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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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D. Die Fernwaffen. 2. Der Bogen.
längsten -- bis ins 17. Jahrhundert -- erhalten. Bei ihrer staunenswerten
Geschicklichkeit blickten die Bogenschützen mit Verachtung auf die
Büchsenschützen mit ihren schwerfälligen Feuerrohren, die bei Regen-
wetter oft ganz unbrauchbar wurden und auch sonst an Treffsicher-
heit noch vieles zu wünschen übrig liessen. Kaiser Maximilian I.,
der für alles im Leben und insbesondere für das Kriegswesen in
anderen Ländern ein achtsames Auge hatte und in den Niederlanden
persönlich von den Vorzügen des Handbogens sich überzeugen konnte,
organisierte eigene Abteilungen, die er mit englischen Bögen bewaff-
nete. In den Zeughäusern zu Innsbruck und Wien wurden noch 1500
[Abbildung] Fig. 470.

Schiene
für den linken Unterarm
eines Bogenschützen von
Eisen mit schwarzgeätz-
ten Verzierungen. Engl.
Um 1570. Ehemalige
Sammlung Meyrick.

erhebliche Mengen dieser Bögen aufbewahrt; sie
sind in Maximilians Zeugbüchern in der wünschens-
wertesten Genauigkeit abgebildet. (Fig. 471.) Wie
dort selbst das geringfügigste Kriegsgerät mit aller
Sorgfalt abgemalt ist, so finden wir darin auch
die zugehörigen Köcher abgebildet, welche nach
altem deutschen Gebrauch mit langhaarigem Pelz-
werk überzogen waren. (Fig. 472.) Man nannte
dieselben "Rauchköcher". Bogen aus Stahl,
wie sie im 15. und bis ins 16. Jahrhundert die
Italiener führten, wurden in besonderer Güte in
Seravalle, Brescia und Mailand gearbeitet. In
Deutschland wurden stählerne Bogen nur sehr
vereinzelt geführt, daher auch in grösseren Mengen
kaum erzeugt.

Im 15. und 16. Jahrhundert pflegten jene
christlichen Nationen, welche im Oriente ihre
Wohnsitze aufgeschlagen hatten, mit den dortigen
Völkern häufiger in Verkehr kamen, sich der
orientalischen Streitweise anzubequemen; so führen
im 15. Jahrhundert die Johanniter zu Rhodus,
die christlichen Griechen, die slavischen Völker
an der albanesischen und dalmatinischen Küste
ebenso die Venetianer Bogen und Pfeile, die
vollständig den arabischen nachgebildet waren. Besonders bei den
letzteren legte man einen grossen Wert auf die Leistung der Bogen-
schützen im Gefechte und vermehrte dieselben stetig. Über die Aus-
rüstung der venetianischen Bogenschützen um die Wende des
15. Jahrhunderts belehren uns die Gemälde des Gian Bellini und
des Vittore Carpaccio in der Academia zu Venedig. (Fig. 473.)

Für den Gebrauch des Bogens im Oriente besitzen wir für die
älteren Zeiträume nur äusserst wenige bildliche Belege. Zwar findet
sich der Bogen in persischen Miniaturen ziemlich häufig abgebildet,
allein es sind daraus keine Details zu entnehmen. Erst im Anfang
des 15. Jahrhunderts finden sich einige spärliche Nachrichten in

D. Die Fernwaffen. 2. Der Bogen.
längsten — bis ins 17. Jahrhundert — erhalten. Bei ihrer staunenswerten
Geschicklichkeit blickten die Bogenschützen mit Verachtung auf die
Büchsenschützen mit ihren schwerfälligen Feuerrohren, die bei Regen-
wetter oft ganz unbrauchbar wurden und auch sonst an Treffsicher-
heit noch vieles zu wünschen übrig lieſsen. Kaiser Maximilian I.,
der für alles im Leben und insbesondere für das Kriegswesen in
anderen Ländern ein achtsames Auge hatte und in den Niederlanden
persönlich von den Vorzügen des Handbogens sich überzeugen konnte,
organisierte eigene Abteilungen, die er mit englischen Bögen bewaff-
nete. In den Zeughäusern zu Innsbruck und Wien wurden noch 1500
[Abbildung] Fig. 470.

Schiene
für den linken Unterarm
eines Bogenschützen von
Eisen mit schwarzgeätz-
ten Verzierungen. Engl.
Um 1570. Ehemalige
Sammlung Meyrick.

erhebliche Mengen dieser Bögen aufbewahrt; sie
sind in Maximilians Zeugbüchern in der wünschens-
wertesten Genauigkeit abgebildet. (Fig. 471.) Wie
dort selbst das geringfügigste Kriegsgerät mit aller
Sorgfalt abgemalt ist, so finden wir darin auch
die zugehörigen Köcher abgebildet, welche nach
altem deutschen Gebrauch mit langhaarigem Pelz-
werk überzogen waren. (Fig. 472.) Man nannte
dieselben „Rauchköcher“. Bogen aus Stahl,
wie sie im 15. und bis ins 16. Jahrhundert die
Italiener führten, wurden in besonderer Güte in
Seravalle, Brescia und Mailand gearbeitet. In
Deutschland wurden stählerne Bogen nur sehr
vereinzelt geführt, daher auch in gröſseren Mengen
kaum erzeugt.

