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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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III. Die Turnierwaffen.
des Rosses bis zu den Nüstern einhüllte. Auf den Vorderteil des
Kopfes wurde sodann die Blendstirne (Fig. 640), aus starkem Eisen-
blech, geschnallt, die, ohne Augenlöcher, die Augen des Rosses voll-
ständig deckte, "blendt und thört", wie der Fachausdruck lautete.
Das Blenden des Rosses war eine Vorsicht, um beim Anrennen das
Stutzigwerden oder Ausbrechen des Tieres zu verhindern, da andern-
falls ein sicheres Treffen des Zielpunktes unmöglich geworden wäre.
Das älteste Beispiel einer geblendeten Rossstirne findet G. Demay in
einem Siegel Johannes' I. von Lothringen von 1367.*)

Im folgenden beschreiben wir die vollständigen Ausrüstungen zu
den verschiedenen Gattungen des Gesteches, des Rennens und
des Turniers, wobei wir des besseren Verständnisses halber den
jeweilig beabsichtigten Effekt ins Auge fassen wollen.

[Abbildung] Fig. 635.

Brechschild zu einem Rennzeuge, blank und gekehlt.
a. Vorderseite.
b. Rück- oder innere Seite mit dem Griffhaken.

Das deutsche Gestech teilt sich im allgemeinen in drei ver-
schiedene Hauptgattungen; in das Gestech im hohen Zeug, in
das gemeindeutsche Gestech und in das Gestech im Bein-
harnisch
.

Im Gestech im hohen Zeug bedient sich der Stecher des
beschriebenen Stechzeuges. Die Beine sind ungeharnischt, die Füsse
stecken in schweren, vorne und an den Knöcheln stark gepolsterten,

*) G. Demay, Le costume au moyen-age d'apres les sceaux. Paris, 1880.

III. Die Turnierwaffen.
des Rosses bis zu den Nüstern einhüllte. Auf den Vorderteil des
Kopfes wurde sodann die Blendstirne (Fig. 640), aus starkem Eisen-
blech, geschnallt, die, ohne Augenlöcher, die Augen des Rosses voll-
ständig deckte, „blendt und thört“, wie der Fachausdruck lautete.
Das Blenden des Rosses war eine Vorsicht, um beim Anrennen das
Stutzigwerden oder Ausbrechen des Tieres zu verhindern, da andern-
falls ein sicheres Treffen des Zielpunktes unmöglich geworden wäre.
Das älteste Beispiel einer geblendeten Roſsstirne findet G. Demay in
einem Siegel Johannes’ I. von Lothringen von 1367.*)

Im folgenden beschreiben wir die vollständigen Ausrüstungen zu
den verschiedenen Gattungen des Gesteches, des Rennens und
des Turniers, wobei wir des besseren Verständnisses halber den
jeweilig beabsichtigten Effekt ins Auge fassen wollen.

[Abbildung] Fig. 635.

Brechschild zu einem Rennzeuge, blank und gekehlt.
a. Vorderseite.
b. Rück- oder innere Seite mit dem Griffhaken.

Das deutsche Gestech teilt sich im allgemeinen in drei ver-
schiedene Hauptgattungen; in das Gestech im hohen Zeug, in
das gemeindeutsche Gestech und in das Gestech im Bein-
harnisch
.

Im Gestech im hohen Zeug bedient sich der Stecher des
beschriebenen Stechzeuges. Die Beine sind ungeharnischt, die Füſse
stecken in schweren, vorne und an den Knöcheln stark gepolsterten,

*) G. Demay, Le costume au moyen-âge d’après les sceaux. Paris, 1880.
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[549/0567] III. Die Turnierwaffen. des Rosses bis zu den Nüstern einhüllte. Auf den Vorderteil des Kopfes wurde sodann die Blendstirne (Fig. 640), aus starkem Eisen- blech, geschnallt, die, ohne Augenlöcher, die Augen des Rosses voll- ständig deckte, „blendt und thört“, wie der Fachausdruck lautete. Das Blenden des Rosses war eine Vorsicht, um beim Anrennen das Stutzigwerden oder Ausbrechen des Tieres zu verhindern, da andern- falls ein sicheres Treffen des Zielpunktes unmöglich geworden wäre. Das älteste Beispiel einer geblendeten Roſsstirne findet G. Demay in einem Siegel Johannes’ I. von Lothringen von 1367. *) Im folgenden beschreiben wir die vollständigen Ausrüstungen zu den verschiedenen Gattungen des Gesteches, des Rennens und des Turniers, wobei wir des besseren Verständnisses halber den jeweilig beabsichtigten Effekt ins Auge fassen wollen. [Abbildung Fig. 635. Brechschild zu einem Rennzeuge, blank und gekehlt. a. Vorderseite. b. Rück- oder innere Seite mit dem Griffhaken. ] Das deutsche Gestech teilt sich im allgemeinen in drei ver- schiedene Hauptgattungen; in das Gestech im hohen Zeug, in das gemeindeutsche Gestech und in das Gestech im Bein- harnisch. Im Gestech im hohen Zeug bedient sich der Stecher des beschriebenen Stechzeuges. Die Beine sind ungeharnischt, die Füſse stecken in schweren, vorne und an den Knöcheln stark gepolsterten, *) G. Demay, Le costume au moyen-âge d’après les sceaux. Paris, 1880.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/567>, abgerufen am 22.11.2024.