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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Person vereinigt haben und wie es in jeder einzelnen Bienen-
Person ebenfalls die betreffenden Zellen thun. Wie die Leibes¬
zellen unter sich Arbeitsteilung haben eintreten lassen und
Organe gebildet haben, so sind auch die Bienen des Stockes
in jener Weise, von der ich dir früher ausführlich erzählt habe, in
eine gewisse Arbeitsteilung eingetreten, die sich sogar in äußer¬
licher körperlicher Zerspaltung des Volkes in drei etwas ver¬
schiedene Arten von Bienen-Personen: eierlegende Königin, be¬
fruchtende Drohne und geschlechtsverkümmerte, aber kinder¬
pflegende Arbeitsbiene, festgelegt hat.

Die Biene ist als Beispiel ein verhältnismäßig schon
ziemlich hoch stehendes Tier. Bei einer großen Masse niedrigerer
lebender Wesen findet sich diese Stock-Bildung mit Arbeitsteilung
der Genossen in einer noch viel durchgreifenderen Form, die
geradezu in jedem Zuge im großen noch einmal wiederholt,
was die lieben Zellchen im kleinen bei Bildung der "Person"
besorgen. Blicke von deinem wohligen Graslager auf zu dem
sonnenflimmernden Walde dort. Da ragen die roten Kiefern¬
stämme mit dem rauchigen, wolligen Nadelpilz darauf. Was
ist so eine Kiefer in jener Sprechweise, Person oder Stock?
Sieh dir die kuriose da vorne an. Hier am offenen Wald¬
rande hört die starre Uniformierung Stammsäule an Stamm¬
säule, wie sie drinnen im Walde herrscht, auf. Hier recken
sich einzelne Pracht-Individuen von Kiefern frei gegen See¬
luft und Licht vor, alte Kämpen, die noch einzeln jeder für sich
in offener Schlachtlinie mit der Welt ringen, anstatt bloß
kerzengrades Kanonenfutter für den Holzfäller zu sein. Diese
hier steht unten auf Stelzen wie ein Ungetüm, dann geht der
Stamm krumm vor wie eine Boa-Schlange und endlich hängt
der Nadelbaldachin in breiten Terrassen gegen den Seeblick
vor gleich einer schwarzen Libanonceder.

Ein Kiefer-Individuum, sagte ich. Aber wir haben ja
jetzt gehört, daß es eine Reihe von Individuums-Möglichkeiten
giebt. Die Zelle ist eins, die Biene eins, der Bienenstock eins.

Perſon vereinigt haben und wie es in jeder einzelnen Bienen-
Perſon ebenfalls die betreffenden Zellen thun. Wie die Leibes¬
zellen unter ſich Arbeitsteilung haben eintreten laſſen und
Organe gebildet haben, ſo ſind auch die Bienen des Stockes
in jener Weiſe, von der ich dir früher ausführlich erzählt habe, in
eine gewiſſe Arbeitsteilung eingetreten, die ſich ſogar in äußer¬
licher körperlicher Zerſpaltung des Volkes in drei etwas ver¬
ſchiedene Arten von Bienen-Perſonen: eierlegende Königin, be¬
fruchtende Drohne und geſchlechtsverkümmerte, aber kinder¬
pflegende Arbeitsbiene, feſtgelegt hat.