Im 15. und 16. Jahrhundert pflegten jene
christlichen Nationen, welche im Oriente ihre
Wohnsitze aufgeschlagen hatten, mit den dortigen
Völkern häufiger in Verkehr kamen, sich der
orientalischen Streitweise anzubequemen; so führen
im 15. Jahrhundert die Johanniter zu Rhodus,
die christlichen Griechen, die slavischen Völker
an der albanesischen und dalmatinischen Küste
ebenso die Venetianer Bogen und Pfeile, die
vollständig den arabischen nachgebildet waren. Besonders bei den
letzteren legte man einen groſsen Wert auf die Leistung der Bogen-
schützen im Gefechte und vermehrte dieselben stetig. Über die Aus-
rüstung der venetianischen Bogenschützen um die Wende des
15. Jahrhunderts belehren uns die Gemälde des Gian Bellini und
des Vittore Carpaccio in der Academia zu Venedig. (Fig. 473.)

Für den Gebrauch des Bogens im Oriente besitzen wir für die
älteren Zeiträume nur äuſserst wenige bildliche Belege. Zwar findet
sich der Bogen in persischen Miniaturen ziemlich häufig abgebildet,
allein es sind daraus keine Details zu entnehmen. Erst im Anfang
des 15. Jahrhunderts finden sich einige spärliche Nachrichten in

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[393/0411] D. Die Fernwaffen. 2. Der Bogen. längsten — bis ins 17. Jahrhundert — erhalten. Bei ihrer staunenswerten Geschicklichkeit blickten die Bogenschützen mit Verachtung auf die Büchsenschützen mit ihren schwerfälligen Feuerrohren, die bei Regen- wetter oft ganz unbrauchbar wurden und auch sonst an Treffsicher- heit noch vieles zu wünschen übrig lieſsen. Kaiser Maximilian I., der für alles im Leben und insbesondere für das Kriegswesen in anderen Ländern ein achtsames Auge hatte und in den Niederlanden persönlich von den Vorzügen des Handbogens sich überzeugen konnte, organisierte eigene Abteilungen, die er mit englischen Bögen bewaff- nete. In den Zeughäusern zu Innsbruck und Wien wurden noch 1500 [Abbildung Fig. 470. Schiene für den linken Unterarm eines Bogenschützen von Eisen mit schwarzgeätz- ten Verzierungen. Engl. Um 1570. Ehemalige Sammlung Meyrick.] erhebliche Mengen dieser Bögen aufbewahrt; sie sind in Maximilians Zeugbüchern in der wünschens- wertesten Genauigkeit abgebildet. (Fig. 471.) Wie dort selbst das geringfügigste Kriegsgerät mit aller Sorgfalt abgemalt ist, so finden wir darin auch die zugehörigen Köcher abgebildet, welche nach altem deutschen Gebrauch mit langhaarigem Pelz- werk überzogen waren. (Fig. 472.) Man nannte dieselben „Rauchköcher“. Bogen aus Stahl, wie sie im 15. und bis ins 16. Jahrhundert die Italiener führten, wurden in besonderer Güte in Seravalle, Brescia und Mailand gearbeitet. In Deutschland wurden stählerne Bogen nur sehr vereinzelt geführt, daher auch in gröſseren Mengen kaum erzeugt. Im 15. und 16. Jahrhundert pflegten jene christlichen Nationen, welche im Oriente ihre Wohnsitze aufgeschlagen hatten, mit den dortigen Völkern häufiger in Verkehr kamen, sich der orientalischen Streitweise anzubequemen; so führen im 15. Jahrhundert die Johanniter zu Rhodus, die christlichen Griechen, die slavischen Völker an der albanesischen und dalmatinischen Küste ebenso die Venetianer Bogen und Pfeile, die vollständig den arabischen nachgebildet waren. Besonders bei den letzteren legte man einen groſsen Wert auf die Leistung der Bogen- schützen im Gefechte und vermehrte dieselben stetig. Über die Aus- rüstung der venetianischen Bogenschützen um die Wende des 15. Jahrhunderts belehren uns die Gemälde des Gian Bellini und des Vittore Carpaccio in der Academia zu Venedig. (Fig. 473.) Für den Gebrauch des Bogens im Oriente besitzen wir für die älteren Zeiträume nur äuſserst wenige bildliche Belege. Zwar findet sich der Bogen in persischen Miniaturen ziemlich häufig abgebildet, allein es sind daraus keine Details zu entnehmen. Erst im Anfang des 15. Jahrhunderts finden sich einige spärliche Nachrichten in

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/411>, abgerufen am 25.11.2024.