Ein wesentliches Begleitstück der deutschen Schallern bildete der an die Brust mittelst Federkloben befestigte Bart, welcher, wie erwähnt, die untere Hälfte des Gesichts bis an die Augen deckte. Vornehme trugen in Städten den Bart aus Leder gefertigt und mit Stoff überzogen. Um 1480 tragen deutsche Edelleute und auch Söldner schallernförmige Hauben, die aus einem Gerüste aus Blech- bändern bestanden, welche mit rauhem Plüsch oder Pelzwerk über- zogen wurden. In den Zeugbüchern des Kaisers Maximilian I. finden sie sich abgebildet*) mit und ohne Visiere. Ähnliche Hauben werden als "Gattert hirnhauben" in der Zahl von 400 in dem Inventar des Zeughauses zu Wien 1519**) angeführt mit der Bezeichnung "auf fuessknecht". In einem Bildkodex vom Schlosse Tetschen a. d. Elbe
[Abbildung]
Fig. 27.
Italienische Schallern eines Fussknechtes vom Anfange des 15. Jahrhunderts. Museo Poldi-Pezzoli in Mailand.
trägt eine solche aber auch ein Reiter mit den Gesichts- zügen Kaiser Maximilians.***) (Fig. 28a und b.)
Wenn auch den Angaben der älteren Schriftsteller und Chronisten insofern nicht im- mer zu trauen ist, dass sie mit dem Namen Saladen oder Schallern oft ganz ver- schiedenartige Helme belegen, ohne scharf zu unterscheiden, weil eben diese Bezeichnung allgemein wurde, wie bei- spielsweise der Name Pickel- haube heute für eine ganz andere als die ursprüngliche Helmform gebraucht wird; so ist doch die Schallern, wie der ihr verwandte Eisenhut in den deutschen Söldner- scharen, wie auch unter den Schweizern im 15. Jahrhundert all- gemein im Gebrauch gestanden. In Frankreich führten sie unter Karl VII. die königlichen Bogenschützen, von Ludwig XI. an auch die leichten Reiter. Als Kopfbedeckung der Chevauxlegers erhält sie sich bis in die Zeit Ludwigs XIII. Maximilian I. bezeichnet die wällische Schallern in seinem Memorienbuche von 1502 als Aus- rüstungsstück für den Büchsenschützen zu Ross, also wieder für den leichten Reiter. Häufig findet sich die Bezeichnung "Lucchesische
*) Bibliothek der kunsthist. Sammlungen des kaiserlichen Hauses. Wien.
**) Reichsfinanzarchiv in Wien. Fasz. 31.
***) Grfl. Thun-Hohensteinsche Fideikommiss-Bibliothek in Schloss Tetschen a. d. Elbe.
I. Die Schutzwaffen.
Ein wesentliches Begleitstück der deutschen Schallern bildete der an die Brust mittelst Federkloben befestigte Bart, welcher, wie erwähnt, die untere Hälfte des Gesichts bis an die Augen deckte. Vornehme trugen in Städten den Bart aus Leder gefertigt und mit Stoff überzogen. Um 1480 tragen deutsche Edelleute und auch Söldner schallernförmige Hauben, die aus einem Gerüste aus Blech- bändern bestanden, welche mit rauhem Plüsch oder Pelzwerk über- zogen wurden. In den Zeugbüchern des Kaisers Maximilian I. finden sie sich abgebildet*) mit und ohne Visiere. Ähnliche Hauben werden als „Gattert hirnhauben“ in der Zahl von 400 in dem Inventar des Zeughauses zu Wien 1519**) angeführt mit der Bezeichnung „auf fueſsknecht“. In einem Bildkodex vom Schlosse Tetschen a. d. Elbe
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Fig. 27.
Italienische Schallern eines Fuſsknechtes vom Anfange des 15. Jahrhunderts. Museo Poldi-Pezzoli in Mailand.
trägt eine solche aber auch ein Reiter mit den Gesichts- zügen Kaiser Maximilians.***) (Fig. 28a und b.)
