1. Die Beurteilung der Echtheit und des Wertes der Waffen.
flachen Stücke Gold mit dem Grabstichel herausgehoben, er war daher nur kurz und hatte einen eckigen Querschnitt. Moderne Arbeiten sind mit gezogenem Golddraht geschlagen, die einzelnen Teile sind länger und heben sich bei nur einiger Nachhilfe leicht aus dem Grunde heraus. Unter dem Vergrösserungsglase ist zu erkennen, wie wenig der cylindrische Draht mit dem Grunde in Verbindung steht. Der Verfasser hat davon einige drastische Beispiele vor Augen ge- habt. Das Schwierigste aber für den Fälscher ist, dem Eisen den grauen Ton zu verleihen, der für orientalische und Mailänder Tausia- Arbeiten, für welche die Fälschungen in der Regel gelten sollen, charakteristisch ist. Die Fälscher begnügen sich auch gewöhnlich mit einer Bläuung oder einer rötlichen Färbung alla sanguigna, die häufig fleckig geraten ist. Die am wenigsten Geübten schwärzen das Stück durch Einlegen in heisse Asche.
Ein ergiebiges Feld für Fälscherkünste bieten getriebene Ar- beiten und überhaupt Reliefdarstellungen in Metall. Der ungemein vorgeschrittene Stand der Technik in heutiger Zeit stellt in dieser Hinsicht technische Hilfsmittel zur Verfügung, die das Original mit aller Treue wiedergeben. Für getriebene Arbeiten in Eisen wird der Guss in Weicheisen, sogenannter Weichguss, häufig angewendet, der selbst Nacharbeit mit dem Ziseliermeissel gestattet. Das Erzeugnis verrät sich freilich bei der ersten Probe durch sein im Verhältnis zur Masse übermässiges Gewicht. Ferner ist der Guss an den scharfen Kanten leicht zu erkennen, so dass es wunder nehmen muss, wenn Personen auf diese Weise thatsächlich getäuscht wurden. Schwieriger ist es, galvanoplastische Kopien von Originalen zu unter- scheiden, besonders, wenn die Umstände es nicht gestatten, die Rück- seiten der Reliefs zu untersuchen. Kann die Rückseite betrachtet werden, dann ist es ein Leichtes, die galvanische Ablagerung festzu- stellen; denn die Oberfläche ist in diesem Falle grieslich gestaltet und von Warzen bedeckt, die nur schwer ganz zu entfernen sind. Ist man lediglich auf die Prüfung der oberen Relieffläche angewiesen, dann kommt in Betracht, dass das galvanisch abgelagerte Metall einen grossen Härtegrad und eine gewisse Sprödigkeit besitzt und dass es sich in den vorspringenden Stellen immer dichter ablagert als in den tiefer gelegenen. Griffbestandteile und silberne Beschläge von orien- talischen Säbeln u. dgl. werden sehr häufig nachgegossen, und selbst Emails werden nachzuahmen versucht. Im transluziden Email ist eine Täuschung schwierig, weil das alte gewöhnlich nicht sehr rein und meist getrübt ist. Opake Flüsse in Weiss lassen sich leichter darstellen; die alten zeigen aber oft winzig kleine Blasenspuren, die an neueren fehlen. Altes Email, das ausgebrochen ist, lässt sich be- kanntlich nicht mehr im Feuer ersetzen, der Arbeiter muss hier so- genanntes kaltes Email zu Hilfe nehmen, eine harzige Masse, die in mässig heissem Zustande in die Zellen eingestrichen wird. Derlei
Boeheim, Waffenkunde. 37
1. Die Beurteilung der Echtheit und des Wertes der Waffen.
flachen Stücke Gold mit dem Grabstichel herausgehoben, er war daher nur kurz und hatte einen eckigen Querschnitt. Moderne Arbeiten sind mit gezogenem Golddraht geschlagen, die einzelnen Teile sind länger und heben sich bei nur einiger Nachhilfe leicht aus dem Grunde heraus. Unter dem Vergröſserungsglase ist zu erkennen, wie wenig der cylindrische Draht mit dem Grunde in Verbindung steht. Der Verfasser hat davon einige drastische Beispiele vor Augen ge- habt. Das Schwierigste aber für den Fälscher ist, dem Eisen den grauen Ton zu verleihen, der für orientalische und Mailänder Tausia- Arbeiten, für welche die Fälschungen in der Regel gelten sollen, charakteristisch ist. Die Fälscher begnügen sich auch gewöhnlich mit einer Bläuung oder einer rötlichen Färbung alla sanguigna, die häufig fleckig geraten ist. Die am wenigsten Geübten schwärzen das Stück durch Einlegen in heiſse Asche.
