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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
allenthalben Bewunderung erregten. Das Verfahren besteht darin,
dass ein beliebiges Ornament mittelst des Grabstichels in eine eiserne
Platte graviert, und in die gemachten Vertiefungen Gold oder Silber
in kleinen Partikeln mittelst kleiner flacher Hämmer eingeschlagen
wird. Ein Untergraben der Schnitte, das, wie einige meinen, zur
besseren Befestigung der Einlagen erforderlich sei, findet bei diesem
Verfahren nicht statt, da die fertige Platte später erhitzt wird, wobei
sich die Einlage innig mit der Unterlage verbindet. Man unter-
scheidet zweierlei Arten von Tauschierarbeit, die eingeschlagene,
wobei die Einlage in einer Ebene mit der Platte erscheint, und die
aufgeschlagene, bei welcher die Einlagepartikel über die Bildfläche
hervorragen und somit ein flaches Relief darstellen. Letztere, welche
besonders in Spanien vorkommt, ist bedeutend schwieriger, da die
vorstehenden Einlagekörper eine Nacharbeit erforderten, während bei
der eingeschlagenen Tausia die Flächen einfach abgeschliffen und
poliert wurden, ehe man das Eisen der grauen oder blauen Färbung
unterzog. Es ist zu beachten, dass die Tausia sich immer nur auf
verhältnismässig schmale Linien und Partien von geringer Ausdehnung
beschränkt, während die Vergoldung grösserer Flächen mit Blattgold
erfolgt, das mit dem Polierstahl geglättet wird.

In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts kommt eine dekorative
Technik in Aufnahme, die auf dem Gebiet des Waffenwesens voll-
ständig neu erscheint, die Treibarbeit in Eisen, das "repousse".
Zwar wurde die Treibarbeit in Gold schon von unterschiedlichen
Völkern, selbst im hohen Norden, in der Bronzezeit geübt (Minuterie,
Grosserie), in der Glanzzeit von Byzanz bildete sie einen Hauptteil
der kunstindustriellen Technik, später treten auch Treibarbeiten in
Silber an Helmen, Schilden etc. bei barbarischen, von antiker Kultur
beeinflussten Völkern auf, aber die Härte des Eisens hatte bisher
stets ein Hindernis für die plastische Gestaltung desselben durch
Treibarbeit gebildet. Erst mit der Ausbildung der Plattenharnische
steigerte sich die Gewandtheit der Waffenschmiede in der Treibarbeit
im Eisen derart, dass diese auch zu feineren Kunstarbeiten dien-
lich wurde.

Treibarbeit im engeren Sinne nennt man die Darstellung eines
Reliefbildes in einer eisernen Platte (Schlagblech) mittelst verschieden-
artiger Hämmer und Punzen. Die Technik ist namentlich in Eisen
schwierig, weil der Gegenstand je nach Bedürfnis in mehr oder weniger
erhitztem Zustande bearbeitet werden muss. Die Arbeit beginnt stets
an der Rückseite durch das Austreiben der allgemeinen plastischen
Form, die feinere Ausgestaltung erfolgt sodann teils von der Vorder-,
teils von der Rückseite; daher auch die französische Bezeichnung
repousser, entgegentreiben. Die berühmtesten Treibarbeiten wiesen
Mailand, Florenz und Augsburg auf.

Eine andere Technik, die mit der Treibarbeit viele Ähnlichkeit

V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen.
allenthalben Bewunderung erregten. Das Verfahren besteht darin,
daſs ein beliebiges Ornament mittelst des Grabstichels in eine eiserne
Platte graviert, und in die gemachten Vertiefungen Gold oder Silber
in kleinen Partikeln mittelst kleiner flacher Hämmer eingeschlagen
wird. Ein Untergraben der Schnitte, das, wie einige meinen, zur
besseren Befestigung der Einlagen erforderlich sei, findet bei diesem
Verfahren nicht statt, da die fertige Platte später erhitzt wird, wobei
sich die Einlage innig mit der Unterlage verbindet. Man unter-
scheidet zweierlei Arten von Tauschierarbeit, die eingeschlagene,
wobei die Einlage in einer Ebene mit der Platte erscheint, und die
aufgeschlagene, bei welcher die Einlagepartikel über die Bildfläche
hervorragen und somit ein flaches Relief darstellen. Letztere, welche
besonders in Spanien vorkommt, ist bedeutend schwieriger, da die
vorstehenden Einlagekörper eine Nacharbeit erforderten, während bei
der eingeschlagenen Tausia die Flächen einfach abgeschliffen und
poliert wurden, ehe man das Eisen der grauen oder blauen Färbung
unterzog. Es ist zu beachten, daſs die Tausia sich immer nur auf
verhältnismäſsig schmale Linien und Partien von geringer Ausdehnung
beschränkt, während die Vergoldung gröſserer Flächen mit Blattgold
erfolgt, das mit dem Polierstahl geglättet wird.

