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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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Einleitung.
Spiesse, dem Kurzschwerte und dem sogenannten Kurzdolch (Schweizer-
degen) aus. Einzelne kräftige Leute fochten mit ungeheuren
Schwertern oder schweren Keulen. In der Fechtweise wie in der
Bewaffnung wurden sie das Vorbild für die späteren Landsknechte
Maximilians I. In Frankreich, wo die Heeresfolge schon früh ab-
nahm, mussten die Könige schon im 13. Jahrhundert zu Miettruppen
ihre Zuflucht nehmen. Den Brabancons folgten die Grandes com-
pagnies, diesen die berüchtigten Armagnacs. Sie bestanden alle der
Mehrzahl nach aus Fussvolk mit leichter Bewaffnung und betrachtete[n]
alle das Kriegführen als Geschäft mehr zur Bereicherung wie zur
tüchtigen Leistung. Als ein schwacher Versuch, ein Nationalheer zu
schaffen, kann die 1448 erfolgte Errichtung der Franc-archers oder
Freischützen unter Karl VII. in Frankreich betrachtet werden. Nicht
besser als die Armagnacs waren die italienischen Condottieri, nur
war die Bewaffnung der letzteren solider. Diese wurde später zum
Vorbilde für die Heere des 15. und 16. Jahrhunderts in Deutsch[-]
land und anderen Ländern. Spiesse, Kurzschwerter, Degen, sow[ - 2 Zeichen fehlen]
die Armrüste erhielten allenthalben italienische Formen.

Auch in den orientalischen Ländern machten sich in den Heeren
ähnliche Verhältnisse geltend wie im Abendlande. Auch dort wollte
der Türke, der Tatare und vorab der Araber nicht zu Fuss fechten,
aber in der Abhilfe dieses Missverhältnisses schritten die Sultane den
Europäern weit voraus durch die Errichtung eines tüchtigen Fuss-
volkes der Janitscharen (Jeni-tscheri) 1330. Die Bewaffnung der
türkischen Heere war nach den zahllosen Stämmen dieses grossen
Reiches eine sehr verschiedene, und es machten sich darin später
auch europäische Einflüsse geltend. Die Janitscharen führten Bogen
und Krummschwert, die Spahis oder Timarioten, aus Europäern be-
stehend, lange, gerade Schwerter und dünnschäftige Spiesse. Die
Anatolier, welche unter ihren Dere-Begs eine Art Feudalverfassung
hatten, waren in ganz asiatischer Art mit Krummschwert, Bogen,
Streitaxt und dem Wurfspiesse (djerid) bewaffnet.

Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts stand ein Staat an der
Spitze der Heeresreformen, das Herzogtum Burgund unter Karl dem
Kühnen. Die Einrichtungen desselben waren, äusserlich betrachtet
staunenerregend und einzelne derselben, wie die Organisation des
Geschützwesens, ohne Zweifel hoch verdienstlich, aber dem ganzen
riesigen Heere fehlte es an Homogenität und vor allem an Korpsgeist
So kam es, dass ein äusserlich prachtvolles und vorzüglich bewaffnetes
Heer den Schweizern erlag. Ebenso erging es vorher den östlichen
Mächten, die den fanatischen Hussiten nur Haufen eilfertig bewaffneter,
stumpfsinniger Landleute entgegenstellen konnten.

Mit dem ausgehenden 15. Jahrhundert beginnt die Epoche der
stehenden Heere und damit einer mehr in den Sorten und Formen
einheitlichen Bewaffnung. In der Reiterei erscheinen die Gensdarmes,

Einleitung.
Spieſse, dem Kurzschwerte und dem sogenannten Kurzdolch (Schweizer-
degen) aus. Einzelne kräftige Leute fochten mit ungeheuren
Schwertern oder schweren Keulen. In der Fechtweise wie in der
Bewaffnung wurden sie das Vorbild für die späteren Landsknechte
Maximilians I. In Frankreich, wo die Heeresfolge schon früh ab-
nahm, muſsten die Könige schon im 13. Jahrhundert zu Miettruppen
ihre Zuflucht nehmen. Den Brabançons folgten die Grandes com-
pagnies, diesen die berüchtigten Armagnacs. Sie bestanden alle der
Mehrzahl nach aus Fuſsvolk mit leichter Bewaffnung und betrachtete[n]
alle das Kriegführen als Geschäft mehr zur Bereicherung wie zur
tüchtigen Leistung. Als ein schwacher Versuch, ein Nationalheer zu
schaffen, kann die 1448 erfolgte Errichtung der Franc-archers oder
Freischützen unter Karl VII. in Frankreich betrachtet werden. Nicht
besser als die Armagnacs waren die italienischen Condottieri, nur
war die Bewaffnung der letzteren solider. Diese wurde später zum
Vorbilde für die Heere des 15. und 16. Jahrhunderts in Deutsch[-]
land und anderen Ländern. Spieſse, Kurzschwerter, Degen, sow[ – 2 Zeichen fehlen]
die Armrüste erhielten allenthalben italienische Formen.

