man bezeichnet sie dann als "freischwebend". Um die Mitte des 15. Jahrhunderts erhält sie eine Art Führung, so dass sie um eine Schnürung aus Bindfäden sich bewegte. (Fig. 484 a.) Man erkennt dieselbe auf den ersten Blick, weil diese Schnürung ausserhalb um
[Abbildung]
Fig. 486.
Ansicht eines aufgelegten Bolzens mit Anwendung des Klemmers.
die Säule läuft. In diesem Falle bezeichnet man die Nuss als "im Faden laufend".
Der Abzug geschieht mittels eines langen Bügels R, welcher einen zwei- armigen Hebel darstellt, der in M um eine Welle sich bewegt; der kürzere Arm greift in die Nussrast, eine Feder S drückt auf den längeren Hebelsarm, um denselben in der gespannten Lage zu erhalten. Bei älteren Armrüsten fehlt diese Feder, der Schütze musste daher beim Spannen die Nuss in den Bügel vorher einstellen, die Rast war in diesem Falle zur Sicherung vor einem vorzeitigen Abgehen (Lassen) tiefer eingekerbt.
Eine weitere Verbesserung am Abzuge datiert aus der Zeit Kaiser Maximilians I. um 1500, der, wie wir aus dem Theuer- dank (p. 44) wissen, durch das unver- mutete "Lassen" eines gespannten Stahles in Gefahr kam. Sie besteht in einem Sperr- hebel c (Fig. 485), welcher den Abzugbügel so lange festhält, bis dieser gebraucht wird, in welchem Falle der Sperrhebel einfach im Scharnier nach aufwärts geschlagen wird.
Nach erfolgtem Spannen wurde der "Bolzen", (in alten Inventaren auch "Haus- pfeil" genannt), knapp vor der Nuss auf- gelegt. An vielen Armrüsten, besonders nichtdeutschen, war zu diesem Zwecke an der oberen Fläche der Säule eine Rinne vorhanden, in welche der Bolzen gelegt wurde. Deutsche Armrüste besitzen gewöhnlich keine Rinne, sondern zeigen am Bolzenlager einen glatten, ebenen Bein- belag. Der Bolzen wurde in diesem Falle von einem "Bolzenklemmer" aus Horn gehalten, der etwas rück- wärts von der Nuss angeschraubt war.*) Damit der Klemmer beim
*) Diese Bolzenklemmer fehlen an den meisten in den Museen bewahrten Armrüsten, doch ist an allen der Punkt leicht zu erkennen, wo dieselben befestigt gewesen waren.
D. Die Fernwaffen. 3. Die Armrust.
man bezeichnet sie dann als „freischwebend“. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts erhält sie eine Art Führung, so daſs sie um eine Schnürung aus Bindfäden sich bewegte. (Fig. 484 a.) Man erkennt dieselbe auf den ersten Blick, weil diese Schnürung auſserhalb um
[Abbildung]
Fig. 486.
Ansicht eines aufgelegten Bolzens mit Anwendung des Klemmers.
die Säule läuft. In diesem Falle bezeichnet man die Nuſs als „im Faden laufend“.
Der Abzug geschieht mittels eines langen Bügels R, welcher einen zwei- armigen Hebel darstellt, der in M um eine Welle sich bewegt; der kürzere Arm greift in die Nuſsrast, eine Feder S drückt auf den längeren Hebelsarm, um denselben in der gespannten Lage zu erhalten. Bei älteren Armrüsten fehlt diese Feder, der Schütze muſste daher beim Spannen die Nuſs in den Bügel vorher einstellen, die Rast war in diesem Falle zur Sicherung vor einem vorzeitigen Abgehen (Lassen) tiefer eingekerbt.
Eine weitere Verbesserung am Abzuge datiert aus der Zeit Kaiser Maximilians I. um 1500, der, wie wir aus dem Theuer- dank (p. 44) wissen, durch das unver- mutete „Lassen“ eines gespannten Stahles in Gefahr kam. Sie besteht in einem Sperr- hebel c (Fig. 485), welcher den Abzugbügel so lange festhält, bis dieser gebraucht wird, in welchem Falle der Sperrhebel einfach im Scharnier nach aufwärts geschlagen wird.
