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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
Spanien zuerst sesshaft. Al Makkari berichtet in seiner Geschichte der
mohammedanischen Herrschaft in Spanien, dass im Königreiche Murcia
die berühmtesten Fabriken von Panzerhemden, Kunstharnischen und
mit Gold eingelegten Stahlrüstungen bestanden.*) Mit dem Vorrücken
der Araber breitete sich die Industrie längs des Tajo aus. Leider
sind uns aus jener Zeit nur wenig Daten geblieben, doch wissen wir,
dass Abderhaman II. (822--852) die dortige Waffenfabrikation refor-
mierte und dass Al Hakem II. um 965 dem Könige Don Sancho von
Leon ein reiches Geschenk mit Toledaner Arbeiten machte. Näher
tritt uns die Industrie von Toledo erst, als das Gebiet unter christ-
liche Herrschaft gelangt war (1492). Da hören wir von dem Neu-
begründer derselben Julian del Rey, der, ein Maure und Dienstmann
Boabdils, nach dessen Gefangennahme den christlichen Glauben an-
nahm. Ferdinand der Katholische soll sein Taufpate gewesen sein.
Julian, der mit dem maurischen Waffenschmied Reduan identisch sein
dürfte, führte als Zeichen ein vierfüssiges Tier, vermutlich eine Nach-
ahmung des Passauer Wolfes, in dem die Spanier ein Hündchen,
"perillo", erblickten. Die berühmtesten Klingenschmiede Spaniens
gehören desungeachtet erst der 2. Hälfte des 16. und 17. Jahrhun-
derts an; so Juan Martinez aus der Familie Menchaca in Lissa-
bon, später in Sevilla und Madrid, um 1560, Juan de la Horta
um 1545, Juan de Alman (Alemania?) um 1550, Miguel Cantero
um 1564, Lupus Aguado um 1567, Alonso de Sahagun
der Ältere um 1570, der Jüngere, Luis, um 1620, Hortuno de
Aguirre
um 1604, die beiden Francesco Ruiz, Vater und Sohn,
1580--1617, Thomas de Ayala, der Fertiger der hochberühmten
"Thomasklingen" um 1625, endlich die beiden Sebastian Hernandez,
Vater und Sohn, welche gleichfalls dem 17. Jahrhundert angehören.
Bald danach ging diese Industrie so rasch zurück, dass sich beispiels-
weise bemerkt, unter Karl III. 1760 nicht ein einziger Klingenschmied
fand, dem die Leitung der vom Staate neugegründeten Toledaner
Klingenfabrik anzuvertrauen gewesen wäre. Endlich übergab man sie
dem 70jährigen Luis Calisto, dem die Wiedererstehung der Industrie
zu danken ist.

Die Fabrikation der Feuergewehre kam erst am Ende des
16. Jahrhunderts in Spanien in Aufnahme, die ersten Läufe wurden
noch aus Deutschland bezogen.**) Im Verlaufe des Jahrhunderts und
bis etwa 1780 gelangte sie zu ungemein rascher Entwickelung. Wir
werden am Schlusse die Namen der besten Büchsenmacher verzeichnen.
Die Ursache des späteren Rückganges dieser Industrie lag darin, dass
die Spanier sich der Forderung gezogener Läufe nicht anbequemen

*) Rianno, J., The industrial Arts in Spain. London 1879.
**) Martinez de Espinar Alonso, Arte de Ballesteria y Monteria. Madrid
1644.

V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
Spanien zuerst seſshaft. Al Makkari berichtet in seiner Geschichte der
mohammedanischen Herrschaft in Spanien, daſs im Königreiche Murcia
die berühmtesten Fabriken von Panzerhemden, Kunstharnischen und
mit Gold eingelegten Stahlrüstungen bestanden.*) Mit dem Vorrücken
der Araber breitete sich die Industrie längs des Tajo aus. Leider
sind uns aus jener Zeit nur wenig Daten geblieben, doch wissen wir,
daſs Abderhaman II. (822—852) die dortige Waffenfabrikation refor-
mierte und daſs Al Hakem II. um 965 dem Könige Don Sancho von
Leon ein reiches Geschenk mit Toledaner Arbeiten machte. Näher
tritt uns die Industrie von Toledo erst, als das Gebiet unter christ-
liche Herrschaft gelangt war (1492). Da hören wir von dem Neu-
begründer derselben Julian del Rey, der, ein Maure und Dienstmann
Boabdils, nach dessen Gefangennahme den christlichen Glauben an-
nahm. Ferdinand der Katholische soll sein Taufpate gewesen sein.
Julian, der mit dem maurischen Waffenschmied Reduan identisch sein
dürfte, führte als Zeichen ein vierfüſsiges Tier, vermutlich eine Nach-
ahmung des Passauer Wolfes, in dem die Spanier ein Hündchen,
„perillo“, erblickten. Die berühmtesten Klingenschmiede Spaniens
gehören desungeachtet erst der 2. Hälfte des 16. und 17. Jahrhun-
derts an; so Juan Martinez aus der Familie Menchaca in Lissa-
bon, später in Sevilla und Madrid, um 1560, Juan de la Horta
um 1545, Juan de Alman (Alemania?) um 1550, Miguel Cantero
um 1564, Lupus Aguado um 1567, Alonso de Sahagun
der Ältere um 1570, der Jüngere, Luis, um 1620, Hortuno de
Aguirre
um 1604, die beiden Francesco Ruiz, Vater und Sohn,
1580—1617, Thomas de Ayala, der Fertiger der hochberühmten
„Thomasklingen“ um 1625, endlich die beiden Sebastian Hernandez,
Vater und Sohn, welche gleichfalls dem 17. Jahrhundert angehören.
Bald danach ging diese Industrie so rasch zurück, daſs sich beispiels-
weise bemerkt, unter Karl III. 1760 nicht ein einziger Klingenschmied
fand, dem die Leitung der vom Staate neugegründeten Toledaner
Klingenfabrik anzuvertrauen gewesen wäre. Endlich übergab man sie
dem 70jährigen Luis Calisto, dem die Wiedererstehung der Industrie
zu danken ist.

