erlebt dafür etwas ganz Unerwartetes. In der äußersten Steigerung des Umschlingungsaktes steckt das Männchen plötzlich einen seiner Arme in den Höhlungsspalt des Weibchens, und das Weib nimmt den ganzen Arm in sich auf, als handle es sich um ein Begattungsglied .....
Der Arm ist ein Begattungsglied.
Mangels eines solchen im gewöhnlichen Sinne ist einfach beim Tintenmann einer der gewöhnlichen Arme dazu her¬ gerichtet, in besonderen Hautfalten oder Höhlungen die Samen¬ tierchen aufzunehmen. Im gegebenen Moment greift er wie ein riesiger Medizinlöffel den Hohlraum des weiblichen Leibes hinein und gießt den kostbaren Lebensstoff an die nötige Stelle, wo der Eierstock sich nach diesem Hohlraum hin auf¬ thut. In wie weit dieser Übertragungsakt für beide Teile mit seelischen Wollustempfindungen verknüpft ist, läßt sich allerdings schwer bestimmen, -- sicherlich tritt gleich nach der Einführung des Armes eine Beruhigung ein, die auch im Gefühl auf eine Auslösung, auf eine Gipfelüberwindung schließen läßt. Aber gemütlich im mechanischen Sinne kann der Akt selbst kaum sein. Denn es bleibt bestehen, daß der Arm recta via dem Weibe durch die Luftröhre kriecht.
Man denkt sich nun, es müsse mindestens von größtem Vorteil sein, wenn die Sperrung der Atemwege so rasch wie möglich wieder aufhörte. Und in der Tendenz nach diesem Vorteil hin liegt zweifellos wohl die eigentliche Ursache zu der Steigerung des Aktes, die eigentlich erst allem die Krone aufsetzt.
Bei einer Anzahl von Tintenfischarten reißt der Be¬ gattungsarm im Moment, da ihn das Weib im Leibe hat, an der Wurzel einfach ab und fällt wie eine verschluckte Beute ganz in den Hohlraum hinunter, während das verstümmelte Männchen ruhig, als müßte es so sein, seines Weges geht.
Der haarsträubende Liebesroman ist damit noch nicht zu Ende. Das abgerissene Mannesglied ringelt sich in der Höhle
erlebt dafür etwas ganz Unerwartetes. In der äußerſten Steigerung des Umſchlingungsaktes ſteckt das Männchen plötzlich einen ſeiner Arme in den Höhlungsſpalt des Weibchens, und das Weib nimmt den ganzen Arm in ſich auf, als handle es ſich um ein Begattungsglied .....
Der Arm iſt ein Begattungsglied.
Mangels eines ſolchen im gewöhnlichen Sinne iſt einfach beim Tintenmann einer der gewöhnlichen Arme dazu her¬ gerichtet, in beſonderen Hautfalten oder Höhlungen die Samen¬ tierchen aufzunehmen. Im gegebenen Moment greift er wie ein rieſiger Medizinlöffel den Hohlraum des weiblichen Leibes hinein und gießt den koſtbaren Lebensſtoff an die nötige Stelle, wo der Eierſtock ſich nach dieſem Hohlraum hin auf¬ thut. In wie weit dieſer Übertragungsakt für beide Teile mit ſeeliſchen Wolluſtempfindungen verknüpft iſt, läßt ſich allerdings ſchwer beſtimmen, — ſicherlich tritt gleich nach der Einführung des Armes eine Beruhigung ein, die auch im Gefühl auf eine Auslöſung, auf eine Gipfelüberwindung ſchließen läßt. Aber gemütlich im mechaniſchen Sinne kann der Akt ſelbſt kaum ſein. Denn es bleibt beſtehen, daß der Arm recta via dem Weibe durch die Luftröhre kriecht.
Man denkt ſich nun, es müſſe mindeſtens von größtem Vorteil ſein, wenn die Sperrung der Atemwege ſo raſch wie möglich wieder aufhörte. Und in der Tendenz nach dieſem Vorteil hin liegt zweifellos wohl die eigentliche Urſache zu der Steigerung des Aktes, die eigentlich erſt allem die Krone aufſetzt.
Bei einer Anzahl von Tintenfiſcharten reißt der Be¬ gattungsarm im Moment, da ihn das Weib im Leibe hat, an der Wurzel einfach ab und fällt wie eine verſchluckte Beute ganz in den Hohlraum hinunter, während das verſtümmelte Männchen ruhig, als müßte es ſo ſein, ſeines Weges geht.
Der haarſträubende Liebesroman iſt damit noch nicht zu Ende. Das abgeriſſene Mannesglied ringelt ſich in der Höhle
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erlebt dafür etwas ganz Unerwartetes. In der äußerſten
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und das Weib nimmt den ganzen Arm in ſich auf, als handle
es ſich um ein Begattungsglied .....
Der Arm iſt ein Begattungsglied.
Mangels eines ſolchen im gewöhnlichen Sinne iſt einfach
beim Tintenmann einer der gewöhnlichen Arme dazu her¬
gerichtet, in beſonderen Hautfalten oder Höhlungen die Samen¬
tierchen aufzunehmen. Im gegebenen Moment greift er wie
ein rieſiger Medizinlöffel den Hohlraum des weiblichen
Leibes hinein und gießt den koſtbaren Lebensſtoff an die nötige
Stelle, wo der Eierſtock ſich nach dieſem Hohlraum hin auf¬
thut. In wie weit dieſer Übertragungsakt für beide Teile mit
ſeeliſchen Wolluſtempfindungen verknüpft iſt, läßt ſich allerdings
ſchwer beſtimmen, — ſicherlich tritt gleich nach der Einführung
des Armes eine Beruhigung ein, die auch im Gefühl auf eine
Auslöſung, auf eine Gipfelüberwindung ſchließen läßt. Aber
gemütlich im mechaniſchen Sinne kann der Akt ſelbſt kaum
ſein. Denn es bleibt beſtehen, daß der Arm recta via dem
Weibe durch die Luftröhre kriecht.
Man denkt ſich nun, es müſſe mindeſtens von größtem
Vorteil ſein, wenn die Sperrung der Atemwege ſo raſch wie
möglich wieder aufhörte. Und in der Tendenz nach dieſem
Vorteil hin liegt zweifellos wohl die eigentliche Urſache zu
der Steigerung des Aktes, die eigentlich erſt allem die Krone
aufſetzt.
Bei einer Anzahl von Tintenfiſcharten reißt der Be¬
gattungsarm im Moment, da ihn das Weib im Leibe hat, an
der Wurzel einfach ab und fällt wie eine verſchluckte Beute
ganz in den Hohlraum hinunter, während das verſtümmelte
Männchen ruhig, als müßte es ſo ſein, ſeines Weges geht.
Der haarſträubende Liebesroman iſt damit noch nicht zu
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/316>, abgerufen am 25.11.2024.
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