greifen sie sich an der Rückgratstelle nicht selten, um das nicht sehr widerstandsfähige, tief ausgeschnittene Rückenstück zu verstärken. An italienischen Harnischen des 15. Jahrhunderts treffen wir auch Achseln ohne, oder nur mit kleinen Vorderflügen; es erklärt sich das durch den Widerwillen des Italieners gegen eine Beschränkung in seiner Bewegung, wie auch durch seine dem Naturell angepasste Fechtweise (Fig. 67 a und 67 b). Und gerade in Italien änderten die deutschen Landsknechte den Harnisch um, verwarfen die Achseln mit den die Bewegung beeinträchtigenden Flügen und schlossen an den Kragen ein Geschübe, welches nur die Achsel und die äussere Schulterseite bis zur Hälfte des Oberarmes deckte. Diese Achseln
[Abbildung]
Fig. 69.
Linksseitige Achsel mit geschobenem Vorderflug und hohem Brechrand von einem Harnische des Kaisers Ferdinand I. um 1560.
in Verbindung mit dem Kragen hiessen, wie wir bereits bemerkten, Spangröls. (Fig. 68). An deutschen Reiterharnischen vom Anfange des 16. Jahrhunderts finden sich ebensowohl Achseln mit als ohne Vorderflüge und selbst ohne Hinterflüge.
Gerade an jenem Zeitpunkte, an welchem eine merkbare Scheidung in der Form der Harnische des Adels und des Söldners eintritt, gegen Ende des 15. Jahrhunderts, wird die Achsel an ritterlichen Harnischen in ganz selbständiger Weise weitergebildet. Der adelige Reiter hatte als Streitobjekt wieder den Reiter vor sich, gegen
3. Das Armzeug.
greifen sie sich an der Rückgratstelle nicht selten, um das nicht sehr widerstandsfähige, tief ausgeschnittene Rückenstück zu verstärken. An italienischen Harnischen des 15. Jahrhunderts treffen wir auch Achseln ohne, oder nur mit kleinen Vorderflügen; es erklärt sich das durch den Widerwillen des Italieners gegen eine Beschränkung in seiner Bewegung, wie auch durch seine dem Naturell angepaſste Fechtweise (Fig. 67 a und 67 b). Und gerade in Italien änderten die deutschen Landsknechte den Harnisch um, verwarfen die Achseln mit den die Bewegung beeinträchtigenden Flügen und schlossen an den Kragen ein Geschübe, welches nur die Achsel und die äuſsere Schulterseite bis zur Hälfte des Oberarmes deckte. Diese Achseln
[Abbildung]
Fig. 69.
Linksseitige Achsel mit geschobenem Vorderflug und hohem Brechrand von einem Harnische des Kaisers Ferdinand I. um 1560.
in Verbindung mit dem Kragen hieſsen, wie wir bereits bemerkten, Spangröls. (Fig. 68). An deutschen Reiterharnischen vom Anfange des 16. Jahrhunderts finden sich ebensowohl Achseln mit als ohne Vorderflüge und selbst ohne Hinterflüge.
Gerade an jenem Zeitpunkte, an welchem eine merkbare Scheidung in der Form der Harnische des Adels und des Söldners eintritt, gegen Ende des 15. Jahrhunderts, wird die Achsel an ritterlichen Harnischen in ganz selbständiger Weise weitergebildet. Der adelige Reiter hatte als Streitobjekt wieder den Reiter vor sich, gegen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0089"n="71"/><fwplace="top"type="header">3. Das Armzeug.</fw><lb/>
greifen sie sich an der Rückgratstelle nicht selten, um das nicht<lb/>
sehr widerstandsfähige, tief ausgeschnittene Rückenstück zu verstärken.<lb/>
An italienischen Harnischen des 15. Jahrhunderts treffen wir auch<lb/>
Achseln ohne, oder nur mit kleinen Vorderflügen; es erklärt sich das<lb/>
durch den Widerwillen des Italieners gegen eine Beschränkung in<lb/>
seiner Bewegung, wie auch durch seine dem Naturell angepaſste<lb/>
Fechtweise (Fig. 67 a und 67 b). Und gerade in Italien änderten die<lb/>
deutschen Landsknechte den Harnisch um, verwarfen die Achseln<lb/>
mit den die Bewegung beeinträchtigenden Flügen und schlossen an<lb/>
den Kragen ein Geschübe, welches nur die Achsel und die äuſsere<lb/>
Schulterseite bis zur Hälfte des Oberarmes deckte. Diese Achseln<lb/><figure><head><hirendition="#g">Fig</hi>. 69.</head><p><hirendition="#g">Linksseitige Achsel</hi> mit geschobenem Vorderflug<lb/>
und hohem Brechrand von einem Harnische des Kaisers <hirendition="#g">Ferdinand</hi> I.<lb/>
um 1560.</p></figure><lb/>
in Verbindung mit dem Kragen hieſsen, wie wir bereits bemerkten,<lb/><hirendition="#g">Spangröls</hi>. (Fig. 68). An deutschen Reiterharnischen vom Anfange<lb/>
des 16. Jahrhunderts finden sich ebensowohl Achseln mit als ohne<lb/>
Vorderflüge und selbst ohne Hinterflüge.</p><lb/><p>Gerade an jenem Zeitpunkte, an welchem eine merkbare Scheidung<lb/>
in der Form der Harnische des Adels und des Söldners eintritt,<lb/>
gegen Ende des 15. Jahrhunderts, wird die Achsel an ritterlichen<lb/>
Harnischen in ganz selbständiger Weise weitergebildet. Der adelige<lb/>
Reiter hatte als Streitobjekt wieder den Reiter vor sich, gegen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[71/0089]
3. Das Armzeug.
greifen sie sich an der Rückgratstelle nicht selten, um das nicht
sehr widerstandsfähige, tief ausgeschnittene Rückenstück zu verstärken.
An italienischen Harnischen des 15. Jahrhunderts treffen wir auch
Achseln ohne, oder nur mit kleinen Vorderflügen; es erklärt sich das
durch den Widerwillen des Italieners gegen eine Beschränkung in
seiner Bewegung, wie auch durch seine dem Naturell angepaſste
Fechtweise (Fig. 67 a und 67 b). Und gerade in Italien änderten die
deutschen Landsknechte den Harnisch um, verwarfen die Achseln
mit den die Bewegung beeinträchtigenden Flügen und schlossen an
den Kragen ein Geschübe, welches nur die Achsel und die äuſsere
Schulterseite bis zur Hälfte des Oberarmes deckte. Diese Achseln
[Abbildung Fig. 69. Linksseitige Achsel mit geschobenem Vorderflug
und hohem Brechrand von einem Harnische des Kaisers Ferdinand I.
um 1560.]
in Verbindung mit dem Kragen hieſsen, wie wir bereits bemerkten,
Spangröls. (Fig. 68). An deutschen Reiterharnischen vom Anfange
des 16. Jahrhunderts finden sich ebensowohl Achseln mit als ohne
Vorderflüge und selbst ohne Hinterflüge.
Gerade an jenem Zeitpunkte, an welchem eine merkbare Scheidung
in der Form der Harnische des Adels und des Söldners eintritt,
gegen Ende des 15. Jahrhunderts, wird die Achsel an ritterlichen
Harnischen in ganz selbständiger Weise weitergebildet. Der adelige
Reiter hatte als Streitobjekt wieder den Reiter vor sich, gegen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/89>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.