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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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stehen sie dabei oft fast nur noch aus einem selbstthätig lebenden
männlichen Geschlechtsteil: sie sind männliche Liebeswesen in
des Wortes kühnster Realisierung. Nicht bloß eins, sondern
zwei und mehr solcher Zwergmännchen setzen sich unter Um¬
ständen an einem großen Zwitter-Individuum fest, -- liebend
besorgt, diesen großen Bruder vor den Gefahren der Inzucht
bei zu ausschließlichem Selbstgebrauch zu bewahren.

Je nach den Arten ist das entsprechende Verhalten des
Zwitterbruders, der zugleich den Wirt, den Träger und den
Geschlechtsgenossen seiner hilfsbereiten Gatten spielt, ein ver¬
schiedenes. Entweder er fährt, auch nachdem sich die Zwerg¬
männchen bei ihm gemeldet haben, fort im Werke, beides,
Eier sowohl wie Samen, aus sich allein zu erzeugen, und läßt
bloß einfach zu, daß die Männchen durch die Dachluke seines
harten Körperhauses selbstthätig noch etwas fremden Mannes¬
samen zu seinem Haushalt beisteuern und so die Gefahr der
Inzucht wenigstens stark vermindern.

In dem Falle nennt man die Männchen "Ergänzungs-
oder Komplementär-Männchen".

Oder aber er hat ein Einsehen, begreift, was ihm da
durch die Dachluke liebesfreigebig geboten wird, und stellt die
eigene Produktion zur Hälfte, nämlich was den Samen an¬
belangt, ein. Alle seine Eier genießen jetzt die Befruchtung
durch die fremden Zwerge. Und da der unbenutzte Samen¬
apparat des großen Zwitters alsbald ganz verkümmert, so ist
damit eigentlich der anfängliche Zwitter nunmehr ein regel¬
rechtes Weib geworden: ein kopfstehendes Riesenweib, das
seine Anbeter wie Läuse an sich sitzen hat.

So und nicht anders geht's nun auch beim weiblichen
Wurzelkrebs.

An der Pforte seiner roten Frankfurter setzen sich drei
bis sechs anschwimmende Zwergmännchen fest und befruchten
ihm ums Ende des zweiten Jahres seiner interessanten und
fleißigen Lebensbahn die Eier.

ſtehen ſie dabei oft faſt nur noch aus einem ſelbſtthätig lebenden
männlichen Geſchlechtsteil: ſie ſind männliche Liebesweſen in
des Wortes kühnſter Realiſierung. Nicht bloß eins, ſondern
zwei und mehr ſolcher Zwergmännchen ſetzen ſich unter Um¬
ſtänden an einem großen Zwitter-Individuum feſt, — liebend
beſorgt, dieſen großen Bruder vor den Gefahren der Inzucht
bei zu ausſchließlichem Selbſtgebrauch zu bewahren.

Je nach den Arten iſt das entſprechende Verhalten des
Zwitterbruders, der zugleich den Wirt, den Träger und den
Geſchlechtsgenoſſen ſeiner hilfsbereiten Gatten ſpielt, ein ver¬
ſchiedenes. Entweder er fährt, auch nachdem ſich die Zwerg¬
männchen bei ihm gemeldet haben, fort im Werke, beides,
Eier ſowohl wie Samen, aus ſich allein zu erzeugen, und läßt
bloß einfach zu, daß die Männchen durch die Dachluke ſeines
harten Körperhauſes ſelbſtthätig noch etwas fremden Mannes¬
ſamen zu ſeinem Haushalt beiſteuern und ſo die Gefahr der
Inzucht wenigſtens ſtark vermindern.

In dem Falle nennt man die Männchen „Ergänzungs-
oder Komplementär-Männchen“.

Oder aber er hat ein Einſehen, begreift, was ihm da
durch die Dachluke liebesfreigebig geboten wird, und ſtellt die
eigene Produktion zur Hälfte, nämlich was den Samen an¬
belangt, ein. Alle ſeine Eier genießen jetzt die Befruchtung
durch die fremden Zwerge. Und da der unbenutzte Samen¬
apparat des großen Zwitters alsbald ganz verkümmert, ſo iſt
damit eigentlich der anfängliche Zwitter nunmehr ein regel¬
rechtes Weib geworden: ein kopfſtehendes Rieſenweib, das
ſeine Anbeter wie Läuſe an ſich ſitzen hat.

So und nicht anders geht's nun auch beim weiblichen
Wurzelkrebs.

An der Pforte ſeiner roten Frankfurter ſetzen ſich drei
bis ſechs anſchwimmende Zwergmännchen feſt und befruchten
ihm ums Ende des zweiten Jahres ſeiner intereſſanten und
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[317/0333] ſtehen ſie dabei oft faſt nur noch aus einem ſelbſtthätig lebenden männlichen Geſchlechtsteil: ſie ſind männliche Liebesweſen in des Wortes kühnſter Realiſierung. Nicht bloß eins, ſondern zwei und mehr ſolcher Zwergmännchen ſetzen ſich unter Um¬ ſtänden an einem großen Zwitter-Individuum feſt, — liebend beſorgt, dieſen großen Bruder vor den Gefahren der Inzucht bei zu ausſchließlichem Selbſtgebrauch zu bewahren. Je nach den Arten iſt das entſprechende Verhalten des Zwitterbruders, der zugleich den Wirt, den Träger und den Geſchlechtsgenoſſen ſeiner hilfsbereiten Gatten ſpielt, ein ver¬ ſchiedenes. Entweder er fährt, auch nachdem ſich die Zwerg¬ männchen bei ihm gemeldet haben, fort im Werke, beides, Eier ſowohl wie Samen, aus ſich allein zu erzeugen, und läßt bloß einfach zu, daß die Männchen durch die Dachluke ſeines harten Körperhauſes ſelbſtthätig noch etwas fremden Mannes¬ ſamen zu ſeinem Haushalt beiſteuern und ſo die Gefahr der Inzucht wenigſtens ſtark vermindern. In dem Falle nennt man die Männchen „Ergänzungs- oder Komplementär-Männchen“. Oder aber er hat ein Einſehen, begreift, was ihm da durch die Dachluke liebesfreigebig geboten wird, und ſtellt die eigene Produktion zur Hälfte, nämlich was den Samen an¬ belangt, ein. Alle ſeine Eier genießen jetzt die Befruchtung durch die fremden Zwerge. Und da der unbenutzte Samen¬ apparat des großen Zwitters alsbald ganz verkümmert, ſo iſt damit eigentlich der anfängliche Zwitter nunmehr ein regel¬ rechtes Weib geworden: ein kopfſtehendes Rieſenweib, das ſeine Anbeter wie Läuſe an ſich ſitzen hat. So und nicht anders geht's nun auch beim weiblichen Wurzelkrebs. An der Pforte ſeiner roten Frankfurter ſetzen ſich drei bis ſechs anſchwimmende Zwergmännchen feſt und befruchten ihm ums Ende des zweiten Jahres ſeiner intereſſanten und fleißigen Lebensbahn die Eier.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/333>, abgerufen am 24.11.2024.