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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Ich gebrauche dabei mit Absicht doch das Wörtchen "Liebe".
Denn der Akt bleibt für die beiden beteiligten großen Menschen¬
personen in jedem Zuge ja doch ihr äußerster, intimster,
seelisch wie körperlich bedeutsamster Liebesakt. Es ist bloß
halt trotz aller Intimität typisch echte Distanceliebe und noch
ganz und gar keine Mischliebe.

Allerdings ist nicht zu leugnen, daß diese extremen
Fälle nicht die eigentlich im großen Natursinne vorgesehenen
sind. Im höchsten und allseitig harmonischsten Sinne bleibt
der Gattungsakt zwischen Mann und Frau, obwohl auch er
noch ein letztes winzigstes Distanceteilchen offen läßt, eben doch
der endgültige Schritt zur Mischliebe. Unter dieser und keiner
anderen Voraussetzung ist er von der Natur inßeniert worden
als ein fester Liebesbrauch. Und alle jene weiteren Möglich¬
keiten, zumal die letztgenannte einer künstlichen Schranke noch
innerhalb des Aktes, sind erst Sachen zweiten Grades, die
den Anblick verwickeln, aber doch nicht die Grunddefinition
aufheben können.

Schließlich: magst du dir die Übergänge so bunt aus¬
malen wie du willst, -- einen brauchbaren Sinn behalten
unsere drei Liebesrubriken auf jeden Fall für unsere weitere
Betrachtung.

Wenn du nur immer grob im Auge behalten willst: die
Mischliebe duldet kein winzigstes Bruchteilchen mehr eines
Millimeters zwischen ihren Parteien; die Distanceliebe kann
ihren einen Partner in Amerika haben und ihren anderen in
Europa; und die Dauerliebe geht auf etwas, was zeitlich über
beide Parteien hinausläuft in die Millionenfolge der Jahre
hinein.

Zur Mischliebe rechnen wir (trotz jener feinen Neben¬
punkte) summarisch alles, was mit Samenzelle und Eizelle und
mit dem Bestreben, zwischen diesen jeden Raum aufzuheben,
zusammenhängt, also Geschlechtsstoffe, Geschlechtsteile und damit
ausgeführte Geschlechtshandlungen. Zur Distanceliebe werfen

Ich gebrauche dabei mit Abſicht doch das Wörtchen „Liebe“.
Denn der Akt bleibt für die beiden beteiligten großen Menſchen¬
perſonen in jedem Zuge ja doch ihr äußerſter, intimſter,
ſeeliſch wie körperlich bedeutſamſter Liebesakt. Es iſt bloß
halt trotz aller Intimität typiſch echte Diſtanceliebe und noch
ganz und gar keine Miſchliebe.

Allerdings iſt nicht zu leugnen, daß dieſe extremen
Fälle nicht die eigentlich im großen Naturſinne vorgeſehenen
ſind. Im höchſten und allſeitig harmoniſchſten Sinne bleibt
der Gattungsakt zwiſchen Mann und Frau, obwohl auch er
noch ein letztes winzigſtes Diſtanceteilchen offen läßt, eben doch
der endgültige Schritt zur Miſchliebe. Unter dieſer und keiner
anderen Vorausſetzung iſt er von der Natur inſzeniert worden
als ein feſter Liebesbrauch. Und alle jene weiteren Möglich¬
keiten, zumal die letztgenannte einer künſtlichen Schranke noch
innerhalb des Aktes, ſind erſt Sachen zweiten Grades, die
den Anblick verwickeln, aber doch nicht die Grunddefinition
aufheben können.

Schließlich: magſt du dir die Übergänge ſo bunt aus¬
malen wie du willſt, — einen brauchbaren Sinn behalten
unſere drei Liebesrubriken auf jeden Fall für unſere weitere
Betrachtung.

Wenn du nur immer grob im Auge behalten willſt: die
Miſchliebe duldet kein winzigſtes Bruchteilchen mehr eines
Millimeters zwiſchen ihren Parteien; die Diſtanceliebe kann
ihren einen Partner in Amerika haben und ihren anderen in
Europa; und die Dauerliebe geht auf etwas, was zeitlich über
beide Parteien hinausläuft in die Millionenfolge der Jahre
hinein.

Zur Miſchliebe rechnen wir (trotz jener feinen Neben¬
punkte) ſummariſch alles, was mit Samenzelle und Eizelle und
mit dem Beſtreben, zwiſchen dieſen jeden Raum aufzuheben,
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[154/0170] Ich gebrauche dabei mit Abſicht doch das Wörtchen „Liebe“. Denn der Akt bleibt für die beiden beteiligten großen Menſchen¬ perſonen in jedem Zuge ja doch ihr äußerſter, intimſter, ſeeliſch wie körperlich bedeutſamſter Liebesakt. Es iſt bloß halt trotz aller Intimität typiſch echte Diſtanceliebe und noch ganz und gar keine Miſchliebe. Allerdings iſt nicht zu leugnen, daß dieſe extremen Fälle nicht die eigentlich im großen Naturſinne vorgeſehenen ſind. Im höchſten und allſeitig harmoniſchſten Sinne bleibt der Gattungsakt zwiſchen Mann und Frau, obwohl auch er noch ein letztes winzigſtes Diſtanceteilchen offen läßt, eben doch der endgültige Schritt zur Miſchliebe. Unter dieſer und keiner anderen Vorausſetzung iſt er von der Natur inſzeniert worden als ein feſter Liebesbrauch. Und alle jene weiteren Möglich¬ keiten, zumal die letztgenannte einer künſtlichen Schranke noch innerhalb des Aktes, ſind erſt Sachen zweiten Grades, die den Anblick verwickeln, aber doch nicht die Grunddefinition aufheben können. Schließlich: magſt du dir die Übergänge ſo bunt aus¬ malen wie du willſt, — einen brauchbaren Sinn behalten unſere drei Liebesrubriken auf jeden Fall für unſere weitere Betrachtung. Wenn du nur immer grob im Auge behalten willſt: die Miſchliebe duldet kein winzigſtes Bruchteilchen mehr eines Millimeters zwiſchen ihren Parteien; die Diſtanceliebe kann ihren einen Partner in Amerika haben und ihren anderen in Europa; und die Dauerliebe geht auf etwas, was zeitlich über beide Parteien hinausläuft in die Millionenfolge der Jahre hinein. Zur Miſchliebe rechnen wir (trotz jener feinen Neben¬ punkte) ſummariſch alles, was mit Samenzelle und Eizelle und mit dem Beſtreben, zwiſchen dieſen jeden Raum aufzuheben, zuſammenhängt, alſo Geſchlechtsſtoffe, Geſchlechtsteile und damit ausgeführte Geſchlechtshandlungen. Zur Diſtanceliebe werfen

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/170>, abgerufen am 25.11.2024.