Auch in den orientalischen Ländern machten sich in den Heeren
ähnliche Verhältnisse geltend wie im Abendlande. Auch dort wollte
der Türke, der Tatare und vorab der Araber nicht zu Fuſs fechten,
aber in der Abhilfe dieses Miſsverhältnisses schritten die Sultane den
Europäern weit voraus durch die Errichtung eines tüchtigen Fuſs-
volkes der Janitscharen (Jeni-tscheri) 1330. Die Bewaffnung der
türkischen Heere war nach den zahllosen Stämmen dieses groſsen
Reiches eine sehr verschiedene, und es machten sich darin später
auch europäische Einflüsse geltend. Die Janitscharen führten Bogen
und Krummschwert, die Spahis oder Timarioten, aus Europäern be-
stehend, lange, gerade Schwerter und dünnschäftige Spieſse. Die
Anatolier, welche unter ihren Dere-Begs eine Art Feudalverfassung
hatten, waren in ganz asiatischer Art mit Krummschwert, Bogen,
Streitaxt und dem Wurfspieſse (djerid) bewaffnet.

Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts stand ein Staat an der
Spitze der Heeresreformen, das Herzogtum Burgund unter Karl dem
Kühnen. Die Einrichtungen desselben waren, äuſserlich betrachtet
staunenerregend und einzelne derselben, wie die Organisation des
Geschützwesens, ohne Zweifel hoch verdienstlich, aber dem ganzen
riesigen Heere fehlte es an Homogenität und vor allem an Korpsgeist
So kam es, daſs ein äuſserlich prachtvolles und vorzüglich bewaffnetes
Heer den Schweizern erlag. Ebenso erging es vorher den östlichen
Mächten, die den fanatischen Hussiten nur Haufen eilfertig bewaffneter,
stumpfsinniger Landleute entgegenstellen konnten.

Mit dem ausgehenden 15. Jahrhundert beginnt die Epoche der
stehenden Heere und damit einer mehr in den Sorten und Formen
einheitlichen Bewaffnung. In der Reiterei erscheinen die Gensdarmes,

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[16/0034] Einleitung. Spieſse, dem Kurzschwerte und dem sogenannten Kurzdolch (Schweizer- degen) aus. Einzelne kräftige Leute fochten mit ungeheuren Schwertern oder schweren Keulen. In der Fechtweise wie in der Bewaffnung wurden sie das Vorbild für die späteren Landsknechte Maximilians I. In Frankreich, wo die Heeresfolge schon früh ab- nahm, muſsten die Könige schon im 13. Jahrhundert zu Miettruppen ihre Zuflucht nehmen. Den Brabançons folgten die Grandes com- pagnies, diesen die berüchtigten Armagnacs. Sie bestanden alle der Mehrzahl nach aus Fuſsvolk mit leichter Bewaffnung und betrachteten alle das Kriegführen als Geschäft mehr zur Bereicherung wie zur tüchtigen Leistung. Als ein schwacher Versuch, ein Nationalheer zu schaffen, kann die 1448 erfolgte Errichtung der Franc-archers oder Freischützen unter Karl VII. in Frankreich betrachtet werden. Nicht besser als die Armagnacs waren die italienischen Condottieri, nur war die Bewaffnung der letzteren solider. Diese wurde später zum Vorbilde für die Heere des 15. und 16. Jahrhunderts in Deutsch- land und anderen Ländern. Spieſse, Kurzschwerter, Degen, sow__ die Armrüste erhielten allenthalben italienische Formen. Auch in den orientalischen Ländern machten sich in den Heeren ähnliche Verhältnisse geltend wie im Abendlande. Auch dort wollte der Türke, der Tatare und vorab der Araber nicht zu Fuſs fechten, aber in der Abhilfe dieses Miſsverhältnisses schritten die Sultane den Europäern weit voraus durch die Errichtung eines tüchtigen Fuſs- volkes der Janitscharen (Jeni-tscheri) 1330. Die Bewaffnung der türkischen Heere war nach den zahllosen Stämmen dieses groſsen Reiches eine sehr verschiedene, und es machten sich darin später auch europäische Einflüsse geltend. Die Janitscharen führten Bogen und Krummschwert, die Spahis oder Timarioten, aus Europäern be- stehend, lange, gerade Schwerter und dünnschäftige Spieſse. Die Anatolier, welche unter ihren Dere-Begs eine Art Feudalverfassung hatten, waren in ganz asiatischer Art mit Krummschwert, Bogen, Streitaxt und dem Wurfspieſse (djerid) bewaffnet. Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts stand ein Staat an der Spitze der Heeresreformen, das Herzogtum Burgund unter Karl dem Kühnen. Die Einrichtungen desselben waren, äuſserlich betrachtet staunenerregend und einzelne derselben, wie die Organisation des Geschützwesens, ohne Zweifel hoch verdienstlich, aber dem ganzen riesigen Heere fehlte es an Homogenität und vor allem an Korpsgeist So kam es, daſs ein äuſserlich prachtvolles und vorzüglich bewaffnetes Heer den Schweizern erlag. Ebenso erging es vorher den östlichen Mächten, die den fanatischen Hussiten nur Haufen eilfertig bewaffneter, stumpfsinniger Landleute entgegenstellen konnten. Mit dem ausgehenden 15. Jahrhundert beginnt die Epoche der stehenden Heere und damit einer mehr in den Sorten und Formen einheitlichen Bewaffnung. In der Reiterei erscheinen die Gensdarmes,

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/34>, abgerufen am 24.11.2024.