Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite
1. Der Helm.

Die italienische Schallern ist von der deutschen erheblich ver-
schieden. Erstere hat in lebhafterer Erinnerung an die Antike mehr
die Form eines römischen oder griechischen Helmes, manche mit
schmalen Ausschnitten für Nase und Augen, gleich den Hopliten-
helmen, wie die venetianische Schallern. Die deutsche Schallern ist
im Nacken weit nach rückwärts gezogen und besitzt zuweilen auch
seitlich weit abstehende Wände. Das Gesicht ist mit einem auf-
schlächtigen Visier gedeckt, welches einen Sehspalt besitzt, dessen
Unterrand so weit vorragt, dass ein Hieb oder Schlag nicht bis ans
Auge dringen kann. Um 1500 erscheinen die Nackenschirme
geschoben. Die deutschen Schallern verschwinden schon vollends

[Abbildung] Fig. 25.

Italienische, sogenannte lucchesische Schallern
mit getriebenen und vergoldeten Verzierungen. Die dargestellte Binde
ist mit Spitzen besetzt und mit geätzten Minuskelbuchstaben geziert,
die, unlesbar, nur als Dekorationdienen. 15, Jahrhundert Ende. Museum
zu Zarskoe-Selo.

[Abbildung] Fig. 26.

Deutsche Schallern mit aufschlächtigem Visier von
einem Harnische des Erzherzogs Sigmund von Tirol. Der Rand ist
mit verzierten Messingstreifen geziert. Der zugehörige Bart, welcher am
Bruststück haftet und einmal abschlächtig ist, wurde in der Figur an-
gedeutet.

um 1520, die italienischen erhalten sich das ganze 16. Jahrhundert
hindurch. Die Schallern waren nicht immer von Eisen gefertigt.
In der Schlacht bei Azincourt 1415 waren nach dem Berichte eines
Augenzeugen derselben, Saint-Remy, die berühmten englischen Bogen-
schützen mit capelines (Saladen) von gesottenem Leder (cuir bouilli)
ausgerüstet.


1. Der Helm.

Die italienische Schallern ist von der deutschen erheblich ver-
schieden. Erstere hat in lebhafterer Erinnerung an die Antike mehr
die Form eines römischen oder griechischen Helmes, manche mit
schmalen Ausschnitten für Nase und Augen, gleich den Hopliten-
helmen, wie die venetianische Schallern. Die deutsche Schallern ist
im Nacken weit nach rückwärts gezogen und besitzt zuweilen auch
seitlich weit abstehende Wände. Das Gesicht ist mit einem auf-
schlächtigen Visier gedeckt, welches einen Sehspalt besitzt, dessen
Unterrand so weit vorragt, daſs ein Hieb oder Schlag nicht bis ans
Auge dringen kann. Um 1500 erscheinen die Nackenschirme
geschoben. Die deutschen Schallern verschwinden schon vollends

[Abbildung] Fig. 25.

Italienische, sogenannte lucchesische Schallern
mit getriebenen und vergoldeten Verzierungen. Die dargestellte Binde
ist mit Spitzen besetzt und mit geätzten Minuskelbuchstaben geziert,
die, unlesbar, nur als Dekorationdienen. 15, Jahrhundert Ende. Museum
zu Zarskoë-Selo.

[Abbildung] Fig. 26.

Deutsche Schallern mit aufschlächtigem Visier von
einem Harnische des Erzherzogs Sigmund von Tirol. Der Rand ist
mit verzierten Messingstreifen geziert. Der zugehörige Bart, welcher am
Bruststück haftet und einmal abschlächtig ist, wurde in der Figur an-
gedeutet.