Nach erfolgtem Spannen wurde der „Bolzen“, (in alten Inventaren auch „Haus- pfeil“ genannt), knapp vor der Nuſs auf- gelegt. An vielen Armrüsten, besonders nichtdeutschen, war zu diesem Zwecke an der oberen Fläche der Säule eine Rinne vorhanden, in welche der Bolzen gelegt wurde. Deutsche Armrüste besitzen gewöhnlich keine Rinne, sondern zeigen am Bolzenlager einen glatten, ebenen Bein- belag. Der Bolzen wurde in diesem Falle von einem „Bolzenklemmer“ aus Horn gehalten, der etwas rück- wärts von der Nuſs angeschraubt war.*) Damit der Klemmer beim
*) Diese Bolzenklemmer fehlen an den meisten in den Museen bewahrten Armrüsten, doch ist an allen der Punkt leicht zu erkennen, wo dieselben befestigt gewesen waren.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0427"n="409"/><fwplace="top"type="header">D. Die Fernwaffen. 3. Die Armrust.</fw><lb/>
man bezeichnet sie dann als „<hirendition="#g">freischwebend</hi>“. Um die Mitte des<lb/>
15. Jahrhunderts erhält sie eine Art Führung, so daſs sie um eine<lb/>
Schnürung aus Bindfäden sich bewegte. (Fig. 484 a.) Man erkennt<lb/>
dieselbe auf den ersten Blick, weil diese Schnürung auſserhalb um<lb/><figure><head><hirendition="#g">Fig</hi>. 486.</head><p><hirendition="#g">Ansicht eines<lb/>
aufgelegten Bolzens</hi> mit<lb/>
Anwendung des Klemmers.</p></figure><lb/>
die Säule läuft. In diesem Falle bezeichnet<lb/>
man die Nuſs als „<hirendition="#g">im Faden laufend</hi>“.</p><lb/><p>Der Abzug geschieht mittels eines<lb/>
langen Bügels R, welcher einen zwei-<lb/>
armigen Hebel darstellt, der in M um eine<lb/>
Welle sich bewegt; der kürzere Arm greift<lb/>
in die Nuſsrast, eine Feder S drückt auf<lb/>
den längeren Hebelsarm, um denselben in<lb/>
der gespannten Lage zu erhalten. Bei<lb/>
älteren Armrüsten fehlt diese Feder, der<lb/>
Schütze muſste daher beim Spannen die<lb/>
Nuſs in den Bügel vorher einstellen, die<lb/>
Rast war in diesem Falle zur Sicherung<lb/>
vor einem vorzeitigen Abgehen (Lassen)<lb/>
tiefer eingekerbt.</p><lb/><p>Eine weitere Verbesserung am Abzuge<lb/>
datiert aus der Zeit Kaiser Maximilians I.<lb/>
um 1500, der, wie wir aus dem Theuer-<lb/>
dank (p. 44) wissen, durch das unver-<lb/>
mutete „Lassen“ eines gespannten Stahles<lb/>
in Gefahr kam. Sie besteht in einem Sperr-<lb/>
hebel c (Fig. 485), welcher den Abzugbügel<lb/>
so lange festhält, bis dieser gebraucht wird,<lb/>
in welchem Falle der Sperrhebel einfach<lb/>
im Scharnier nach aufwärts geschlagen wird.</p><lb/><p>Nach erfolgtem Spannen wurde der<lb/>„<hirendition="#g">Bolzen</hi>“, (in alten Inventaren auch „Haus-<lb/>
pfeil“ genannt), knapp vor der Nuſs auf-<lb/>
gelegt. An vielen Armrüsten, besonders<lb/>
nichtdeutschen, war zu diesem Zwecke<lb/>
an der oberen Fläche der Säule eine<lb/>
Rinne vorhanden, in welche der Bolzen<lb/>
gelegt wurde. Deutsche Armrüste besitzen<lb/>
gewöhnlich keine Rinne, sondern zeigen<lb/>
am Bolzenlager einen glatten, ebenen Bein-<lb/>
belag. Der Bolzen wurde in diesem Falle<lb/>
von einem „<hirendition="#g">Bolzenklemmer</hi>“ aus Horn gehalten, der etwas rück-<lb/>
wärts von der Nuſs angeschraubt war.<noteplace="foot"n="*)">Diese Bolzenklemmer fehlen an den meisten in den Museen bewahrten<lb/>
Armrüsten, doch ist an allen der Punkt leicht zu erkennen, wo dieselben befestigt<lb/>
gewesen waren.</note> Damit der Klemmer beim<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[409/0427]
D. Die Fernwaffen. 3. Die Armrust.
man bezeichnet sie dann als „freischwebend“. Um die Mitte des
15. Jahrhunderts erhält sie eine Art Führung, so daſs sie um eine
Schnürung aus Bindfäden sich bewegte. (Fig. 484 a.) Man erkennt
dieselbe auf den ersten Blick, weil diese Schnürung auſserhalb um
[Abbildung Fig. 486. Ansicht eines
aufgelegten Bolzens mit
Anwendung des Klemmers.]
die Säule läuft. In diesem Falle bezeichnet
man die Nuſs als „im Faden laufend“.
Der Abzug geschieht mittels eines
langen Bügels R, welcher einen zwei-
armigen Hebel darstellt, der in M um eine
Welle sich bewegt; der kürzere Arm greift
in die Nuſsrast, eine Feder S drückt auf
den längeren Hebelsarm, um denselben in
der gespannten Lage zu erhalten. Bei
älteren Armrüsten fehlt diese Feder, der
Schütze muſste daher beim Spannen die
Nuſs in den Bügel vorher einstellen, die
Rast war in diesem Falle zur Sicherung
vor einem vorzeitigen Abgehen (Lassen)
tiefer eingekerbt.
Eine weitere Verbesserung am Abzuge
datiert aus der Zeit Kaiser Maximilians I.
um 1500, der, wie wir aus dem Theuer-
dank (p. 44) wissen, durch das unver-
mutete „Lassen“ eines gespannten Stahles
in Gefahr kam. Sie besteht in einem Sperr-
hebel c (Fig. 485), welcher den Abzugbügel
so lange festhält, bis dieser gebraucht wird,
in welchem Falle der Sperrhebel einfach
im Scharnier nach aufwärts geschlagen wird.
Nach erfolgtem Spannen wurde der
„Bolzen“, (in alten Inventaren auch „Haus-
pfeil“ genannt), knapp vor der Nuſs auf-
gelegt. An vielen Armrüsten, besonders
nichtdeutschen, war zu diesem Zwecke
an der oberen Fläche der Säule eine
Rinne vorhanden, in welche der Bolzen
gelegt wurde. Deutsche Armrüste besitzen
gewöhnlich keine Rinne, sondern zeigen
am Bolzenlager einen glatten, ebenen Bein-
belag. Der Bolzen wurde in diesem Falle
von einem „Bolzenklemmer“ aus Horn gehalten, der etwas rück-
wärts von der Nuſs angeschraubt war. *) Damit der Klemmer beim
*) Diese Bolzenklemmer fehlen an den meisten in den Museen bewahrten
Armrüsten, doch ist an allen der Punkt leicht zu erkennen, wo dieselben befestigt
gewesen waren.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/427>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.