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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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D. Die Fernwaffen. 4. Die Feuerwaffen.
um 1450 bereits die Elemente für ein geordnetes Geschützsystem
vorhanden waren, wie sie sich aus der Praxis von selbst ergaben.
Eine Regelung des Geschützwesens erfolgte erst am Beginne des
16. Jahrhunderts, sie nahm ihre Wege gleichzeitig von Deutschland
und von Italien aus.

Die ältesten Feuerwerksbücher, die zahlreich unter den alten
Büchsenmeistern in Abschriften verbreitet waren, beschäftigen sich
gelegentlich mit Vorrichtungen, eine grössere Feuergeschwindigkeit zu
erzielen. Viele der vorgeschlagenen Mittel sind unausführbare Projekte,
wie das Ellenbogengeschütz u. a. Doch findet man auch zahlreiche
anwendbare Konstruktionen, die auch gewiss praktisch verwertet wurden;
dazu sind die auf drehbaren Scheiben ruhenden kurzen Rohre, die
zwei- und dreifachen Rohre, die auf vertikalen Rädern angeordneten
Pöller u. a. zu zählen. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts treten
die Orgelgeschütze auf, die noch unter Kaiser Maximilian I. in den

[Abbildung] Fig. 515.

Der grosse Steinmörser von geschmiedetem Eisen
mit 88.2 cm. Durchmesser, bekannt unter dem Namen: "Der grosse
Pumhart von Steyr". Um 1350. K. u. k. Heeresmuseum in Wien.
Nach Dolleczek.

Zeughäusern vorrätig sind. Ein solches Orgelgeschütz (Totenorgel)
besitzt 40 Rohre, die auf einem zweiräderigen Karren bewegt werden.
(Fig. 516.) Später ist die Zahl und Anordnung der Rohre bei gleichem
System verschieden, sie sind entweder in der Reihe oder in Bündeln
gruppiert. Die Abfeuerung geschieht entweder mit gemeinsamer Zünd-
pfanne oder mittelst der Lunte einzeln. Ihre Verwendung war immer
eine beschränkte und wurde im 15. Jahrhundert ganz richtig be-
urteilt. In einem Kodex von 1488 heisst es: "und man sol sy prau-
chen vnter die thor und wo der feyndt zum sturm liefen mag, auch

D. Die Fernwaffen. 4. Die Feuerwaffen.
um 1450 bereits die Elemente für ein geordnetes Geschützsystem
vorhanden waren, wie sie sich aus der Praxis von selbst ergaben.
Eine Regelung des Geschützwesens erfolgte erst am Beginne des
16. Jahrhunderts, sie nahm ihre Wege gleichzeitig von Deutschland
und von Italien aus.

Die ältesten Feuerwerksbücher, die zahlreich unter den alten
Büchsenmeistern in Abschriften verbreitet waren, beschäftigen sich
gelegentlich mit Vorrichtungen, eine gröſsere Feuergeschwindigkeit zu
erzielen. Viele der vorgeschlagenen Mittel sind unausführbare Projekte,
wie das Ellenbogengeschütz u. a. Doch findet man auch zahlreiche
anwendbare Konstruktionen, die auch gewiſs praktisch verwertet wurden;
dazu sind die auf drehbaren Scheiben ruhenden kurzen Rohre, die
zwei- und dreifachen Rohre, die auf vertikalen Rädern angeordneten
Pöller u. a. zu zählen. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts treten
die Orgelgeschütze auf, die noch unter Kaiser Maximilian I. in den

[Abbildung] Fig. 515.

Der groſse Steinmörser von geschmiedetem Eisen
mit 88.2 cm. Durchmesser, bekannt unter dem Namen: „Der groſse
Pumhart von Steyr“. Um 1350. K. u. k. Heeresmuseum in Wien.
Nach Dolleczek.

Zeughäusern vorrätig sind. Ein solches Orgelgeschütz (Totenorgel)
besitzt 40 Rohre, die auf einem zweiräderigen Karren bewegt werden.
(Fig. 516.) Später ist die Zahl und Anordnung der Rohre bei gleichem
System verschieden, sie sind entweder in der Reihe oder in Bündeln
gruppiert. Die Abfeuerung geschieht entweder mit gemeinsamer Zünd-
pfanne oder mittelst der Lunte einzeln. Ihre Verwendung war immer
eine beschränkte und wurde im 15. Jahrhundert ganz richtig be-
urteilt. In einem Kodex von 1488 heiſst es: „und man sol sy prau-
chen vnter die thor und wo der feyndt zum sturm liefen mag, auch

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[437/0455] D. Die Fernwaffen. 4. Die Feuerwaffen. um 1450 bereits die Elemente für ein geordnetes Geschützsystem vorhanden waren, wie sie sich aus der Praxis von selbst ergaben. Eine Regelung des Geschützwesens erfolgte erst am Beginne des 16. Jahrhunderts, sie nahm ihre Wege gleichzeitig von Deutschland und von Italien aus. Die ältesten Feuerwerksbücher, die zahlreich unter den alten Büchsenmeistern in Abschriften verbreitet waren, beschäftigen sich gelegentlich mit Vorrichtungen, eine gröſsere Feuergeschwindigkeit zu erzielen. Viele der vorgeschlagenen Mittel sind unausführbare Projekte, wie das Ellenbogengeschütz u. a. Doch findet man auch zahlreiche anwendbare Konstruktionen, die auch gewiſs praktisch verwertet wurden; dazu sind die auf drehbaren Scheiben ruhenden kurzen Rohre, die zwei- und dreifachen Rohre, die auf vertikalen Rädern angeordneten Pöller u. a. zu zählen. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts treten die Orgelgeschütze auf, die noch unter Kaiser Maximilian I. in den [Abbildung Fig. 515. Der groſse Steinmörser von geschmiedetem Eisen mit 88.2 cm. Durchmesser, bekannt unter dem Namen: „Der groſse Pumhart von Steyr“. Um 1350. K. u. k. Heeresmuseum in Wien. Nach Dolleczek.] Zeughäusern vorrätig sind. Ein solches Orgelgeschütz (Totenorgel) besitzt 40 Rohre, die auf einem zweiräderigen Karren bewegt werden. (Fig. 516.) Später ist die Zahl und Anordnung der Rohre bei gleichem System verschieden, sie sind entweder in der Reihe oder in Bündeln gruppiert. Die Abfeuerung geschieht entweder mit gemeinsamer Zünd- pfanne oder mittelst der Lunte einzeln. Ihre Verwendung war immer eine beschränkte und wurde im 15. Jahrhundert ganz richtig be- urteilt. In einem Kodex von 1488 heiſst es: „und man sol sy prau- chen vnter die thor und wo der feyndt zum sturm liefen mag, auch

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/455>, abgerufen am 25.11.2024.