Die Fabrikation der Feuergewehre kam erst am Ende des
16. Jahrhunderts in Spanien in Aufnahme, die ersten Läufe wurden
noch aus Deutschland bezogen.**) Im Verlaufe des Jahrhunderts und
bis etwa 1780 gelangte sie zu ungemein rascher Entwickelung. Wir
werden am Schlusse die Namen der besten Büchsenmacher verzeichnen.
Die Ursache des späteren Rückganges dieser Industrie lag darin, daſs
die Spanier sich der Forderung gezogener Läufe nicht anbequemen

*) Riaño, J., The industrial Arts in Spain. London 1879.
**) Martinez de Espinar Alonso, Arte de Ballesteria y Monteria. Madrid
1644.
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[607/0625] V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen. Spanien zuerst seſshaft. Al Makkari berichtet in seiner Geschichte der mohammedanischen Herrschaft in Spanien, daſs im Königreiche Murcia die berühmtesten Fabriken von Panzerhemden, Kunstharnischen und mit Gold eingelegten Stahlrüstungen bestanden. *) Mit dem Vorrücken der Araber breitete sich die Industrie längs des Tajo aus. Leider sind uns aus jener Zeit nur wenig Daten geblieben, doch wissen wir, daſs Abderhaman II. (822—852) die dortige Waffenfabrikation refor- mierte und daſs Al Hakem II. um 965 dem Könige Don Sancho von Leon ein reiches Geschenk mit Toledaner Arbeiten machte. Näher tritt uns die Industrie von Toledo erst, als das Gebiet unter christ- liche Herrschaft gelangt war (1492). Da hören wir von dem Neu- begründer derselben Julian del Rey, der, ein Maure und Dienstmann Boabdils, nach dessen Gefangennahme den christlichen Glauben an- nahm. Ferdinand der Katholische soll sein Taufpate gewesen sein. Julian, der mit dem maurischen Waffenschmied Reduan identisch sein dürfte, führte als Zeichen ein vierfüſsiges Tier, vermutlich eine Nach- ahmung des Passauer Wolfes, in dem die Spanier ein Hündchen, „perillo“, erblickten. Die berühmtesten Klingenschmiede Spaniens gehören desungeachtet erst der 2. Hälfte des 16. und 17. Jahrhun- derts an; so Juan Martinez aus der Familie Menchaca in Lissa- bon, später in Sevilla und Madrid, um 1560, Juan de la Horta um 1545, Juan de Alman (Alemania?) um 1550, Miguel Cantero um 1564, Lupus Aguado um 1567, Alonso de Sahagun der Ältere um 1570, der Jüngere, Luis, um 1620, Hortuno de Aguirre um 1604, die beiden Francesco Ruiz, Vater und Sohn, 1580—1617, Thomas de Ayala, der Fertiger der hochberühmten „Thomasklingen“ um 1625, endlich die beiden Sebastian Hernandez, Vater und Sohn, welche gleichfalls dem 17. Jahrhundert angehören. Bald danach ging diese Industrie so rasch zurück, daſs sich beispiels- weise bemerkt, unter Karl III. 1760 nicht ein einziger Klingenschmied fand, dem die Leitung der vom Staate neugegründeten Toledaner Klingenfabrik anzuvertrauen gewesen wäre. Endlich übergab man sie dem 70jährigen Luis Calisto, dem die Wiedererstehung der Industrie zu danken ist. Die Fabrikation der Feuergewehre kam erst am Ende des 16. Jahrhunderts in Spanien in Aufnahme, die ersten Läufe wurden noch aus Deutschland bezogen. **) Im Verlaufe des Jahrhunderts und bis etwa 1780 gelangte sie zu ungemein rascher Entwickelung. Wir werden am Schlusse die Namen der besten Büchsenmacher verzeichnen. Die Ursache des späteren Rückganges dieser Industrie lag darin, daſs die Spanier sich der Forderung gezogener Läufe nicht anbequemen *) Riaño, J., The industrial Arts in Spain. London 1879. **) Martinez de Espinar Alonso, Arte de Ballesteria y Monteria. Madrid 1644.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/625>, abgerufen am 22.11.2024.