köcher (tirkesch). Diese Behältnisse boten den orientalischen Kunst- handwerkern reiche Gelegenheit zur stilvollen Verzierung der Aussen-
[Abbildung]
Fig. 479.
Köcher der venetianischen Bogenschützen, von Holz geschnitzt mit ver- goldeten Arabesken auf rotem Grunde. 16. Jahr- hundert, 1. Hälfte. Kais. Waffenmuseum in Zars- koe-Selo.
flächen derselben. Man findet auch in Köchern des 15. Jahrhunderts staunenswerte Proben orien- talischer Kunst, besonders in Lederarbeit und Stickerei von wunderbar schöner Zeichnung. (Fig. 477 und 478 a und b.) Köcher des 17. Jahr- hunderts bezeugen schon deutlich den Verfall der orientalischen Kunsttechnik, die bei aller hübscher Zeichnung das billigere Mittel des Gold- oder Silberbeschlages zu Hilfe nimmt, um eine ent- sprechende Wirkung zu erzielen. In den euro- päischen Heeren wurde der Bogen nie im Köcher geführt. Bei Regenwetter wurde in der Regel nur die Sehne in einer Tasche verwahrt. Die Pfeile jedoch steckten in langen kegelförmigen oder auch prismatischen Behältnissen von Holz, die entweder geschnitzt oder mit Pergament über- zogen und bemalt waren (Fig. 479). Es finden sich wie im Florentinischen auch zuweilen flache Köcher, die mit den orientalischen einige Ähn- lichkeit hatten. (Fig. 473.)
3. Die Armrust.
Das mechanische Prinzip, auf welchem die Konstruktion der Armrust (franz. arbalete, engl. cross-bow, arbalist, ital. balestra, span. ballesta, lat. arcubalista, arbalista) beruht, leitet sich von jener der Katapulte der Alten ab, wie sie Vitruv in seinem Werke: "De architectura" ziemlich deutlich beschrieben hat. Es erübrigte nur, das Prinzip der schweren Belagerungsmaschine in einer leichten Handwaffe zu verwerten, und das ist, wie neuere Forschungen ergeben haben, noch vor Ausgang der antiken Periode gelungen; denn schon Vegetius spricht in seiner "Epitome institutionum rei militaris" (um 385) von der "arcubalista" nicht als von einer schweren Maschine, sondern von einer Handwaffe leichter Truppen, wie von einem allgemein bekannten
Boeheim, Waffenkunde. 26
D. Die Fernwaffen. 3. Die Armrust.
köcher (tirkesch). Diese Behältnisse boten den orientalischen Kunst- handwerkern reiche Gelegenheit zur stilvollen Verzierung der Auſsen-
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Fig. 479.
Köcher der venetianischen Bogenschützen, von Holz geschnitzt mit ver- goldeten Arabesken auf rotem Grunde. 16. Jahr- hundert, 1. Hälfte. Kais. Waffenmuseum in Zars- koë-Selo.
flächen derselben. Man findet auch in Köchern des 15. Jahrhunderts staunenswerte Proben orien- talischer Kunst, besonders in Lederarbeit und Stickerei von wunderbar schöner Zeichnung. (Fig. 477 und 478 a und b.) Köcher des 17. Jahr- hunderts bezeugen schon deutlich den Verfall der orientalischen Kunsttechnik, die bei aller hübscher Zeichnung das billigere Mittel des Gold- oder Silberbeschlages zu Hilfe nimmt, um eine ent- sprechende Wirkung zu erzielen. In den euro- päischen Heeren wurde der Bogen nie im Köcher geführt. Bei Regenwetter wurde in der Regel nur die Sehne in einer Tasche verwahrt. Die Pfeile jedoch steckten in langen kegelförmigen oder auch prismatischen Behältnissen von Holz, die entweder geschnitzt oder mit Pergament über- zogen und bemalt waren (Fig. 479). Es finden sich wie im Florentinischen auch zuweilen flache Köcher, die mit den orientalischen einige Ähn- lichkeit hatten. (Fig. 473.)
3. Die Armrust.
Das mechanische Prinzip, auf welchem die Konstruktion der Armrust (franz. arbalète, engl. cross-bow, arbalist, ital. balestra, span. ballesta, lat. arcubalista, arbalista) beruht, leitet sich von jener der Katapulte der Alten ab, wie sie Vitruv in seinem Werke: „De architectura“ ziemlich deutlich beschrieben hat. Es erübrigte nur, das Prinzip der schweren Belagerungsmaschine in einer leichten Handwaffe zu verwerten, und das ist, wie neuere Forschungen ergeben haben, noch vor Ausgang der antiken Periode gelungen; denn schon Vegetius spricht in seiner „Epitome institutionum rei militaris“ (um 385) von der „arcubalista“ nicht als von einer schweren Maschine, sondern von einer Handwaffe leichter Truppen, wie von einem allgemein bekannten
Boeheim, Waffenkunde. 26
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D. Die Fernwaffen. 3. Die Armrust.
köcher (tirkesch). Diese Behältnisse boten den orientalischen Kunst-
handwerkern reiche Gelegenheit zur stilvollen Verzierung der Auſsen-
[Abbildung Fig. 479. Köcher
der venetianischen
Bogenschützen, von
Holz geschnitzt mit ver-
goldeten Arabesken auf
rotem Grunde. 16. Jahr-
hundert, 1. Hälfte. Kais.
Waffenmuseum in Zars-
koë-Selo.]
flächen derselben. Man findet auch in Köchern
des 15. Jahrhunderts staunenswerte Proben orien-
talischer Kunst, besonders in Lederarbeit und
Stickerei von wunderbar schöner Zeichnung.
(Fig. 477 und 478 a und b.) Köcher des 17. Jahr-
hunderts bezeugen schon deutlich den Verfall der
orientalischen Kunsttechnik, die bei aller hübscher
Zeichnung das billigere Mittel des Gold- oder
Silberbeschlages zu Hilfe nimmt, um eine ent-
sprechende Wirkung zu erzielen. In den euro-
päischen Heeren wurde der Bogen nie im Köcher
geführt. Bei Regenwetter wurde in der Regel
nur die Sehne in einer Tasche verwahrt. Die
Pfeile jedoch steckten in langen kegelförmigen
oder auch prismatischen Behältnissen von Holz,
die entweder geschnitzt oder mit Pergament über-
zogen und bemalt waren (Fig. 479). Es finden
sich wie im Florentinischen auch zuweilen flache
Köcher, die mit den orientalischen einige Ähn-
lichkeit hatten. (Fig. 473.)
3. Die Armrust.
Das mechanische Prinzip, auf welchem die
Konstruktion der Armrust (franz. arbalète, engl.
cross-bow, arbalist, ital. balestra, span. ballesta,
lat. arcubalista, arbalista) beruht, leitet sich von
jener der Katapulte der Alten ab, wie sie
Vitruv in seinem Werke: „De architectura“
ziemlich deutlich beschrieben hat. Es erübrigte
nur, das Prinzip der schweren Belagerungsmaschine
in einer leichten Handwaffe zu verwerten, und
das ist, wie neuere Forschungen ergeben haben,
noch vor Ausgang der antiken Periode gelungen;
denn schon Vegetius spricht in seiner „Epitome
institutionum rei militaris“ (um 385) von der
„arcubalista“ nicht als von einer schweren
Maschine, sondern von einer Handwaffe leichter
Truppen, wie von einem allgemein bekannten
Boeheim, Waffenkunde. 26
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/419>, abgerufen am 16.02.2025.
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