Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Die Angriffswaffen.
Kriegswesens, wodurch auch die Fahnen in ihrer Form und Ver-
teilung wesentliche Änderungen erfuhren. Die Reiterei, die alten
Traditionen bewahrend, blieb den alten Formen mit Zähigkeit zuge-
than. Das Regiment, bestehend aus adligen Kürissern und aus Rei-
sigen, wurde in 3--4 Abteilungen, Fahnen genannt, geteilt. Vor
jeder Fahne ritt deren Hauptmann mit dem Rennfähnrich (cornet),
der die Rennfahne trug. Bei den Fusstruppen, den Landsknechten,
Schweizern etc., hatte sich eine eigene Organisation entwickelt. Das
Regiment führte die Hauptfahne und jedes seiner einzelnen Ab-
teilungen kleinere Fahnen, Fähnlein genannt; dem Heerführer wurde
das Banner vorangetragen. Bei den Fussregimentern, welche in jener
[Abbildung] Fig. 600.

Rennfähnlein des Ritters Döring von Eptingen,
gefunden auf dem Schlachtfelde von Sempach. 1386.

Zeit, ihre Wichtigkeit fühlend, sehr zu Übertreibungen geneigt waren,
waren alle Fahnen von einer manchmal staunenswerten Dimension,
was die Ausdehnung des Blattes betrifft; dafür war die Stange so
kurz, dass sie unterhalb nur soweit hervorragte, dass der Fähnrich im
stande war, sie mit beiden Händen anzufassen. Sie zu tragen und im
Gefechte zu schwingen, war eine längere Einübung unerlässlich. Jede
Fahne war von einer Schar auserlesener Landsknechte umgeben, welche
mit mächtigen zweihändigen Schwertern, Bidenhandern, Schlacht-
schwerter genannt, bewaffnet waren. Ihnen zunächst schritten die
Trommler und Pfeifer, das sogenannte Feldspiel. (Fig. 601.)


II. Die Angriffswaffen.
Kriegswesens, wodurch auch die Fahnen in ihrer Form und Ver-
teilung wesentliche Änderungen erfuhren. Die Reiterei, die alten
Traditionen bewahrend, blieb den alten Formen mit Zähigkeit zuge-
than. Das Regiment, bestehend aus adligen Kürissern und aus Rei-
sigen, wurde in 3—4 Abteilungen, Fahnen genannt, geteilt. Vor
jeder Fahne ritt deren Hauptmann mit dem Rennfähnrich (cornet),
der die Rennfahne trug. Bei den Fuſstruppen, den Landsknechten,
Schweizern etc., hatte sich eine eigene Organisation entwickelt. Das
Regiment führte die Hauptfahne und jedes seiner einzelnen Ab-
teilungen kleinere Fahnen, Fähnlein genannt; dem Heerführer wurde
das Banner vorangetragen. Bei den Fuſsregimentern, welche in jener
[Abbildung] Fig. 600.

Rennfähnlein des Ritters Döring von Eptingen,
gefunden auf dem Schlachtfelde von Sempach. 1386.

Zeit, ihre Wichtigkeit fühlend, sehr zu Übertreibungen geneigt waren,
waren alle Fahnen von einer manchmal staunenswerten Dimension,
was die Ausdehnung des Blattes betrifft; dafür war die Stange so
kurz, daſs sie unterhalb nur soweit hervorragte, daſs der Fähnrich im
stande war, sie mit beiden Händen anzufassen. Sie zu tragen und im
Gefechte zu schwingen, war eine längere Einübung unerläſslich. Jede
Fahne war von einer Schar auserlesener Landsknechte umgeben, welche
mit mächtigen zweihändigen Schwertern, Bidenhandern, Schlacht-
schwerter genannt, bewaffnet waren. Ihnen zunächst schritten die
Trommler und Pfeifer, das sogenannte Feldspiel. (Fig. 601.)