Wenn auch den Angaben der älteren Schriftsteller und Chronisten insofern nicht im- mer zu trauen ist, daſs sie mit dem Namen Saladen oder Schallern oft ganz ver- schiedenartige Helme belegen, ohne scharf zu unterscheiden, weil eben diese Bezeichnung allgemein wurde, wie bei- spielsweise der Name Pickel- haube heute für eine ganz andere als die ursprüngliche Helmform gebraucht wird; so ist doch die Schallern, wie der ihr verwandte Eisenhut in den deutschen Söldner- scharen, wie auch unter den Schweizern im 15. Jahrhundert all- gemein im Gebrauch gestanden. In Frankreich führten sie unter Karl VII. die königlichen Bogenschützen, von Ludwig XI. an auch die leichten Reiter. Als Kopfbedeckung der Chevauxlegers erhält sie sich bis in die Zeit Ludwigs XIII. Maximilian I. bezeichnet die wällische Schallern in seinem Memorienbuche von 1502 als Aus- rüstungsstück für den Büchsenschützen zu Roſs, also wieder für den leichten Reiter. Häufig findet sich die Bezeichnung „Lucchesische
*) Bibliothek der kunsthist. Sammlungen des kaiserlichen Hauses. Wien.
**) Reichsfinanzarchiv in Wien. Fasz. 31.
***) Grfl. Thun-Hohensteinsche Fideikommiſs-Bibliothek in Schloſs Tetschen a. d. Elbe.
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I. Die Schutzwaffen.
Ein wesentliches Begleitstück der deutschen Schallern bildete
der an die Brust mittelst Federkloben befestigte Bart, welcher, wie
erwähnt, die untere Hälfte des Gesichts bis an die Augen deckte.
Vornehme trugen in Städten den Bart aus Leder gefertigt und mit
Stoff überzogen. Um 1480 tragen deutsche Edelleute und auch
Söldner schallernförmige Hauben, die aus einem Gerüste aus Blech-
bändern bestanden, welche mit rauhem Plüsch oder Pelzwerk über-
zogen wurden. In den Zeugbüchern des Kaisers Maximilian I. finden
sie sich abgebildet *) mit und ohne Visiere. Ähnliche Hauben werden
als „Gattert hirnhauben“ in der Zahl von 400 in dem Inventar
des Zeughauses zu Wien 1519 **) angeführt mit der Bezeichnung „auf
fueſsknecht“. In einem Bildkodex vom Schlosse Tetschen a. d. Elbe
[Abbildung Fig. 27. Italienische Schallern eines
Fuſsknechtes vom Anfange des 15. Jahrhunderts.
Museo Poldi-Pezzoli in Mailand.]
trägt eine solche aber auch
ein Reiter mit den Gesichts-
zügen Kaiser Maximilians. ***)
(Fig. 28a und b.)
Wenn auch den Angaben
der älteren Schriftsteller und
Chronisten insofern nicht im-
mer zu trauen ist, daſs sie
mit dem Namen Saladen
oder Schallern oft ganz ver-
schiedenartige Helme belegen,
ohne scharf zu unterscheiden,
weil eben diese Bezeichnung
allgemein wurde, wie bei-
spielsweise der Name Pickel-
haube heute für eine ganz
andere als die ursprüngliche
Helmform gebraucht wird;
so ist doch die Schallern, wie
der ihr verwandte Eisenhut
in den deutschen Söldner-
scharen, wie auch unter den Schweizern im 15. Jahrhundert all-
gemein im Gebrauch gestanden. In Frankreich führten sie unter
Karl VII. die königlichen Bogenschützen, von Ludwig XI. an auch
die leichten Reiter. Als Kopfbedeckung der Chevauxlegers erhält
sie sich bis in die Zeit Ludwigs XIII. Maximilian I. bezeichnet die
wällische Schallern in seinem Memorienbuche von 1502 als Aus-
rüstungsstück für den Büchsenschützen zu Roſs, also wieder für den
leichten Reiter. Häufig findet sich die Bezeichnung „Lucchesische
*) Bibliothek der kunsthist. Sammlungen des kaiserlichen Hauses. Wien.
**) Reichsfinanzarchiv in Wien. Fasz. 31.
***) Grfl. Thun-Hohensteinsche Fideikommiſs-Bibliothek in Schloſs Tetschen
a. d. Elbe.
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/58>, abgerufen am 24.11.2024.
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