ist dem Visier und dem Kinnreff noch ein drittes Stück beigegeben, das sich im Vereine mit beiden bewegt, der Stirnstulp. Zum Erheben des Stirnstulps dient ein an der rechten Seite der Visier- wand befindlicher Kloben. Wird auch das Visier aufgeschlagen, dann wird es auf ein eisernes Stängelchen, Stützstange, aufgestützt, welches an der rechten Seite des Kinnreffs befestigt ist und das Zurückfallen des Visiers und des Stirnstulps hindert. Häufig, und besonders an auch fürs Turnier gebrauchten Helmen, befindet sich an der rechten Seite eine Sperre, welche das Visier und den Stirn- stulp, zuweilen auch das aufschlächtige Kinnreff, in geschlossener Stellung erhält. Soll der Helm geöffnet werden, so muss an einem Lederriemchen gezogen werden, welches aus einer Öffnung in der
[Abbildung]
Fig. 34.
Reiterhelm, sogenannte "Burgunderkappe" vom Ende des 16. Jahrhunderts. Niederländisch. Waffensammlung Schloss Am- bras in Tirol.
[Abbildung]
Fig. 35.
Geschlossener Helm mit gelochten Backenstücken und Visier von einem Harnische des Kaisers Maximilian I. Um 1500.
rechten Visierwand hervorsteht. Der Mechanismus besteht in einer einfachen Feder im Inneren, die beim Anziehen einen Sperrstift frei macht. Bemerkenswert erscheint die Form des Visiers, wie sich selbe vom Beginne des 16. Jahrhunderts herausgebildet hatte. Die beiden Wände erheben sich zu einer am oberen Rande auslaufenden Spitze, die besonders um 1550 scharf hervortritt, wobei die Wände leicht konkav geschweift nach aufwärts streben. Die Form ist keine will- kürliche, sondern das Ergebnis der Erfahrung und des Nachdenkens. Die Richtung nach vorwärts erhielt es zum Schutze der Augen vor Schwert- und anderen Hieben, dadurch ergab sich ein entsprechender
1. Der Helm.
ist dem Visier und dem Kinnreff noch ein drittes Stück beigegeben, das sich im Vereine mit beiden bewegt, der Stirnstulp. Zum Erheben des Stirnstulps dient ein an der rechten Seite der Visier- wand befindlicher Kloben. Wird auch das Visier aufgeschlagen, dann wird es auf ein eisernes Stängelchen, Stützstange, aufgestützt, welches an der rechten Seite des Kinnreffs befestigt ist und das Zurückfallen des Visiers und des Stirnstulps hindert. Häufig, und besonders an auch fürs Turnier gebrauchten Helmen, befindet sich an der rechten Seite eine Sperre, welche das Visier und den Stirn- stulp, zuweilen auch das aufschlächtige Kinnreff, in geschlossener Stellung erhält. Soll der Helm geöffnet werden, so muſs an einem Lederriemchen gezogen werden, welches aus einer Öffnung in der
[Abbildung]
Fig. 34.
Reiterhelm, sogenannte „Burgunderkappe“ vom Ende des 16. Jahrhunderts. Niederländisch. Waffensammlung Schloss Am- bras in Tirol.
[Abbildung]
Fig. 35.
Geschlossener Helm mit gelochten Backenstücken und Visier von einem Harnische des Kaisers Maximilian I. Um 1500.