Ein ergiebiges Feld für Fälscherkünste bieten getriebene Ar- beiten und überhaupt Reliefdarstellungen in Metall. Der ungemein vorgeschrittene Stand der Technik in heutiger Zeit stellt in dieser Hinsicht technische Hilfsmittel zur Verfügung, die das Original mit aller Treue wiedergeben. Für getriebene Arbeiten in Eisen wird der Guſs in Weicheisen, sogenannter Weichguſs, häufig angewendet, der selbst Nacharbeit mit dem Ziseliermeiſsel gestattet. Das Erzeugnis verrät sich freilich bei der ersten Probe durch sein im Verhältnis zur Masse übermäſsiges Gewicht. Ferner ist der Guſs an den scharfen Kanten leicht zu erkennen, so daſs es wunder nehmen muſs, wenn Personen auf diese Weise thatsächlich getäuscht wurden. Schwieriger ist es, galvanoplastische Kopien von Originalen zu unter- scheiden, besonders, wenn die Umstände es nicht gestatten, die Rück- seiten der Reliefs zu untersuchen. Kann die Rückseite betrachtet werden, dann ist es ein Leichtes, die galvanische Ablagerung festzu- stellen; denn die Oberfläche ist in diesem Falle grieslich gestaltet und von Warzen bedeckt, die nur schwer ganz zu entfernen sind. Ist man lediglich auf die Prüfung der oberen Relieffläche angewiesen, dann kommt in Betracht, daſs das galvanisch abgelagerte Metall einen groſsen Härtegrad und eine gewisse Sprödigkeit besitzt und daſs es sich in den vorspringenden Stellen immer dichter ablagert als in den tiefer gelegenen. Griffbestandteile und silberne Beschläge von orien- talischen Säbeln u. dgl. werden sehr häufig nachgegossen, und selbst Emails werden nachzuahmen versucht. Im transluzíden Email ist eine Täuschung schwierig, weil das alte gewöhnlich nicht sehr rein und meist getrübt ist. Opake Flüsse in Weiſs lassen sich leichter darstellen; die alten zeigen aber oft winzig kleine Blasenspuren, die an neueren fehlen. Altes Email, das ausgebrochen ist, läſst sich be- kanntlich nicht mehr im Feuer ersetzen, der Arbeiter muſs hier so- genanntes kaltes Email zu Hilfe nehmen, eine harzige Masse, die in mäſsig heiſsem Zustande in die Zellen eingestrichen wird. Derlei
Boeheim, Waffenkunde. 37
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1. Die Beurteilung der Echtheit und des Wertes der Waffen.
flachen Stücke Gold mit dem Grabstichel herausgehoben, er war daher
nur kurz und hatte einen eckigen Querschnitt. Moderne Arbeiten
sind mit gezogenem Golddraht geschlagen, die einzelnen Teile sind
länger und heben sich bei nur einiger Nachhilfe leicht aus dem
Grunde heraus. Unter dem Vergröſserungsglase ist zu erkennen, wie
wenig der cylindrische Draht mit dem Grunde in Verbindung steht.
Der Verfasser hat davon einige drastische Beispiele vor Augen ge-
habt. Das Schwierigste aber für den Fälscher ist, dem Eisen den
grauen Ton zu verleihen, der für orientalische und Mailänder Tausia-
Arbeiten, für welche die Fälschungen in der Regel gelten sollen,
charakteristisch ist. Die Fälscher begnügen sich auch gewöhnlich mit
einer Bläuung oder einer rötlichen Färbung alla sanguigna, die häufig
fleckig geraten ist. Die am wenigsten Geübten schwärzen das Stück
durch Einlegen in heiſse Asche.
Ein ergiebiges Feld für Fälscherkünste bieten getriebene Ar-
beiten und überhaupt Reliefdarstellungen in Metall. Der ungemein
vorgeschrittene Stand der Technik in heutiger Zeit stellt in dieser
Hinsicht technische Hilfsmittel zur Verfügung, die das Original mit
aller Treue wiedergeben. Für getriebene Arbeiten in Eisen wird der
Guſs in Weicheisen, sogenannter Weichguſs, häufig angewendet, der
selbst Nacharbeit mit dem Ziseliermeiſsel gestattet. Das Erzeugnis
verrät sich freilich bei der ersten Probe durch sein im Verhältnis
zur Masse übermäſsiges Gewicht. Ferner ist der Guſs an den
scharfen Kanten leicht zu erkennen, so daſs es wunder nehmen muſs,
wenn Personen auf diese Weise thatsächlich getäuscht wurden.
Schwieriger ist es, galvanoplastische Kopien von Originalen zu unter-
scheiden, besonders, wenn die Umstände es nicht gestatten, die Rück-
seiten der Reliefs zu untersuchen. Kann die Rückseite betrachtet
werden, dann ist es ein Leichtes, die galvanische Ablagerung festzu-
stellen; denn die Oberfläche ist in diesem Falle grieslich gestaltet und
von Warzen bedeckt, die nur schwer ganz zu entfernen sind. Ist
man lediglich auf die Prüfung der oberen Relieffläche angewiesen, dann
kommt in Betracht, daſs das galvanisch abgelagerte Metall einen
groſsen Härtegrad und eine gewisse Sprödigkeit besitzt und daſs es
sich in den vorspringenden Stellen immer dichter ablagert als in den
tiefer gelegenen. Griffbestandteile und silberne Beschläge von orien-
talischen Säbeln u. dgl. werden sehr häufig nachgegossen, und selbst
Emails werden nachzuahmen versucht. Im transluzíden Email ist
eine Täuschung schwierig, weil das alte gewöhnlich nicht sehr rein
und meist getrübt ist. Opake Flüsse in Weiſs lassen sich leichter
darstellen; die alten zeigen aber oft winzig kleine Blasenspuren, die
an neueren fehlen. Altes Email, das ausgebrochen ist, läſst sich be-
kanntlich nicht mehr im Feuer ersetzen, der Arbeiter muſs hier so-
genanntes kaltes Email zu Hilfe nehmen, eine harzige Masse, die in
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/595>, abgerufen am 22.11.2024.
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