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0526" n="508"/><fw place="top" type="header">II. Die Angriffswaffen.</fw><lb/>
Kriegswesens, wodurch auch die Fahnen in ihrer Form und Ver-<lb/>
teilung wesentliche Änderungen erfuhren. Die Reiterei, die alten<lb/>
Traditionen bewahrend, blieb den alten Formen mit Zähigkeit zuge-<lb/>
than. Das Regiment, bestehend aus adligen Kürissern und aus Rei-<lb/>
sigen, wurde in 3&#x2014;4 Abteilungen, Fahnen genannt, geteilt. Vor<lb/>
jeder Fahne ritt deren Hauptmann mit dem Rennfähnrich (cornet),<lb/>
der die Rennfahne trug. Bei den Fu&#x017F;struppen, den Landsknechten,<lb/>
Schweizern etc., hatte sich eine eigene Organisation entwickelt. Das<lb/>
Regiment führte die Hauptfahne und jedes seiner einzelnen Ab-<lb/>
teilungen kleinere Fahnen, Fähnlein genannt; dem Heerführer wurde<lb/>
das Banner vorangetragen. Bei den Fu&#x017F;sregimentern, welche in jener<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 600.</head><p><hi rendition="#g">Rennfähnlein</hi> des Ritters <hi rendition="#g">Döring von Eptingen</hi>,<lb/>
gefunden auf dem Schlachtfelde von Sempach. 1386.</p></figure><lb/>
Zeit, ihre Wichtigkeit fühlend, sehr zu Übertreibungen geneigt waren,<lb/>
waren alle Fahnen von einer manchmal staunenswerten Dimension,<lb/>
was die Ausdehnung des Blattes betrifft; dafür war die Stange so<lb/>
kurz, da&#x017F;s sie unterhalb nur soweit hervorragte, da&#x017F;s der Fähnrich im<lb/>
stande war, sie mit beiden Händen anzufassen. Sie zu tragen und im<lb/>
Gefechte zu schwingen, war eine längere Einübung unerlä&#x017F;slich. Jede<lb/>
Fahne war von einer Schar auserlesener Landsknechte umgeben, welche<lb/>
mit mächtigen zweihändigen Schwertern, Bidenhandern, Schlacht-<lb/>
schwerter genannt, bewaffnet waren. Ihnen zunächst schritten die<lb/>
Trommler und Pfeifer, das sogenannte Feldspiel. (Fig. 601.)</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[508/0526] II. Die Angriffswaffen. Kriegswesens, wodurch auch die Fahnen in ihrer Form und Ver- teilung wesentliche Änderungen erfuhren. Die Reiterei, die alten Traditionen bewahrend, blieb den alten Formen mit Zähigkeit zuge- than. Das Regiment, bestehend aus adligen Kürissern und aus Rei- sigen, wurde in 3—4 Abteilungen, Fahnen genannt, geteilt. Vor jeder Fahne ritt deren Hauptmann mit dem Rennfähnrich (cornet), der die Rennfahne trug. Bei den Fuſstruppen, den Landsknechten, Schweizern etc., hatte sich eine eigene Organisation entwickelt. Das Regiment führte die Hauptfahne und jedes seiner einzelnen Ab- teilungen kleinere Fahnen, Fähnlein genannt; dem Heerführer wurde das Banner vorangetragen. Bei den Fuſsregimentern, welche in jener [Abbildung Fig. 600. Rennfähnlein des Ritters Döring von Eptingen, gefunden auf dem Schlachtfelde von Sempach. 1386.] Zeit, ihre Wichtigkeit fühlend, sehr zu Übertreibungen geneigt waren, waren alle Fahnen von einer manchmal staunenswerten Dimension, was die Ausdehnung des Blattes betrifft; dafür war die Stange so kurz, daſs sie unterhalb nur soweit hervorragte, daſs der Fähnrich im stande war, sie mit beiden Händen anzufassen. Sie zu tragen und im Gefechte zu schwingen, war eine längere Einübung unerläſslich. Jede Fahne war von einer Schar auserlesener Landsknechte umgeben, welche mit mächtigen zweihändigen Schwertern, Bidenhandern, Schlacht- schwerter genannt, bewaffnet waren. Ihnen zunächst schritten die Trommler und Pfeifer, das sogenannte Feldspiel. (Fig. 601.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/526
Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/526>, abgerufen am 22.11.2024.