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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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gezeugt in dieselbe Natur, dieselbe Wirklichkeit hinein, der auch
ein in der Geschlechtsumarmung erzeugtes Kind angehört --
aber doch als Sonderdasein in ihr, das der Begriff jenes
Kindes nicht deckt und die geschlechtliche Lebenszeugung nicht
umfaßt.

Nun zu diesen Bildern, diesen Statuen noch weiterhin
Gestalt um Gestalt, ein unabsehbarer Zug von Königen an
Gedanke und Kraft, die alle aufleben, wenn das Wort des
Dichters erklingt. Rhythmen der Sprache, nie vernommen in
all dem Stimmengewirre der Natur, als sei es Geisterrede
aus einer Uberwelt. Und reiner Klang, aufjubelnd und auf¬
donnernd wie eine ewige Lösung aller Dinge, wie die Stimme
der innersten Weltenharmonie selbst .... Und alles ebenso
aus dieser heißesten Geistesliebe in die Wahrheit hineingezeugt
-- gezeugt, als habe der Geist, der aus der Sinnenliebe
Menschenliebe schuf, endlich auch das Mysterium der Zeugung
für neue, wunderbare Zwecke in seine Hand gebracht ....

Zum drittenmal eine große Wanderschaft. Die Liebe
ward Kunst.

Auch die Kunst liegt auf dem Wege vom Blut zum Geist.
Auch sie sank nicht wie ein fremdes Meteor herab. Derselbe
Mensch von Fleisch und Bein hat sie geschaffen, der Menschen¬
kinder im Fleische zeugte nach dem ehernen Gestaltungsgesetze
der Natur. Der Mensch, der aus dem Tiere kam. Von diesem
Tier schon erbte er den Keim der Kunst. Das Tier aber hatte
ihn gesäet in den Stunden -- seiner Liebe.

Hörst du das rhythmische Lied der Nachtigall klingen ....
siehst du den Schmetterling sich wiegen in seinem wunderbaren
Farbenkleid .....

Welcher Weg, -- von dort herauf! Und doch war es
der Weg.

Aus dem tiefen, dunklen Weltenfüllhorn der Natur rann
es herzu, durch Äonen, -- Licht, Farben, Klänge, rhythmische
Verhältnisse aller Art.

gezeugt in dieſelbe Natur, dieſelbe Wirklichkeit hinein, der auch
ein in der Geſchlechtsumarmung erzeugtes Kind angehört —
aber doch als Sonderdaſein in ihr, das der Begriff jenes
Kindes nicht deckt und die geſchlechtliche Lebenszeugung nicht
umfaßt.

Nun zu dieſen Bildern, dieſen Statuen noch weiterhin
Geſtalt um Geſtalt, ein unabſehbarer Zug von Königen an
Gedanke und Kraft, die alle aufleben, wenn das Wort des
Dichters erklingt. Rhythmen der Sprache, nie vernommen in
all dem Stimmengewirre der Natur, als ſei es Geiſterrede
aus einer Uberwelt. Und reiner Klang, aufjubelnd und auf¬
donnernd wie eine ewige Löſung aller Dinge, wie die Stimme
der innerſten Weltenharmonie ſelbſt .... Und alles ebenſo
aus dieſer heißeſten Geiſtesliebe in die Wahrheit hineingezeugt
— gezeugt, als habe der Geiſt, der aus der Sinnenliebe
Menſchenliebe ſchuf, endlich auch das Myſterium der Zeugung
für neue, wunderbare Zwecke in ſeine Hand gebracht ....

Zum drittenmal eine große Wanderſchaft. Die Liebe
ward Kunſt.

Auch die Kunſt liegt auf dem Wege vom Blut zum Geiſt.
Auch ſie ſank nicht wie ein fremdes Meteor herab. Derſelbe
Menſch von Fleiſch und Bein hat ſie geſchaffen, der Menſchen¬
kinder im Fleiſche zeugte nach dem ehernen Geſtaltungsgeſetze
der Natur. Der Menſch, der aus dem Tiere kam. Von dieſem
Tier ſchon erbte er den Keim der Kunſt. Das Tier aber hatte
ihn geſäet in den Stunden — ſeiner Liebe.

Hörſt du das rhythmiſche Lied der Nachtigall klingen ....
ſiehſt du den Schmetterling ſich wiegen in ſeinem wunderbaren
Farbenkleid .....

Welcher Weg, — von dort herauf! Und doch war es
der Weg.

Aus dem tiefen, dunklen Weltenfüllhorn der Natur rann
es herzu, durch Äonen, — Licht, Farben, Klänge, rhythmiſche
Verhältniſſe aller Art.

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[41/0057] gezeugt in dieſelbe Natur, dieſelbe Wirklichkeit hinein, der auch ein in der Geſchlechtsumarmung erzeugtes Kind angehört — aber doch als Sonderdaſein in ihr, das der Begriff jenes Kindes nicht deckt und die geſchlechtliche Lebenszeugung nicht umfaßt. Nun zu dieſen Bildern, dieſen Statuen noch weiterhin Geſtalt um Geſtalt, ein unabſehbarer Zug von Königen an Gedanke und Kraft, die alle aufleben, wenn das Wort des Dichters erklingt. Rhythmen der Sprache, nie vernommen in all dem Stimmengewirre der Natur, als ſei es Geiſterrede aus einer Uberwelt. Und reiner Klang, aufjubelnd und auf¬ donnernd wie eine ewige Löſung aller Dinge, wie die Stimme der innerſten Weltenharmonie ſelbſt .... Und alles ebenſo aus dieſer heißeſten Geiſtesliebe in die Wahrheit hineingezeugt — gezeugt, als habe der Geiſt, der aus der Sinnenliebe Menſchenliebe ſchuf, endlich auch das Myſterium der Zeugung für neue, wunderbare Zwecke in ſeine Hand gebracht .... Zum drittenmal eine große Wanderſchaft. Die Liebe ward Kunſt. Auch die Kunſt liegt auf dem Wege vom Blut zum Geiſt. Auch ſie ſank nicht wie ein fremdes Meteor herab. Derſelbe Menſch von Fleiſch und Bein hat ſie geſchaffen, der Menſchen¬ kinder im Fleiſche zeugte nach dem ehernen Geſtaltungsgeſetze der Natur. Der Menſch, der aus dem Tiere kam. Von dieſem Tier ſchon erbte er den Keim der Kunſt. Das Tier aber hatte ihn geſäet in den Stunden — ſeiner Liebe. Hörſt du das rhythmiſche Lied der Nachtigall klingen .... ſiehſt du den Schmetterling ſich wiegen in ſeinem wunderbaren Farbenkleid ..... Welcher Weg, — von dort herauf! Und doch war es der Weg. Aus dem tiefen, dunklen Weltenfüllhorn der Natur rann es herzu, durch Äonen, — Licht, Farben, Klänge, rhythmiſche Verhältniſſe aller Art.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/57>, abgerufen am 22.11.2024.