Die
Natur hat, wie so oft, gespart. Sie hat nur eine Durch¬
bohrung der geschlossenen Leibeshöhle haben wollen. Da nun
zwei Röhrensysteme aus dem Innenraum herauswollten, der

denn das Nierenſieb auch nur das überzählige Waſſer und
den Exkrementſtoff abwärts und hält die Eiweißteile zurück.
Wenigſtens in geſundem Zuſtand. Erkrankt in beſtimmter
Weiſe, lockert ſich die Filterplatte ſo, daß auch das Eiweiß
mitgeht, alſo des Leibes heiligſte Nährbouillon abfließt, —
und dann ſieht's faul um den ganzen Menſchen aus.

Das „Abwärts“ aber bedeutet: dieſe Abfallsflüſſigkeit
geht in regelrechter Unterkanaliſation anſtatt im Blutkanal
weiter jetzt durch eine Separatröhre von jeder Niere aus in
ein großes gemeinſames Latrinenreſervoir, die Harnblaſe.
Und von dieſer Harnblaſe rauſcht ſie durch eine letzte Rieſel¬
röhre unmittelbar — aus dem ganzen Körper heraus. Da
die Nieren ganz genau wie die Eierſtöcke im Innern der
Bauchhöhle liegen, kann das logiſcher Weiſe auch nur durch
ein Loch geſchehen, das in die Bauchwand geſchlagen iſt.

Und jetzt denn ſeltſam genug: die innere Urinröhre
mündet beim Weibe in daſſelbe Thor zwiſchen den Schenkeln
ein, durch das die Geſchlechtsſtoffe gehen. Auf ein letztes
kurzes Stück, ſo zu ſagen ſchon im Thorbogen ſelbſt, ver¬
einigen ſich beide Röhren ſogar geradezu. Und beim Manne
iſt's noch weit intimer. Da laufen Urin und Samen das
ganze große Kanalende, das man Mannesglied heißt, durchaus
gemeinſam, als wären ſie von Haus aus die verträglichſten
Freunde von der Welt.

[Abbildung]

Ich glaube, ein Gedanke liegt hier nahe genug. Die
Natur hat, wie ſo oft, geſpart. Sie hat nur eine Durch¬
bohrung der geſchloſſenen Leibeshöhle haben wollen. Da nun
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[245/0261] denn das Nierenſieb auch nur das überzählige Waſſer und den Exkrementſtoff abwärts und hält die Eiweißteile zurück. Wenigſtens in geſundem Zuſtand. Erkrankt in beſtimmter Weiſe, lockert ſich die Filterplatte ſo, daß auch das Eiweiß mitgeht, alſo des Leibes heiligſte Nährbouillon abfließt, — und dann ſieht's faul um den ganzen Menſchen aus. Das „Abwärts“ aber bedeutet: dieſe Abfallsflüſſigkeit geht in regelrechter Unterkanaliſation anſtatt im Blutkanal weiter jetzt durch eine Separatröhre von jeder Niere aus in ein großes gemeinſames Latrinenreſervoir, die Harnblaſe. Und von dieſer Harnblaſe rauſcht ſie durch eine letzte Rieſel¬ röhre unmittelbar — aus dem ganzen Körper heraus. Da die Nieren ganz genau wie die Eierſtöcke im Innern der Bauchhöhle liegen, kann das logiſcher Weiſe auch nur durch ein Loch geſchehen, das in die Bauchwand geſchlagen iſt. Und jetzt denn ſeltſam genug: die innere Urinröhre mündet beim Weibe in daſſelbe Thor zwiſchen den Schenkeln ein, durch das die Geſchlechtsſtoffe gehen. Auf ein letztes kurzes Stück, ſo zu ſagen ſchon im Thorbogen ſelbſt, ver¬ einigen ſich beide Röhren ſogar geradezu. Und beim Manne iſt's noch weit intimer. Da laufen Urin und Samen das ganze große Kanalende, das man Mannesglied heißt, durchaus gemeinſam, als wären ſie von Haus aus die verträglichſten Freunde von der Welt. [Abbildung] Ich glaube, ein Gedanke liegt hier nahe genug. Die Natur hat, wie ſo oft, geſpart. Sie hat nur eine Durch¬ bohrung der geſchloſſenen Leibeshöhle haben wollen. Da nun zwei Röhrenſyſteme aus dem Innenraum herauswollten, der

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/261>, abgerufen am 25.11.2024.