Überblicke und vergleiche mal sorgfältig zwei Reihen von Vorgängen. Hier ist eine Zellenkugel nach Art der Volvox¬ kugel. Was liegt an geschichtlicher Entwickelung hinter ihr? Mancherlei Stufen. Es gab einmal bloß einzellige Wesen. Diese Einzeller entwickelten sich dahin, daß sie sich zu zwei und zwei suchten, ein beweglicher und ein träger, ein kleiner und ein großer. Sie verschmolzen und erzeugten aus sich durch Spaltung eine Schar neuer Einzeller. Lange Zeiträume hin¬ durch mag der Fortschritt nur bis hierher gekommen sein. Dann kam eine neue Entwickelungsstufe. Viele solcher erzeugten Ein¬ zeller thaten sich zu einem sozialen Verbande zusammen. In diesem Verbande entstand eine gewisse Arbeitsteilung. Einige Zellen übernahmen für alle anderen mit die Fortpflanzung, sie allein zerspalteten sich fortan in der Zellkugel zu männlichen Samenzellen oder zu weiblichen Eizellen.
Diesen ganzen Hergang hast du im voraufgehenden selbst verfolgt, nicht wahr? Es ist gerade keine weltbewegende Ent¬ wickelungslinie, aber doch immerhin ein Stückchen Geschichte, das im ganzen sicherlich über einen guten Zeitraum sich spann. Und in gar alte Tage geht's wohl sicher zurück. Noch über jenen kambrischen Strand weit hinaus .....
Nun betrachte die einzelne Volvoxkugel ein zweites Mal, und zwar schlage dir diesmal alles aus dem Sinn, was an Geschichte, an ursprüngliches Werden, an alte Entwickelung
Überblicke und vergleiche mal ſorgfältig zwei Reihen von Vorgängen. Hier iſt eine Zellenkugel nach Art der Volvox¬ kugel. Was liegt an geſchichtlicher Entwickelung hinter ihr? Mancherlei Stufen. Es gab einmal bloß einzellige Weſen. Dieſe Einzeller entwickelten ſich dahin, daß ſie ſich zu zwei und zwei ſuchten, ein beweglicher und ein träger, ein kleiner und ein großer. Sie verſchmolzen und erzeugten aus ſich durch Spaltung eine Schar neuer Einzeller. Lange Zeiträume hin¬ durch mag der Fortſchritt nur bis hierher gekommen ſein. Dann kam eine neue Entwickelungsſtufe. Viele ſolcher erzeugten Ein¬ zeller thaten ſich zu einem ſozialen Verbande zuſammen. In dieſem Verbande entſtand eine gewiſſe Arbeitsteilung. Einige Zellen übernahmen für alle anderen mit die Fortpflanzung, ſie allein zerſpalteten ſich fortan in der Zellkugel zu männlichen Samenzellen oder zu weiblichen Eizellen.
Dieſen ganzen Hergang haſt du im voraufgehenden ſelbſt verfolgt, nicht wahr? Es iſt gerade keine weltbewegende Ent¬ wickelungslinie, aber doch immerhin ein Stückchen Geſchichte, das im ganzen ſicherlich über einen guten Zeitraum ſich ſpann. Und in gar alte Tage geht's wohl ſicher zurück. Noch über jenen kambriſchen Strand weit hinaus .....
Nun betrachte die einzelne Volvoxkugel ein zweites Mal, und zwar ſchlage dir diesmal alles aus dem Sinn, was an Geſchichte, an urſprüngliches Werden, an alte Entwickelung
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0206"n="190"/><p><hirendition="#in">Ü</hi>berblicke und vergleiche mal ſorgfältig zwei Reihen von<lb/>
Vorgängen. Hier iſt eine Zellenkugel nach Art der Volvox¬<lb/>
kugel. Was liegt an geſchichtlicher Entwickelung hinter ihr?<lb/>
Mancherlei Stufen. Es gab einmal bloß einzellige Weſen.<lb/>
Dieſe Einzeller entwickelten ſich dahin, daß ſie ſich zu zwei und<lb/>
zwei ſuchten, ein beweglicher und ein träger, ein kleiner und<lb/>
ein großer. Sie verſchmolzen und erzeugten aus ſich durch<lb/>
Spaltung eine Schar neuer Einzeller. Lange Zeiträume hin¬<lb/>
durch mag der Fortſchritt nur bis hierher gekommen ſein. Dann<lb/>
kam eine neue Entwickelungsſtufe. Viele ſolcher erzeugten Ein¬<lb/>
zeller thaten ſich zu einem ſozialen Verbande zuſammen. In<lb/>
dieſem Verbande entſtand eine gewiſſe Arbeitsteilung. Einige<lb/>
Zellen übernahmen für alle anderen mit die Fortpflanzung, ſie<lb/>
allein zerſpalteten ſich fortan in der Zellkugel zu männlichen<lb/>
Samenzellen oder zu weiblichen Eizellen.</p><lb/><p>Dieſen ganzen Hergang haſt du im voraufgehenden ſelbſt<lb/>
verfolgt, nicht wahr? Es iſt gerade keine weltbewegende Ent¬<lb/>
wickelungslinie, aber doch immerhin ein Stückchen Geſchichte,<lb/>
das im ganzen ſicherlich über einen guten Zeitraum ſich ſpann.<lb/>
Und in gar alte Tage geht's wohl ſicher zurück. Noch über<lb/>
jenen kambriſchen Strand weit hinaus .....</p><lb/><p>Nun betrachte die einzelne Volvoxkugel ein zweites Mal,<lb/>
und zwar ſchlage dir diesmal alles aus dem Sinn, was an<lb/>
Geſchichte, an urſprüngliches Werden, an alte Entwickelung<lb/></p></div></body></text></TEI>
[190/0206]
Überblicke und vergleiche mal ſorgfältig zwei Reihen von
Vorgängen. Hier iſt eine Zellenkugel nach Art der Volvox¬
kugel. Was liegt an geſchichtlicher Entwickelung hinter ihr?
Mancherlei Stufen. Es gab einmal bloß einzellige Weſen.
Dieſe Einzeller entwickelten ſich dahin, daß ſie ſich zu zwei und
zwei ſuchten, ein beweglicher und ein träger, ein kleiner und
ein großer. Sie verſchmolzen und erzeugten aus ſich durch
Spaltung eine Schar neuer Einzeller. Lange Zeiträume hin¬
durch mag der Fortſchritt nur bis hierher gekommen ſein. Dann
kam eine neue Entwickelungsſtufe. Viele ſolcher erzeugten Ein¬
zeller thaten ſich zu einem ſozialen Verbande zuſammen. In
dieſem Verbande entſtand eine gewiſſe Arbeitsteilung. Einige
Zellen übernahmen für alle anderen mit die Fortpflanzung, ſie
allein zerſpalteten ſich fortan in der Zellkugel zu männlichen
Samenzellen oder zu weiblichen Eizellen.
Dieſen ganzen Hergang haſt du im voraufgehenden ſelbſt
verfolgt, nicht wahr? Es iſt gerade keine weltbewegende Ent¬
wickelungslinie, aber doch immerhin ein Stückchen Geſchichte,
das im ganzen ſicherlich über einen guten Zeitraum ſich ſpann.
Und in gar alte Tage geht's wohl ſicher zurück. Noch über
jenen kambriſchen Strand weit hinaus .....
Nun betrachte die einzelne Volvoxkugel ein zweites Mal,
und zwar ſchlage dir diesmal alles aus dem Sinn, was an
Geſchichte, an urſprüngliches Werden, an alte Entwickelung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/206>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.