Die Biene iſt als Beiſpiel ein verhältnismäßig ſchon
ziemlich hoch ſtehendes Tier. Bei einer großen Maſſe niedrigerer
lebender Weſen findet ſich dieſe Stock-Bildung mit Arbeitsteilung
der Genoſſen in einer noch viel durchgreifenderen Form, die
geradezu in jedem Zuge im großen noch einmal wiederholt,
was die lieben Zellchen im kleinen bei Bildung der „Perſon“
beſorgen. Blicke von deinem wohligen Graslager auf zu dem
ſonnenflimmernden Walde dort. Da ragen die roten Kiefern¬
ſtämme mit dem rauchigen, wolligen Nadelpilz darauf. Was
iſt ſo eine Kiefer in jener Sprechweiſe, Perſon oder Stock?
Sieh dir die kurioſe da vorne an. Hier am offenen Wald¬
rande hört die ſtarre Uniformierung Stammſäule an Stamm¬
ſäule, wie ſie drinnen im Walde herrſcht, auf. Hier recken
ſich einzelne Pracht-Individuen von Kiefern frei gegen See¬
luft und Licht vor, alte Kämpen, die noch einzeln jeder für ſich
in offener Schlachtlinie mit der Welt ringen, anſtatt bloß
kerzengrades Kanonenfutter für den Holzfäller zu ſein. Dieſe
hier ſteht unten auf Stelzen wie ein Ungetüm, dann geht der
Stamm krumm vor wie eine Boa-Schlange und endlich hängt
der Nadelbaldachin in breiten Terraſſen gegen den Seeblick
vor gleich einer ſchwarzen Libanonceder.

Ein Kiefer-Individuum, ſagte ich. Aber wir haben ja
jetzt gehört, daß es eine Reihe von Individuums-Möglichkeiten
giebt. Die Zelle iſt eins, die Biene eins, der Bienenſtock eins.

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[125/0141] Perſon vereinigt haben und wie es in jeder einzelnen Bienen- Perſon ebenfalls die betreffenden Zellen thun. Wie die Leibes¬ zellen unter ſich Arbeitsteilung haben eintreten laſſen und Organe gebildet haben, ſo ſind auch die Bienen des Stockes in jener Weiſe, von der ich dir früher ausführlich erzählt habe, in eine gewiſſe Arbeitsteilung eingetreten, die ſich ſogar in äußer¬ licher körperlicher Zerſpaltung des Volkes in drei etwas ver¬ ſchiedene Arten von Bienen-Perſonen: eierlegende Königin, be¬ fruchtende Drohne und geſchlechtsverkümmerte, aber kinder¬ pflegende Arbeitsbiene, feſtgelegt hat. Die Biene iſt als Beiſpiel ein verhältnismäßig ſchon ziemlich hoch ſtehendes Tier. Bei einer großen Maſſe niedrigerer lebender Weſen findet ſich dieſe Stock-Bildung mit Arbeitsteilung der Genoſſen in einer noch viel durchgreifenderen Form, die geradezu in jedem Zuge im großen noch einmal wiederholt, was die lieben Zellchen im kleinen bei Bildung der „Perſon“ beſorgen. Blicke von deinem wohligen Graslager auf zu dem ſonnenflimmernden Walde dort. Da ragen die roten Kiefern¬ ſtämme mit dem rauchigen, wolligen Nadelpilz darauf. Was iſt ſo eine Kiefer in jener Sprechweiſe, Perſon oder Stock? Sieh dir die kurioſe da vorne an. Hier am offenen Wald¬ rande hört die ſtarre Uniformierung Stammſäule an Stamm¬ ſäule, wie ſie drinnen im Walde herrſcht, auf. Hier recken ſich einzelne Pracht-Individuen von Kiefern frei gegen See¬ luft und Licht vor, alte Kämpen, die noch einzeln jeder für ſich in offener Schlachtlinie mit der Welt ringen, anſtatt bloß kerzengrades Kanonenfutter für den Holzfäller zu ſein. Dieſe hier ſteht unten auf Stelzen wie ein Ungetüm, dann geht der Stamm krumm vor wie eine Boa-Schlange und endlich hängt der Nadelbaldachin in breiten Terraſſen gegen den Seeblick vor gleich einer ſchwarzen Libanonceder. Ein Kiefer-Individuum, ſagte ich. Aber wir haben ja jetzt gehört, daß es eine Reihe von Individuums-Möglichkeiten giebt. Die Zelle iſt eins, die Biene eins, der Bienenſtock eins.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/141>, abgerufen am 24.11.2024.