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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Säugerahnen näherer Epigone in unserer Zeit ist. Dreimal im
ganzen nur im Bereich der Haartiere kommt solche sonderbare
Stachelei vor. Einmal noch bei sehr niedrigen und altertüm¬
lichen Nagetieren, den Stachelschweinen. Und dann, bezeichnen¬
derweise, beim Schnabeltier, das noch Eier legt und geradezu
erst auf der Grenze von Reptil und Säugetier steht. Das
Land-Schnabeltier von Australien und Neu-Guinea gleicht sehr
auffällig in seinem Stachelrock dem Igel. Also in diesem Sinne
knüpft der Igel noch ganz unten an. Die Linie läuft für ihn
bloß: Eidechse, Schnabeltier, Beuteltier -- dann kommt er.
Was sich jenseits der Beuteltiere sonst an jenen anderen großen
Säugergruppen herangebildet hat, geht ihn in seiner unmittel¬
baren uralten Angliederung nichts an.

Umgekehrt aber: und jetzt kommt das eigentlich Entscheidende,
hat der Igel nach oben über sich hinaus wieder eine Ent¬
wickelungslinie angeregt. Noch heute hat der Igel auf
den tropischen Sundainseln gewisse entfernte Verwandte, die
sogenannten Spitzhörnchen, die gleich Eichkätzchen auf den Bäumen
klettern und zugleich treffliche Springer mit ziemlich langen
Hinterbeinen sind. Aus solchen insektenfressenden Kletterkünstlern
scheint sich nun in ebenfalls sehr grauen Tagen die letzte Säuger¬
gruppe entwickelt zu haben, die uns überhaupt jetzt noch übrig
ist -- nämlich die Affen.

Den Übergang bildeten dabei die sogenannten Halbaffen,
ein sonderbares, nächtlich lebendes Geschlecht bereits aus¬
gesprochener Kletterer, das, einst weit verbreitet, heute auf der
Erde größtenteils ausgestorben ist und in einer Anzahl von
Nachzüglern hauptsächlich nur noch die große geheimnisvolle
Insel Madagaskar bewohnt.

Diese Halbaffen oder Lemuren sind, wenn du auf der
Suche nach dir selber zu ihnen kommst, nun endgültig der
Zeichen und Vordeutungen allenthalben voll. Hier bei diesen
Halbaffen ist der entscheidende Griff gethan, auf den du so
lange gewartet hast. Gieb ihnen die Hand hin, den "schlottern¬

Säugerahnen näherer Epigone in unſerer Zeit iſt. Dreimal im
ganzen nur im Bereich der Haartiere kommt ſolche ſonderbare
Stachelei vor. Einmal noch bei ſehr niedrigen und altertüm¬
lichen Nagetieren, den Stachelſchweinen. Und dann, bezeichnen¬
derweiſe, beim Schnabeltier, das noch Eier legt und geradezu
erſt auf der Grenze von Reptil und Säugetier ſteht. Das
Land-Schnabeltier von Auſtralien und Neu-Guinea gleicht ſehr
auffällig in ſeinem Stachelrock dem Igel. Alſo in dieſem Sinne
knüpft der Igel noch ganz unten an. Die Linie läuft für ihn
bloß: Eidechſe, Schnabeltier, Beuteltier — dann kommt er.
Was ſich jenſeits der Beuteltiere ſonſt an jenen anderen großen
Säugergruppen herangebildet hat, geht ihn in ſeiner unmittel¬
baren uralten Angliederung nichts an.

Umgekehrt aber: und jetzt kommt das eigentlich Entſcheidende,
hat der Igel nach oben über ſich hinaus wieder eine Ent¬
wickelungslinie angeregt. Noch heute hat der Igel auf
den tropiſchen Sundainſeln gewiſſe entfernte Verwandte, die
ſogenannten Spitzhörnchen, die gleich Eichkätzchen auf den Bäumen
klettern und zugleich treffliche Springer mit ziemlich langen
Hinterbeinen ſind. Aus ſolchen inſektenfreſſenden Kletterkünſtlern
ſcheint ſich nun in ebenfalls ſehr grauen Tagen die letzte Säuger¬
gruppe entwickelt zu haben, die uns überhaupt jetzt noch übrig
iſt — nämlich die Affen.

Den Übergang bildeten dabei die ſogenannten Halbaffen,
ein ſonderbares, nächtlich lebendes Geſchlecht bereits aus¬
geſprochener Kletterer, das, einſt weit verbreitet, heute auf der
Erde größtenteils ausgeſtorben iſt und in einer Anzahl von
Nachzüglern hauptſächlich nur noch die große geheimnisvolle
Inſel Madagaskar bewohnt.

Dieſe Halbaffen oder Lemuren ſind, wenn du auf der
Suche nach dir ſelber zu ihnen kommſt, nun endgültig der
Zeichen und Vordeutungen allenthalben voll. Hier bei dieſen
Halbaffen iſt der entſcheidende Griff gethan, auf den du ſo
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[105/0121] Säugerahnen näherer Epigone in unſerer Zeit iſt. Dreimal im ganzen nur im Bereich der Haartiere kommt ſolche ſonderbare Stachelei vor. Einmal noch bei ſehr niedrigen und altertüm¬ lichen Nagetieren, den Stachelſchweinen. Und dann, bezeichnen¬ derweiſe, beim Schnabeltier, das noch Eier legt und geradezu erſt auf der Grenze von Reptil und Säugetier ſteht. Das Land-Schnabeltier von Auſtralien und Neu-Guinea gleicht ſehr auffällig in ſeinem Stachelrock dem Igel. Alſo in dieſem Sinne knüpft der Igel noch ganz unten an. Die Linie läuft für ihn bloß: Eidechſe, Schnabeltier, Beuteltier — dann kommt er. Was ſich jenſeits der Beuteltiere ſonſt an jenen anderen großen Säugergruppen herangebildet hat, geht ihn in ſeiner unmittel¬ baren uralten Angliederung nichts an. Umgekehrt aber: und jetzt kommt das eigentlich Entſcheidende, hat der Igel nach oben über ſich hinaus wieder eine Ent¬ wickelungslinie angeregt. Noch heute hat der Igel auf den tropiſchen Sundainſeln gewiſſe entfernte Verwandte, die ſogenannten Spitzhörnchen, die gleich Eichkätzchen auf den Bäumen klettern und zugleich treffliche Springer mit ziemlich langen Hinterbeinen ſind. Aus ſolchen inſektenfreſſenden Kletterkünſtlern ſcheint ſich nun in ebenfalls ſehr grauen Tagen die letzte Säuger¬ gruppe entwickelt zu haben, die uns überhaupt jetzt noch übrig iſt — nämlich die Affen. Den Übergang bildeten dabei die ſogenannten Halbaffen, ein ſonderbares, nächtlich lebendes Geſchlecht bereits aus¬ geſprochener Kletterer, das, einſt weit verbreitet, heute auf der Erde größtenteils ausgeſtorben iſt und in einer Anzahl von Nachzüglern hauptſächlich nur noch die große geheimnisvolle Inſel Madagaskar bewohnt. Dieſe Halbaffen oder Lemuren ſind, wenn du auf der Suche nach dir ſelber zu ihnen kommſt, nun endgültig der Zeichen und Vordeutungen allenthalben voll. Hier bei dieſen Halbaffen iſt der entſcheidende Griff gethan, auf den du ſo lange gewartet haſt. Gieb ihnen die Hand hin, den „ſchlottern¬

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/121>, abgerufen am 22.11.2024.