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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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trägt: -- ein- und auskriechend in der Menschheitsstadt durch den
widerlichen Kanal einer Latrine in ein paar Zwischenmomenten,
da die ekle Strömung, die gewohnheitsmäßig hierher gehört,
knapp einmal pausiert ..... Groteskes Spiel!

Was mit diesen Ausfuhrstoffen zusammenhängt, das hat
schon das höhere Tier als verhüllenswert erkannt. Der Hund
verscharrt seinen Abfall. Im Menschen entwickelt sich hier ein
besonderer Moralkodex, dessen natürliche Grundlagen so durch¬
sichtig sind. Jeder weiß diese Dinge als notwendig. Aber sie
sind das extremste Gegenteil von Gemeinschaftlichem. Wenn
etwas, so hat jeder das möglichst mit sich allein abzumachen.
Und nun die Forderung. Der höchste Liebesakt soll zu zweien
gerade durch diese Harnwege gehen. Das Liebes-Individuum soll
sich siphonophorisch schließen gerade an dieser scheußlichsten Stelle.
Wer hat in seiner Jugend, als er naiv auch in diese Dinge
hineinwuchs, nicht einmal den wirklich abscheulichen Moment
gehabt, da ihm das zum erstenmal aufging: die ganze Sonnen¬
herrlichkeit der Liebe soll sich hindurchwürgen durch diesen Akt
zwischen zwei Harnorganen! Ausgespart gerade diesen von
allen des Leibes. Die Seelen wollten verschmelzen im höchsten,
heiligsten Akt, dem Akt, da die große Sehnsucht des Individuums
endlich, endlich das All erreicht, das Höhere, die Menschheit,
die Folge der Generationen, den wahren Übermenschen, der in
Kind und Enkel und Urenkel über Millionen Jahre lebt und
lebt, -- und dieses Verschmelzen soll den Weg des Urins gehen.
In der unbegreiflichsten, dem freien Göttergange des Menschen
widersprechendsten Stellung. Unter allen möglichen mißlichen
bis zum Lächerlichsten gesteigerten Begleitumständen.

Dann die Geburt! Die Schwangerschaft schon eine Ent¬
stellung des Weibes zu monströsester Unform. Das auftauchende
Kind muß durch die gleiche häßliche Harnpforte wieder hinaus.
Aber diese Pforte ist winzig zu seiner Größe. Schon das
Losreißen im Innern erzeugt wilde Blutungen. In einem
wahren Todeskampf, zwischen Blut und Wunden, ringt sich das

trägt: — ein- und auskriechend in der Menſchheitsſtadt durch den
widerlichen Kanal einer Latrine in ein paar Zwiſchenmomenten,
da die ekle Strömung, die gewohnheitsmäßig hierher gehört,
knapp einmal pauſiert ..... Groteskes Spiel!

Was mit dieſen Ausfuhrſtoffen zuſammenhängt, das hat
ſchon das höhere Tier als verhüllenswert erkannt. Der Hund
verſcharrt ſeinen Abfall. Im Menſchen entwickelt ſich hier ein
beſonderer Moralkodex, deſſen natürliche Grundlagen ſo durch¬
ſichtig ſind. Jeder weiß dieſe Dinge als notwendig. Aber ſie
ſind das extremſte Gegenteil von Gemeinſchaftlichem. Wenn
etwas, ſo hat jeder das möglichſt mit ſich allein abzumachen.
Und nun die Forderung. Der höchſte Liebesakt ſoll zu zweien
gerade durch dieſe Harnwege gehen. Das Liebes-Individuum ſoll
ſich ſiphonophoriſch ſchließen gerade an dieſer ſcheußlichſten Stelle.
Wer hat in ſeiner Jugend, als er naiv auch in dieſe Dinge
hineinwuchs, nicht einmal den wirklich abſcheulichen Moment
gehabt, da ihm das zum erſtenmal aufging: die ganze Sonnen¬
herrlichkeit der Liebe ſoll ſich hindurchwürgen durch dieſen Akt
zwiſchen zwei Harnorganen! Ausgeſpart gerade dieſen von
allen des Leibes. Die Seelen wollten verſchmelzen im höchſten,
heiligſten Akt, dem Akt, da die große Sehnſucht des Individuums
endlich, endlich das All erreicht, das Höhere, die Menſchheit,
die Folge der Generationen, den wahren Übermenſchen, der in
Kind und Enkel und Urenkel über Millionen Jahre lebt und
lebt, — und dieſes Verſchmelzen ſoll den Weg des Urins gehen.
In der unbegreiflichſten, dem freien Göttergange des Menſchen
widerſprechendſten Stellung. Unter allen möglichen mißlichen
bis zum Lächerlichſten geſteigerten Begleitumſtänden.

