des Mittelalters streift, des ungarischen Turniers. Merken wir schon im Frauendienst, dass die Sucht, sich zu maskieren nach ita- lienischer Sitte, im 13. Jahrhundert bis zur Geschmacklosigkeit über- handgenommen hatte, so sehen wir, wie der Hang zum Theatra- lischen im Waffenspiele auch in den folgenden Zeiten lebendig ist. Auf die Bewaffnung haben diese aufgeputzten Turniere wenig Einfluss gehabt. Nur auf den ungarischen Turnieren, die um 1550 Erzherzog Ferdinand von Tirol in Böhmen, und Kurfürst August I. in Dresden veranstaltete, werden statt der Stechtartschen ungarische Tartschen be- nutzt, daneben ungarische Säbel, die nur als Zierde dienten, aber
[Abbildung]
Fig. 643.
Stechkissen aus dem Besitze des Kaisers Maximilians I. 15. Jahrhundert, Ende. Im kais. Schlosse Ambras bei Innsbruck auf- gefunden.
auch eine Art Sporen, die "ungarischen" genannt, von übertriebener Grösse und Schwere. (Fig. 646.)
Hatte das Gestech noch so viel ehrwürdiges an sich, dass sich kein Turniergenoss wesentliche Abänderungen an seinen althergebrachten Regeln erlaubte, so war das bei der jüngeren Turnierart des Rennens ganz anders, ja hier suchte man zur Erhöhung des Vergnügens, je nach Laune und Gefallen, Ausrüstung und Gebrauch zu verändern.
III. Die Turnierwaffen.
des Mittelalters streift, des ungarischen Turniers. Merken wir schon im Frauendienst, daſs die Sucht, sich zu maskieren nach ita- lienischer Sitte, im 13. Jahrhundert bis zur Geschmacklosigkeit über- handgenommen hatte, so sehen wir, wie der Hang zum Theatra- lischen im Waffenspiele auch in den folgenden Zeiten lebendig ist. Auf die Bewaffnung haben diese aufgeputzten Turniere wenig Einfluſs gehabt. Nur auf den ungarischen Turnieren, die um 1550 Erzherzog Ferdinand von Tirol in Böhmen, und Kurfürst August I. in Dresden veranstaltete, werden statt der Stechtartschen ungarische Tartschen be- nutzt, daneben ungarische Säbel, die nur als Zierde dienten, aber
[Abbildung]
Fig. 643.
Stechkissen aus dem Besitze des Kaisers Maximilians I. 15. Jahrhundert, Ende. Im kais. Schlosse Ambras bei Innsbruck auf- gefunden.
auch eine Art Sporen, die „ungarischen“ genannt, von übertriebener Gröſse und Schwere. (Fig. 646.)
Hatte das Gestech noch so viel ehrwürdiges an sich, daſs sich kein Turniergenoſs wesentliche Abänderungen an seinen althergebrachten Regeln erlaubte, so war das bei der jüngeren Turnierart des Rennens ganz anders, ja hier suchte man zur Erhöhung des Vergnügens, je nach Laune und Gefallen, Ausrüstung und Gebrauch zu verändern.
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III. Die Turnierwaffen.
des Mittelalters streift, des ungarischen Turniers. Merken wir
schon im Frauendienst, daſs die Sucht, sich zu maskieren nach ita-
lienischer Sitte, im 13. Jahrhundert bis zur Geschmacklosigkeit über-
handgenommen hatte, so sehen wir, wie der Hang zum Theatra-
lischen im Waffenspiele auch in den folgenden Zeiten lebendig ist.
Auf die Bewaffnung haben diese aufgeputzten Turniere wenig Einfluſs
gehabt. Nur auf den ungarischen Turnieren, die um 1550 Erzherzog
Ferdinand von Tirol in Böhmen, und Kurfürst August I. in Dresden
veranstaltete, werden statt der Stechtartschen ungarische Tartschen be-
nutzt, daneben ungarische Säbel, die nur als Zierde dienten, aber
[Abbildung Fig. 643. Stechkissen aus dem Besitze des Kaisers Maximilians I.
15. Jahrhundert, Ende. Im kais. Schlosse Ambras bei Innsbruck auf-
gefunden.]
auch eine Art Sporen, die „ungarischen“ genannt, von übertriebener
Gröſse und Schwere. (Fig. 646.)
Hatte das Gestech noch so viel ehrwürdiges an sich, daſs sich
kein Turniergenoſs wesentliche Abänderungen an seinen althergebrachten
Regeln erlaubte, so war das bei der jüngeren Turnierart des Rennens
ganz anders, ja hier suchte man zur Erhöhung des Vergnügens, je
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/573>, abgerufen am 22.11.2024.
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