um 1520, die italienischen erhalten sich das ganze 16. Jahrhundert
hindurch. Die Schallern waren nicht immer von Eisen gefertigt.
In der Schlacht bei Azincourt 1415 waren nach dem Berichte eines
Augenzeugen derselben, Saint-Remy, die berühmten englischen Bogen-
schützen mit capelines (Saladen) von gesottenem Leder (cuir bouilli)
ausgerüstet.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0057" n="39"/>
          <fw place="top" type="header">1. Der Helm.</fw><lb/>
          <p>Die italienische Schallern ist von der deutschen erheblich ver-<lb/>
schieden. Erstere hat in lebhafterer Erinnerung an die Antike mehr<lb/>
die Form eines römischen oder griechischen Helmes, manche mit<lb/>
schmalen Ausschnitten für Nase und Augen, gleich den Hopliten-<lb/>
helmen, wie die venetianische Schallern. Die deutsche Schallern ist<lb/>
im Nacken weit nach rückwärts gezogen und besitzt zuweilen auch<lb/>
seitlich weit abstehende Wände. Das Gesicht ist mit einem auf-<lb/>
schlächtigen Visier gedeckt, welches einen <hi rendition="#g">Sehspalt</hi> besitzt, dessen<lb/>
Unterrand so weit vorragt, da&#x017F;s ein Hieb oder Schlag nicht bis ans<lb/>
Auge dringen kann. Um 1500 erscheinen die <hi rendition="#g">Nackenschirme</hi><lb/>
geschoben. Die deutschen Schallern verschwinden schon vollends<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 25.</head><p><hi rendition="#g">Italienische</hi>, sogenannte <hi rendition="#g">lucchesische Schallern</hi><lb/>
mit getriebenen und vergoldeten Verzierungen. Die dargestellte Binde<lb/>
ist mit Spitzen besetzt und mit geätzten Minuskelbuchstaben geziert,<lb/>
die, unlesbar, nur als Dekorationdienen. 15, Jahrhundert Ende. Museum<lb/>
zu Zarskoë-Selo.</p></figure><lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 26.</head><p><hi rendition="#g">Deutsche Schallern</hi> mit aufschlächtigem Visier von<lb/>
einem Harnische des Erzherzogs <hi rendition="#g">Sigmund von Tirol</hi>. Der Rand ist<lb/>
mit verzierten Messingstreifen geziert. Der zugehörige Bart, welcher am<lb/>
Bruststück haftet und einmal abschlächtig ist, wurde in der Figur an-<lb/>
gedeutet.</p></figure><lb/>
um 1520, die italienischen erhalten sich das ganze 16. Jahrhundert<lb/>
hindurch. Die Schallern waren nicht immer von Eisen gefertigt.<lb/>
In der Schlacht bei Azincourt 1415 waren nach dem Berichte eines<lb/>
Augenzeugen derselben, Saint-Remy, die berühmten englischen Bogen-<lb/>
schützen mit capelines (Saladen) von gesottenem Leder (cuir bouilli)<lb/>
ausgerüstet.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0057] 1. Der Helm. Die italienische Schallern ist von der deutschen erheblich ver- schieden. Erstere hat in lebhafterer Erinnerung an die Antike mehr die Form eines römischen oder griechischen Helmes, manche mit schmalen Ausschnitten für Nase und Augen, gleich den Hopliten- helmen, wie die venetianische Schallern. Die deutsche Schallern ist im Nacken weit nach rückwärts gezogen und besitzt zuweilen auch seitlich weit abstehende Wände. Das Gesicht ist mit einem auf- schlächtigen Visier gedeckt, welches einen Sehspalt besitzt, dessen Unterrand so weit vorragt, daſs ein Hieb oder Schlag nicht bis ans Auge dringen kann. Um 1500 erscheinen die Nackenschirme geschoben. Die deutschen Schallern verschwinden schon vollends [Abbildung Fig. 25. Italienische, sogenannte lucchesische Schallern mit getriebenen und vergoldeten Verzierungen. Die dargestellte Binde ist mit Spitzen besetzt und mit geätzten Minuskelbuchstaben geziert, die, unlesbar, nur als Dekorationdienen. 15, Jahrhundert Ende. Museum zu Zarskoë-Selo.] [Abbildung Fig. 26. Deutsche Schallern mit aufschlächtigem Visier von einem Harnische des Erzherzogs Sigmund von Tirol. Der Rand ist mit verzierten Messingstreifen geziert. Der zugehörige Bart, welcher am Bruststück haftet und einmal abschlächtig ist, wurde in der Figur an- gedeutet.] um 1520, die italienischen erhalten sich das ganze 16. Jahrhundert hindurch. Die Schallern waren nicht immer von Eisen gefertigt. In der Schlacht bei Azincourt 1415 waren nach dem Berichte eines Augenzeugen derselben, Saint-Remy, die berühmten englischen Bogen- schützen mit capelines (Saladen) von gesottenem Leder (cuir bouilli) ausgerüstet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/57
Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/57>, abgerufen am 25.11.2024.