desungeachtet behielt man sie an verschiedenen Höfen als Trabanten- waffe bis ins vorige Jahrhundert bei. Dies ist die Ursache, dass wir in den Sammlungen so häufig reich mittelst Goldätzung gezierten Glefen begegnen.
Die Glefe als Trabantenwaffe finden wir im 15. und 16. Jahr- hundert an nahezu allen italienischen Höfen, besonders in Florenz, Mantua und Venedig, aber auch zeitweilig am französischen Hofe. (Fig. 397a--f.) Es ist bemerkenswert, wie in dieser Verwendung die Glefe sich allgemach umbildet, die Eignung für den Stoss ver- liert und überhaupt zum reich ausgestatteten Spielzeug herabsinkt. Besonders am venetianischen Hofe, wo sie von der slavischen Leib- garde der Dogen geführt wurde, erhält sie eine imposante, aber über- triebene Gestalt. Sie erscheint hier als breites, rückwärts gekrümmtes Messer, an dessen Rücken sich ein reich konturierter Ansatz be- findet. Ein übermässig langer Schaft von über 2.50 m. Länge war darauf berechnet, die Wirkung für das Auge zu erhöhen. Am säch- sischen Hofe wurde die Glefe in einer eigenartigen Gestalt schon im 16. Jahrhundert als Trabantenwaffe geführt. Sie unterscheidet sich von der italienischen und französischen dadurch, dass das beilartig geformte, gekrümmte Messer mittels Naben an dem Schafte befestigt ist. Ein stark gekrümmter, unterhalb geschärfter Haken sitzt auf der Hirnseite des Schaftes, welcher etwas unterhalb in der Faustlage mit einer Handschutzscheibe versehen ist. Alle derartige Glefen sind reich in Gold geätzt und tragen das kursächsische Wappen. Ihre Schaft- länge beträgt durchschnittlich 146 cm. (Fig. 398.)
Im 17. Jahrhundert, in welchem sie auch am polnischen Hofe von der dortigen Leibwache geführt wurde, erhielt diese Stangen- waffe den Namen Kosa, von Couse (couteaux) abgeleitet.
Die Couse (guisarme) besitzt eine messerförmige Klinge, welche mittelst einer Dille auf den Schaft gesteckt und mit demselben durch lange, eiserne Schaftfedern und Nägel verbunden ist. In einzelnen Fällen findet sich am Schafte unterhalb der Dille eine Handschutz- scheibe. Aus ihrer Form ist zu ersehen, dass die Couse weniger für den Stich als für den Hieb zu gebrauchen ist und dass sie sich von der Glefe nur unwesentlich unterscheidet. Die Couse tritt, aller- dings in einer noch rohen und plumpen Form, im 14. Jahrhundert zuerst bei den Schweizern auf und war darauf berechnet, mittels wuchtiger Hiebe die Harnische der Gegner, namentlich den Lentner, zu durchdringen. Schon am Beginne des 15. Jahrhunderts findet man sie in Frankreich und sie gelangt nach der Schlacht bei St. Jacob zu solcher Beliebtheit, dass die Schweizer bei Hofe mit solcher be- waffnet wurden. So erscheinen sie in einer gleichzeitigen Miniatur des Jean Foucquet der Sammlung Brentano in Frankfurt, darstellend das lit de justice Karls VII. zu Vendome 1458. Ein weiteres Bei- spiel ihres Gebrauches findet sich in einem Manuskripte des Jouvencel
B. Die Stangenwaffen. 3. Die Glefe und die Couse.
desungeachtet behielt man sie an verschiedenen Höfen als Trabanten- waffe bis ins vorige Jahrhundert bei. Dies ist die Ursache, daſs wir in den Sammlungen so häufig reich mittelst Goldätzung gezierten Glefen begegnen.
Die Glefe als Trabantenwaffe finden wir im 15. und 16. Jahr- hundert an nahezu allen italienischen Höfen, besonders in Florenz, Mantua und Venedig, aber auch zeitweilig am französischen Hofe. (Fig. 397a—f.) Es ist bemerkenswert, wie in dieser Verwendung die Glefe sich allgemach umbildet, die Eignung für den Stoſs ver- liert und überhaupt zum reich ausgestatteten Spielzeug herabsinkt. Besonders am venetianischen Hofe, wo sie von der slavischen Leib- garde der Dogen geführt wurde, erhält sie eine imposante, aber über- triebene Gestalt. Sie erscheint hier als breites, rückwärts gekrümmtes Messer, an dessen Rücken sich ein reich konturierter Ansatz be- findet. Ein übermäſsig langer Schaft von über 2.50 m. Länge war darauf berechnet, die Wirkung für das Auge zu erhöhen. Am säch- sischen Hofe wurde die Glefe in einer eigenartigen Gestalt schon im 16. Jahrhundert als Trabantenwaffe geführt. Sie unterscheidet sich von der italienischen und französischen dadurch, daſs das beilartig geformte, gekrümmte Messer mittels Naben an dem Schafte befestigt ist. Ein stark gekrümmter, unterhalb geschärfter Haken sitzt auf der Hirnseite des Schaftes, welcher etwas unterhalb in der Faustlage mit einer Handschutzscheibe versehen ist. Alle derartige Glefen sind reich in Gold geätzt und tragen das kursächsische Wappen. Ihre Schaft- länge beträgt durchschnittlich 146 cm. (Fig. 398.)
