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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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auch eins darstellt. Wie über diesem Kuß, so schwebt auch
über ihm eine Art äußersten Engelsideals, eine letzte Ablösung
ganz in höhere Harmonieakte der reinen blütenweißen Distance¬
liebe fern ab von aller blutroten Mischliebe. Aber in hohem
Grade interessant ist, wie nun gerade in ihm die Reste und
Reminiscenzen der ursprünglich auch hier herrschenden Misch¬
liebe in wahren Fossilformen auftreten, als Versteinerungen
urältester Stationen der Begattungsentwickelung. Schwänzelnde
Fischlein im See, die ohne spezifisches Gewicht in ihrem Wasser
sich lustig mit einem graziösen Ruderschlag der Schwanzflosse
zu einander treiben, sich tändelnd halten und wohl gar noch
über das Wasser zusammen hoch hinausspringen, -- das ist
der Urpunkt, der Urbrennpunkt auch deiner Tanzstellung noch
im elegantesten Salon. Bloß daß diese Fische dabei noch ein
Stück weiter gingen im realen Sinne des Ganzen ....

[Abbildung]

Drei Wege tauchen auf zwischen einem Fisch, der nach
Blaufelchenart liebt, und dir, wenn du nicht bloß tanzen,
sondern deinen heiligen Akt in ganzer Größe vollziehen sollst.

Drei weitere Stationen.

Drei Lichtstrahlen kannst du auch sagen, die vom Ge¬
schlechtsleben aus in deine Fisch-Menschwerdung fallen.

Die erste Station war, daß nicht mehr bloß Leib zu
Leib parallel eingestellt wurde in einer Tänzerstellung.
Sondern daß an diesen beiden Liebesleibern die Stellen un¬
mittelbar aufeinander gepreßt wurden, an denen die Milch und
der Rogen vordrängten. Indem innerhalb dieses Verschlusses
Milch und Rogen sich mischten, also der wahre Mischakt
zwischen Samenzelle und Eizelle sich vollzog, geriet die äußere
Liebesgrube im Sande in das Liebes-Individuum selber
hinein
.

auch eins darſtellt. Wie über dieſem Kuß, ſo ſchwebt auch
über ihm eine Art äußerſten Engelsideals, eine letzte Ablöſung
ganz in höhere Harmonieakte der reinen blütenweißen Diſtance¬
liebe fern ab von aller blutroten Miſchliebe. Aber in hohem
Grade intereſſant iſt, wie nun gerade in ihm die Reſte und
Reminiscenzen der urſprünglich auch hier herrſchenden Miſch¬
liebe in wahren Foſſilformen auftreten, als Verſteinerungen
urälteſter Stationen der Begattungsentwickelung. Schwänzelnde
Fiſchlein im See, die ohne ſpezifiſches Gewicht in ihrem Waſſer
ſich luſtig mit einem graziöſen Ruderſchlag der Schwanzfloſſe
zu einander treiben, ſich tändelnd halten und wohl gar noch
über das Waſſer zuſammen hoch hinausſpringen, — das iſt
der Urpunkt, der Urbrennpunkt auch deiner Tanzſtellung noch
im eleganteſten Salon. Bloß daß dieſe Fiſche dabei noch ein
Stück weiter gingen im realen Sinne des Ganzen ....

[Abbildung]

Drei Wege tauchen auf zwiſchen einem Fiſch, der nach
Blaufelchenart liebt, und dir, wenn du nicht bloß tanzen,
ſondern deinen heiligen Akt in ganzer Größe vollziehen ſollſt.

Drei weitere Stationen.

Drei Lichtſtrahlen kannſt du auch ſagen, die vom Ge¬
ſchlechtsleben aus in deine Fiſch-Menſchwerdung fallen.

Die erſte Station war, daß nicht mehr bloß Leib zu
Leib parallel eingeſtellt wurde in einer Tänzerſtellung.
Sondern daß an dieſen beiden Liebesleibern die Stellen un¬
mittelbar aufeinander gepreßt wurden, an denen die Milch und
der Rogen vordrängten. Indem innerhalb dieſes Verſchluſſes
Milch und Rogen ſich miſchten, alſo der wahre Miſchakt
zwiſchen Samenzelle und Eizelle ſich vollzog, geriet die äußere
Liebesgrube im Sande in das Liebes-Individuum ſelber
hinein
.

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[226/0242] auch eins darſtellt. Wie über dieſem Kuß, ſo ſchwebt auch über ihm eine Art äußerſten Engelsideals, eine letzte Ablöſung ganz in höhere Harmonieakte der reinen blütenweißen Diſtance¬ liebe fern ab von aller blutroten Miſchliebe. Aber in hohem Grade intereſſant iſt, wie nun gerade in ihm die Reſte und Reminiscenzen der urſprünglich auch hier herrſchenden Miſch¬ liebe in wahren Foſſilformen auftreten, als Verſteinerungen urälteſter Stationen der Begattungsentwickelung. Schwänzelnde Fiſchlein im See, die ohne ſpezifiſches Gewicht in ihrem Waſſer ſich luſtig mit einem graziöſen Ruderſchlag der Schwanzfloſſe zu einander treiben, ſich tändelnd halten und wohl gar noch über das Waſſer zuſammen hoch hinausſpringen, — das iſt der Urpunkt, der Urbrennpunkt auch deiner Tanzſtellung noch im eleganteſten Salon. Bloß daß dieſe Fiſche dabei noch ein Stück weiter gingen im realen Sinne des Ganzen .... [Abbildung] Drei Wege tauchen auf zwiſchen einem Fiſch, der nach Blaufelchenart liebt, und dir, wenn du nicht bloß tanzen, ſondern deinen heiligen Akt in ganzer Größe vollziehen ſollſt. Drei weitere Stationen. Drei Lichtſtrahlen kannſt du auch ſagen, die vom Ge¬ ſchlechtsleben aus in deine Fiſch-Menſchwerdung fallen. Die erſte Station war, daß nicht mehr bloß Leib zu Leib parallel eingeſtellt wurde in einer Tänzerſtellung. Sondern daß an dieſen beiden Liebesleibern die Stellen un¬ mittelbar aufeinander gepreßt wurden, an denen die Milch und der Rogen vordrängten. Indem innerhalb dieſes Verſchluſſes Milch und Rogen ſich miſchten, alſo der wahre Miſchakt zwiſchen Samenzelle und Eizelle ſich vollzog, geriet die äußere Liebesgrube im Sande in das Liebes-Individuum ſelber hinein.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/242>, abgerufen am 23.11.2024.