Dann die Geburt! Die Schwangerſchaft ſchon eine Ent¬
ſtellung des Weibes zu monſtröſeſter Unform. Das auftauchende
Kind muß durch die gleiche häßliche Harnpforte wieder hinaus.
Aber dieſe Pforte iſt winzig zu ſeiner Größe. Schon das
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[185/0201] trägt: — ein- und auskriechend in der Menſchheitsſtadt durch den widerlichen Kanal einer Latrine in ein paar Zwiſchenmomenten, da die ekle Strömung, die gewohnheitsmäßig hierher gehört, knapp einmal pauſiert ..... Groteskes Spiel! Was mit dieſen Ausfuhrſtoffen zuſammenhängt, das hat ſchon das höhere Tier als verhüllenswert erkannt. Der Hund verſcharrt ſeinen Abfall. Im Menſchen entwickelt ſich hier ein beſonderer Moralkodex, deſſen natürliche Grundlagen ſo durch¬ ſichtig ſind. Jeder weiß dieſe Dinge als notwendig. Aber ſie ſind das extremſte Gegenteil von Gemeinſchaftlichem. Wenn etwas, ſo hat jeder das möglichſt mit ſich allein abzumachen. Und nun die Forderung. Der höchſte Liebesakt ſoll zu zweien gerade durch dieſe Harnwege gehen. Das Liebes-Individuum ſoll ſich ſiphonophoriſch ſchließen gerade an dieſer ſcheußlichſten Stelle. Wer hat in ſeiner Jugend, als er naiv auch in dieſe Dinge hineinwuchs, nicht einmal den wirklich abſcheulichen Moment gehabt, da ihm das zum erſtenmal aufging: die ganze Sonnen¬ herrlichkeit der Liebe ſoll ſich hindurchwürgen durch dieſen Akt zwiſchen zwei Harnorganen! Ausgeſpart gerade dieſen von allen des Leibes. Die Seelen wollten verſchmelzen im höchſten, heiligſten Akt, dem Akt, da die große Sehnſucht des Individuums endlich, endlich das All erreicht, das Höhere, die Menſchheit, die Folge der Generationen, den wahren Übermenſchen, der in Kind und Enkel und Urenkel über Millionen Jahre lebt und lebt, — und dieſes Verſchmelzen ſoll den Weg des Urins gehen. In der unbegreiflichſten, dem freien Göttergange des Menſchen widerſprechendſten Stellung. Unter allen möglichen mißlichen bis zum Lächerlichſten geſteigerten Begleitumſtänden. Dann die Geburt! Die Schwangerſchaft ſchon eine Ent¬ ſtellung des Weibes zu monſtröſeſter Unform. Das auftauchende Kind muß durch die gleiche häßliche Harnpforte wieder hinaus. Aber dieſe Pforte iſt winzig zu ſeiner Größe. Schon das Losreißen im Innern erzeugt wilde Blutungen. In einem wahren Todeskampf, zwiſchen Blut und Wunden, ringt ſich das

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/201>, abgerufen am 22.11.2024.