Im 17. Jahrhundert, in welchem sie auch am polnischen Hofe von der dortigen Leibwache geführt wurde, erhielt diese Stangen- waffe den Namen Kosa, von Couse (couteaux) abgeleitet.
Die Couse (guisarme) besitzt eine messerförmige Klinge, welche mittelst einer Dille auf den Schaft gesteckt und mit demselben durch lange, eiserne Schaftfedern und Nägel verbunden ist. In einzelnen Fällen findet sich am Schafte unterhalb der Dille eine Handschutz- scheibe. Aus ihrer Form ist zu ersehen, daſs die Couse weniger für den Stich als für den Hieb zu gebrauchen ist und daſs sie sich von der Glefe nur unwesentlich unterscheidet. Die Couse tritt, aller- dings in einer noch rohen und plumpen Form, im 14. Jahrhundert zuerst bei den Schweizern auf und war darauf berechnet, mittels wuchtiger Hiebe die Harnische der Gegner, namentlich den Lentner, zu durchdringen. Schon am Beginne des 15. Jahrhunderts findet man sie in Frankreich und sie gelangt nach der Schlacht bei St. Jacob zu solcher Beliebtheit, daſs die Schweizer bei Hofe mit solcher be- waffnet wurden. So erscheinen sie in einer gleichzeitigen Miniatur des Jean Foucquet der Sammlung Brentano in Frankfurt, darstellend das lit de justice Karls VII. zu Vendôme 1458. Ein weiteres Bei- spiel ihres Gebrauches findet sich in einem Manuskripte des Jouvencel
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B. Die Stangenwaffen. 3. Die Glefe und die Couse.
desungeachtet behielt man sie an verschiedenen Höfen als Trabanten-
waffe bis ins vorige Jahrhundert bei. Dies ist die Ursache, daſs wir
in den Sammlungen so häufig reich mittelst Goldätzung gezierten
Glefen begegnen.
Die Glefe als Trabantenwaffe finden wir im 15. und 16. Jahr-
hundert an nahezu allen italienischen Höfen, besonders in Florenz,
Mantua und Venedig, aber auch zeitweilig am französischen Hofe.
(Fig. 397a—f.) Es ist bemerkenswert, wie in dieser Verwendung
die Glefe sich allgemach umbildet, die Eignung für den Stoſs ver-
liert und überhaupt zum reich ausgestatteten Spielzeug herabsinkt.
Besonders am venetianischen Hofe, wo sie von der slavischen Leib-
garde der Dogen geführt wurde, erhält sie eine imposante, aber über-
triebene Gestalt. Sie erscheint hier als breites, rückwärts gekrümmtes
Messer, an dessen Rücken sich ein reich konturierter Ansatz be-
findet. Ein übermäſsig langer Schaft von über 2.50 m. Länge war
darauf berechnet, die Wirkung für das Auge zu erhöhen. Am säch-
sischen Hofe wurde die Glefe in einer eigenartigen Gestalt schon im
16. Jahrhundert als Trabantenwaffe geführt. Sie unterscheidet sich
von der italienischen und französischen dadurch, daſs das beilartig
geformte, gekrümmte Messer mittels Naben an dem Schafte befestigt
ist. Ein stark gekrümmter, unterhalb geschärfter Haken sitzt auf der
Hirnseite des Schaftes, welcher etwas unterhalb in der Faustlage mit
einer Handschutzscheibe versehen ist. Alle derartige Glefen sind reich
in Gold geätzt und tragen das kursächsische Wappen. Ihre Schaft-
länge beträgt durchschnittlich 146 cm. (Fig. 398.)
Im 17. Jahrhundert, in welchem sie auch am polnischen Hofe
von der dortigen Leibwache geführt wurde, erhielt diese Stangen-
waffe den Namen Kosa, von Couse (couteaux) abgeleitet.
Die Couse (guisarme) besitzt eine messerförmige Klinge, welche
mittelst einer Dille auf den Schaft gesteckt und mit demselben durch
lange, eiserne Schaftfedern und Nägel verbunden ist. In einzelnen
Fällen findet sich am Schafte unterhalb der Dille eine Handschutz-
scheibe. Aus ihrer Form ist zu ersehen, daſs die Couse weniger für
den Stich als für den Hieb zu gebrauchen ist und daſs sie sich
von der Glefe nur unwesentlich unterscheidet. Die Couse tritt, aller-
dings in einer noch rohen und plumpen Form, im 14. Jahrhundert
zuerst bei den Schweizern auf und war darauf berechnet, mittels
wuchtiger Hiebe die Harnische der Gegner, namentlich den Lentner,
zu durchdringen. Schon am Beginne des 15. Jahrhunderts findet
man sie in Frankreich und sie gelangt nach der Schlacht bei St. Jacob
zu solcher Beliebtheit, daſs die Schweizer bei Hofe mit solcher be-
waffnet wurden. So erscheinen sie in einer gleichzeitigen Miniatur
des Jean Foucquet der Sammlung Brentano in Frankfurt, darstellend
das lit de justice Karls VII. zu Vendôme 1458. Ein weiteres Bei-
spiel ihres Gebrauches findet sich in einem Manuskripte des Jouvencel
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/365>, abgerufen am 22.11.2024.
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