In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts kommt eine dekorative
Technik in Aufnahme, die auf dem Gebiet des Waffenwesens voll-
ständig neu erscheint, die Treibarbeit in Eisen, das „repoussé“.
Zwar wurde die Treibarbeit in Gold schon von unterschiedlichen
Völkern, selbst im hohen Norden, in der Bronzezeit geübt (Minuterie,
Grosserie), in der Glanzzeit von Byzanz bildete sie einen Hauptteil
der kunstindustriellen Technik, später treten auch Treibarbeiten in
Silber an Helmen, Schilden etc. bei barbarischen, von antiker Kultur
beeinfluſsten Völkern auf, aber die Härte des Eisens hatte bisher
stets ein Hindernis für die plastische Gestaltung desselben durch
Treibarbeit gebildet. Erst mit der Ausbildung der Plattenharnische
steigerte sich die Gewandtheit der Waffenschmiede in der Treibarbeit
im Eisen derart, daſs diese auch zu feineren Kunstarbeiten dien-
lich wurde.

Treibarbeit im engeren Sinne nennt man die Darstellung eines
Reliefbildes in einer eisernen Platte (Schlagblech) mittelst verschieden-
artiger Hämmer und Punzen. Die Technik ist namentlich in Eisen
schwierig, weil der Gegenstand je nach Bedürfnis in mehr oder weniger
erhitztem Zustande bearbeitet werden muſs. Die Arbeit beginnt stets
an der Rückseite durch das Austreiben der allgemeinen plastischen
Form, die feinere Ausgestaltung erfolgt sodann teils von der Vorder-,
teils von der Rückseite; daher auch die französische Bezeichnung
répousser, entgegentreiben. Die berühmtesten Treibarbeiten wiesen
Mailand, Florenz und Augsburg auf.

Eine andere Technik, die mit der Treibarbeit viele Ähnlichkeit

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[599/0617] V. Kunst und Technik im Waffenschmiedwesen. allenthalben Bewunderung erregten. Das Verfahren besteht darin, daſs ein beliebiges Ornament mittelst des Grabstichels in eine eiserne Platte graviert, und in die gemachten Vertiefungen Gold oder Silber in kleinen Partikeln mittelst kleiner flacher Hämmer eingeschlagen wird. Ein Untergraben der Schnitte, das, wie einige meinen, zur besseren Befestigung der Einlagen erforderlich sei, findet bei diesem Verfahren nicht statt, da die fertige Platte später erhitzt wird, wobei sich die Einlage innig mit der Unterlage verbindet. Man unter- scheidet zweierlei Arten von Tauschierarbeit, die eingeschlagene, wobei die Einlage in einer Ebene mit der Platte erscheint, und die aufgeschlagene, bei welcher die Einlagepartikel über die Bildfläche hervorragen und somit ein flaches Relief darstellen. Letztere, welche besonders in Spanien vorkommt, ist bedeutend schwieriger, da die vorstehenden Einlagekörper eine Nacharbeit erforderten, während bei der eingeschlagenen Tausia die Flächen einfach abgeschliffen und poliert wurden, ehe man das Eisen der grauen oder blauen Färbung unterzog. Es ist zu beachten, daſs die Tausia sich immer nur auf verhältnismäſsig schmale Linien und Partien von geringer Ausdehnung beschränkt, während die Vergoldung gröſserer Flächen mit Blattgold erfolgt, das mit dem Polierstahl geglättet wird. In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts kommt eine dekorative Technik in Aufnahme, die auf dem Gebiet des Waffenwesens voll- ständig neu erscheint, die Treibarbeit in Eisen, das „repoussé“. Zwar wurde die Treibarbeit in Gold schon von unterschiedlichen Völkern, selbst im hohen Norden, in der Bronzezeit geübt (Minuterie, Grosserie), in der Glanzzeit von Byzanz bildete sie einen Hauptteil der kunstindustriellen Technik, später treten auch Treibarbeiten in Silber an Helmen, Schilden etc. bei barbarischen, von antiker Kultur beeinfluſsten Völkern auf, aber die Härte des Eisens hatte bisher stets ein Hindernis für die plastische Gestaltung desselben durch Treibarbeit gebildet. Erst mit der Ausbildung der Plattenharnische steigerte sich die Gewandtheit der Waffenschmiede in der Treibarbeit im Eisen derart, daſs diese auch zu feineren Kunstarbeiten dien- lich wurde. Treibarbeit im engeren Sinne nennt man die Darstellung eines Reliefbildes in einer eisernen Platte (Schlagblech) mittelst verschieden- artiger Hämmer und Punzen. Die Technik ist namentlich in Eisen schwierig, weil der Gegenstand je nach Bedürfnis in mehr oder weniger erhitztem Zustande bearbeitet werden muſs. Die Arbeit beginnt stets an der Rückseite durch das Austreiben der allgemeinen plastischen Form, die feinere Ausgestaltung erfolgt sodann teils von der Vorder-, teils von der Rückseite; daher auch die französische Bezeichnung répousser, entgegentreiben. Die berühmtesten Treibarbeiten wiesen Mailand, Florenz und Augsburg auf. Eine andere Technik, die mit der Treibarbeit viele Ähnlichkeit

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/617>, abgerufen am 22.11.2024.