rechten Visierwand hervorsteht. Der Mechanismus besteht in einer einfachen Feder im Inneren, die beim Anziehen einen Sperrstift frei macht. Bemerkenswert erscheint die Form des Visiers, wie sich selbe vom Beginne des 16. Jahrhunderts herausgebildet hatte. Die beiden Wände erheben sich zu einer am oberen Rande auslaufenden Spitze, die besonders um 1550 scharf hervortritt, wobei die Wände leicht konkav geschweift nach aufwärts streben. Die Form ist keine will- kürliche, sondern das Ergebnis der Erfahrung und des Nachdenkens. Die Richtung nach vorwärts erhielt es zum Schutze der Augen vor Schwert- und anderen Hieben, dadurch ergab sich ein entsprechender
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0063"n="45"/><fwplace="top"type="header">1. Der Helm.</fw><lb/>
ist dem Visier und dem Kinnreff noch ein drittes Stück beigegeben,<lb/>
das sich im Vereine mit beiden bewegt, der <hirendition="#g">Stirnstulp</hi>. Zum<lb/>
Erheben des Stirnstulps dient ein an der rechten Seite der Visier-<lb/>
wand befindlicher Kloben. Wird auch das Visier aufgeschlagen,<lb/>
dann wird es auf ein eisernes Stängelchen, <hirendition="#g">Stützstange</hi>, aufgestützt,<lb/>
welches an der rechten Seite des Kinnreffs befestigt ist und das<lb/>
Zurückfallen des Visiers und des Stirnstulps hindert. Häufig, und<lb/>
besonders an auch fürs Turnier gebrauchten Helmen, befindet sich<lb/>
an der rechten Seite eine Sperre, welche das Visier und den Stirn-<lb/>
stulp, zuweilen auch das aufschlächtige Kinnreff, in geschlossener<lb/>
Stellung erhält. Soll der Helm geöffnet werden, so muſs an einem<lb/>
Lederriemchen gezogen werden, welches aus einer Öffnung in der<lb/><figure><head><hirendition="#g">Fig</hi>. 34.</head><p><hirendition="#g">Reiterhelm</hi>, sogenannte „Burgunderkappe“ vom Ende<lb/>
des 16. Jahrhunderts. Niederländisch. Waffensammlung Schloss Am-<lb/>
bras in Tirol.</p></figure><lb/><figure><head><hirendition="#g">Fig</hi>. 35.</head><p><hirendition="#g">Geschlossener Helm</hi> mit gelochten Backenstücken<lb/>
und Visier von einem Harnische des Kaisers <hirendition="#g">Maximilian</hi> I. Um 1500.</p></figure><lb/>
rechten Visierwand hervorsteht. Der Mechanismus besteht in einer<lb/>
einfachen Feder im Inneren, die beim Anziehen einen Sperrstift frei<lb/>
macht. Bemerkenswert erscheint die Form des Visiers, wie sich<lb/>
selbe vom Beginne des 16. Jahrhunderts herausgebildet hatte. Die<lb/>
beiden Wände erheben sich zu einer am oberen Rande auslaufenden<lb/>
Spitze, die besonders um 1550 scharf hervortritt, wobei die Wände<lb/>
leicht konkav geschweift nach aufwärts streben. Die Form ist keine will-<lb/>
kürliche, sondern das Ergebnis der Erfahrung und des Nachdenkens.<lb/>
Die Richtung nach vorwärts erhielt es zum Schutze der Augen vor<lb/>
Schwert- und anderen Hieben, dadurch ergab sich ein entsprechender<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[45/0063]
1. Der Helm.
ist dem Visier und dem Kinnreff noch ein drittes Stück beigegeben,
das sich im Vereine mit beiden bewegt, der Stirnstulp. Zum
Erheben des Stirnstulps dient ein an der rechten Seite der Visier-
wand befindlicher Kloben. Wird auch das Visier aufgeschlagen,
dann wird es auf ein eisernes Stängelchen, Stützstange, aufgestützt,
welches an der rechten Seite des Kinnreffs befestigt ist und das
Zurückfallen des Visiers und des Stirnstulps hindert. Häufig, und
besonders an auch fürs Turnier gebrauchten Helmen, befindet sich
an der rechten Seite eine Sperre, welche das Visier und den Stirn-
stulp, zuweilen auch das aufschlächtige Kinnreff, in geschlossener
Stellung erhält. Soll der Helm geöffnet werden, so muſs an einem
Lederriemchen gezogen werden, welches aus einer Öffnung in der
[Abbildung Fig. 34. Reiterhelm, sogenannte „Burgunderkappe“ vom Ende
des 16. Jahrhunderts. Niederländisch. Waffensammlung Schloss Am-
bras in Tirol.]
[Abbildung Fig. 35. Geschlossener Helm mit gelochten Backenstücken
und Visier von einem Harnische des Kaisers Maximilian I. Um 1500.]
rechten Visierwand hervorsteht. Der Mechanismus besteht in einer
einfachen Feder im Inneren, die beim Anziehen einen Sperrstift frei
macht. Bemerkenswert erscheint die Form des Visiers, wie sich
selbe vom Beginne des 16. Jahrhunderts herausgebildet hatte. Die
beiden Wände erheben sich zu einer am oberen Rande auslaufenden
Spitze, die besonders um 1550 scharf hervortritt, wobei die Wände
leicht konkav geschweift nach aufwärts streben. Die Form ist keine will-
kürliche, sondern das Ergebnis der Erfahrung und des Nachdenkens.
Die Richtung nach vorwärts erhielt es zum Schutze der Augen vor
Schwert- und anderen Hieben, dadurch ergab sich ein entsprechender
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/63>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.