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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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die Jungen fütternd und hegend ..... du hast den ganzen
Weg vor dir, der wieder zusammenführen mußte.

Nun bist du mit der Biene allerdings noch nicht bei der
Schwalbe oder Nachtigall. Aber du bist doch ein starkes
Stück immerhin höher als die Kreuzspinne stand. Du weißt
auch, daß die Bienen und Ameisen gesellig leben, darin offen¬
bar weit nach der verträglichen Seite den Spinnen vorauf, --
und daß sie ihre Jungen sorgsam pflegen. Also erwartest du
wohl mindestens jetzt jener höheren Ehestufe auch hier schon
ein Stück näher zu sein. Die Bienen da drüben im Heidekraut
"sammeln" etwas, wie du gesehen hast. Sie wollen etwas
irgendwohin heimbringen. Was liegt näher, als daß sie das
Gesammelte ihren Jungen, ihrer Brut, ihren Larven mit¬
bringen?

Der Zufall will, daß dieses Sammeln selbst schon eine
permanente Liebeshandlung ist, -- nicht für die fleißigen Bienen
selbst, aber für die Blüten, die sie besuchen. Ich habe dir
früher schon einmal von der Kreuzbefruchtung der Pflanzen
erzählt. Wie das Gesetz der Inzucht sie hindert, sich selbst zu
begatten, auch wenn sie beide Geschlechtsteile (männliche Staub¬
gefäße und weibliche Fruchtknoten) in derselben Blüte haben.
Und wie sie, die selber nicht zum Liebesakt sich zu einander hin¬
begeben können, in ihrer Notlage eine glückliche zwangsweise
Liebespost in den ab- und zufliegenden Insekten gefunden
haben. Sie bepacken den Besucher hier mit Samenstaub und
recken ihm dort befruchtungsreife weibliche Glieder entgegen, die
den fremden Samen als Lebensmanna begierig abnehmen. Auch
die Biene ist ein solcher ewiger Postillon d'amour, der den
Pflanzen durch die Samenteilchen, die er ungewollt herum¬
schleppt und am rechten Ort verschleudert, gleichsam wieder
wett macht, daß er auf der anderen Seite für seinen Privat¬
gebrauch ganze Ladungen Blütenstaub und Honig einpackt und
mitnimmt. Doch das nebenbei, -- nur um anzudeuten, wie
das Bienlein schon in seiner einfachen nüchternen Brotarbeit

die Jungen fütternd und hegend ..... du haſt den ganzen
Weg vor dir, der wieder zuſammenführen mußte.

Nun biſt du mit der Biene allerdings noch nicht bei der
Schwalbe oder Nachtigall. Aber du biſt doch ein ſtarkes
Stück immerhin höher als die Kreuzſpinne ſtand. Du weißt
auch, daß die Bienen und Ameiſen geſellig leben, darin offen¬
bar weit nach der verträglichen Seite den Spinnen vorauf, —
und daß ſie ihre Jungen ſorgſam pflegen. Alſo erwarteſt du
wohl mindeſtens jetzt jener höheren Eheſtufe auch hier ſchon
ein Stück näher zu ſein. Die Bienen da drüben im Heidekraut
„ſammeln“ etwas, wie du geſehen haſt. Sie wollen etwas
irgendwohin heimbringen. Was liegt näher, als daß ſie das
Geſammelte ihren Jungen, ihrer Brut, ihren Larven mit¬
bringen?

Der Zufall will, daß dieſes Sammeln ſelbſt ſchon eine
permanente Liebeshandlung iſt, — nicht für die fleißigen Bienen
ſelbſt, aber für die Blüten, die ſie beſuchen. Ich habe dir
früher ſchon einmal von der Kreuzbefruchtung der Pflanzen
erzählt. Wie das Geſetz der Inzucht ſie hindert, ſich ſelbſt zu
begatten, auch wenn ſie beide Geſchlechtsteile (männliche Staub¬
gefäße und weibliche Fruchtknoten) in derſelben Blüte haben.
Und wie ſie, die ſelber nicht zum Liebesakt ſich zu einander hin¬
begeben können, in ihrer Notlage eine glückliche zwangsweiſe
Liebespoſt in den ab- und zufliegenden Inſekten gefunden
haben. Sie bepacken den Beſucher hier mit Samenſtaub und
recken ihm dort befruchtungsreife weibliche Glieder entgegen, die
den fremden Samen als Lebensmanna begierig abnehmen. Auch
die Biene iſt ein ſolcher ewiger Postillon d'amour, der den
Pflanzen durch die Samenteilchen, die er ungewollt herum¬
ſchleppt und am rechten Ort verſchleudert, gleichſam wieder
wett macht, daß er auf der anderen Seite für ſeinen Privat¬
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[364/0380] die Jungen fütternd und hegend ..... du haſt den ganzen Weg vor dir, der wieder zuſammenführen mußte. Nun biſt du mit der Biene allerdings noch nicht bei der Schwalbe oder Nachtigall. Aber du biſt doch ein ſtarkes Stück immerhin höher als die Kreuzſpinne ſtand. Du weißt auch, daß die Bienen und Ameiſen geſellig leben, darin offen¬ bar weit nach der verträglichen Seite den Spinnen vorauf, — und daß ſie ihre Jungen ſorgſam pflegen. Alſo erwarteſt du wohl mindeſtens jetzt jener höheren Eheſtufe auch hier ſchon ein Stück näher zu ſein. Die Bienen da drüben im Heidekraut „ſammeln“ etwas, wie du geſehen haſt. Sie wollen etwas irgendwohin heimbringen. Was liegt näher, als daß ſie das Geſammelte ihren Jungen, ihrer Brut, ihren Larven mit¬ bringen? Der Zufall will, daß dieſes Sammeln ſelbſt ſchon eine permanente Liebeshandlung iſt, — nicht für die fleißigen Bienen ſelbſt, aber für die Blüten, die ſie beſuchen. Ich habe dir früher ſchon einmal von der Kreuzbefruchtung der Pflanzen erzählt. Wie das Geſetz der Inzucht ſie hindert, ſich ſelbſt zu begatten, auch wenn ſie beide Geſchlechtsteile (männliche Staub¬ gefäße und weibliche Fruchtknoten) in derſelben Blüte haben. Und wie ſie, die ſelber nicht zum Liebesakt ſich zu einander hin¬ begeben können, in ihrer Notlage eine glückliche zwangsweiſe Liebespoſt in den ab- und zufliegenden Inſekten gefunden haben. Sie bepacken den Beſucher hier mit Samenſtaub und recken ihm dort befruchtungsreife weibliche Glieder entgegen, die den fremden Samen als Lebensmanna begierig abnehmen. Auch die Biene iſt ein ſolcher ewiger Postillon d'amour, der den Pflanzen durch die Samenteilchen, die er ungewollt herum¬ ſchleppt und am rechten Ort verſchleudert, gleichſam wieder wett macht, daß er auf der anderen Seite für ſeinen Privat¬ gebrauch ganze Ladungen Blütenſtaub und Honig einpackt und mitnimmt. Doch das nebenbei, — nur um anzudeuten, wie das Bienlein ſchon in ſeiner einfachen nüchternen Brotarbeit

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/380>, abgerufen am 22.11.2024.