Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.II. Die Angriffswaffen. [Abbildung]
Fig. 352. hierzu die mannigfachsten Stoffe benutzt wurden.Dolch mit Zu Griffen verwendet man häufig Elfenbein oder den Zahn des Narwals, des sogenannten Einhorn- fisches, weiters auch Rhinozeroshorn. Die Schei- den erhalten Überzüge von gewebten Stoffen, Leder, Schlangenhaut, Fischhaut, die geschliffen und ungeschliffen zur Anwendung kommt. Am häufigsten finden sich an Dolchscheiden Über- züge aus dünnem, vergoldeten Silberblech mit gepressten Ornamenten, die häufig, doch nicht immer, mit Emails geziert sind: eine alte, aus Byzanz stammende Technik. Ein ungemein häufig im Oriente angewendetes Ziermittel bildet der Besatz mit Edelsteinen. Wir finden unter diesen ausser anderen und weit kostbareren vor- wiegend den grünlichen, orientalischen Türkis und den Granat vertreten. Bei der Beurteilung des Steinschmuckes ist zu bemerken, dass die ge- fassten Edelsteine im Oriente mit den seltensten Ausnahmen nicht geschliffen, "gemugelt", vor- kommen. Selbst in unseren Ländern beginnt der brillantierte Schliff erst am Ende des 17. Jahrhunderts allgemeiner zu werden. Brillan- tierte Steine an orientalischen Objekten, vor dem 18. Jahrhundert datierend, sind daher zum min- desten als spätere Beigaben anzusehen; an euro- päischen Waffen treten sie nicht vor 1650 auf. In den occidentalen Ländern verliert sich II. Die Angriffswaffen. [Abbildung]
Fig. 352. hierzu die mannigfachsten Stoffe benutzt wurden.Dolch mit Zu Griffen verwendet man häufig Elfenbein oder den Zahn des Narwals, des sogenannten Einhorn- fisches, weiters auch Rhinozeroshorn. Die Schei- den erhalten Überzüge von gewebten Stoffen, Leder, Schlangenhaut, Fischhaut, die geschliffen und ungeschliffen zur Anwendung kommt. Am häufigsten finden sich an Dolchscheiden Über- züge aus dünnem, vergoldeten Silberblech mit gepreſsten Ornamenten, die häufig, doch nicht immer, mit Emails geziert sind: eine alte, aus Byzanz stammende Technik. Ein ungemein häufig im Oriente angewendetes Ziermittel bildet der Besatz mit Edelsteinen. Wir finden unter diesen auſser anderen und weit kostbareren vor- wiegend den grünlichen, orientalischen Türkis und den Granat vertreten. Bei der Beurteilung des Steinschmuckes ist zu bemerken, daſs die ge- faſsten Edelsteine im Oriente mit den seltensten Ausnahmen nicht geschliffen, „gemugelt“, vor- kommen. Selbst in unseren Ländern beginnt der brillantierte Schliff erst am Ende des 17. Jahrhunderts allgemeiner zu werden. Brillan- tierte Steine an orientalischen Objekten, vor dem 18. Jahrhundert datierend, sind daher zum min- desten als spätere Beigaben anzusehen; an euro- päischen Waffen treten sie nicht vor 1650 auf. In den occidentalen Ländern verliert sich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0322" n="304"/><fw place="top" type="header">II. Die Angriffswaffen.</fw><lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 352.</head><p><hi rendition="#g">Dolch</hi> mit<lb/> Griff in aufgeschlagener<lb/> Goldtausia u. zweiflüge-<lb/> ligem Knauf (à oreilles).<lb/> Klinge in Tausia, mit<lb/> Inschriften geziert. Mau-<lb/> risch 19. Jahrh. Samml.<lb/> des Marquis de Villa-<lb/> Secca.</p></figure><lb/> hierzu die mannigfachsten Stoffe benutzt wurden.<lb/> Zu Griffen verwendet man häufig Elfenbein oder<lb/> den Zahn des Narwals, des sogenannten Einhorn-<lb/> fisches, weiters auch Rhinozeroshorn. Die Schei-<lb/> den erhalten Überzüge von gewebten Stoffen,<lb/> Leder, Schlangenhaut, Fischhaut, die geschliffen<lb/> und ungeschliffen zur Anwendung kommt. Am<lb/> häufigsten finden sich an Dolchscheiden Über-<lb/> züge aus dünnem, vergoldeten Silberblech mit<lb/> gepreſsten Ornamenten, die häufig, doch nicht<lb/> immer, mit Emails geziert sind: eine alte, aus<lb/> Byzanz stammende Technik. Ein ungemein<lb/> häufig im Oriente angewendetes Ziermittel bildet<lb/> der Besatz mit Edelsteinen. Wir finden unter<lb/> diesen auſser anderen und weit kostbareren vor-<lb/> wiegend den grünlichen, orientalischen Türkis und<lb/> den Granat vertreten. Bei der Beurteilung des<lb/> Steinschmuckes ist zu bemerken, daſs die ge-<lb/> faſsten Edelsteine im Oriente mit den seltensten<lb/> Ausnahmen nicht geschliffen, „gemugelt“, vor-<lb/> kommen. Selbst in unseren Ländern beginnt<lb/> der brillantierte Schliff erst am Ende des<lb/> 17. Jahrhunderts allgemeiner zu werden. Brillan-<lb/> tierte Steine an orientalischen Objekten, vor dem<lb/> 18. Jahrhundert datierend, sind daher zum min-<lb/> desten als spätere Beigaben anzusehen; an euro-<lb/> päischen Waffen treten sie nicht vor 1650 auf.</p><lb/> <p>In den occidentalen Ländern verliert sich<lb/> der Dolch mit der Militarisierung des Heerwesens<lb/> als der Taktik nicht entsprechend. Nur in der<lb/> italienischen und speziell venetianischen Artillerie<lb/> wird er noch im 18. Jahrhundert getragen. In<lb/> der Marine bildet der Dolch noch heute einen<lb/> Gegenstand der Ausrüstung als vorteilhafte Waffe<lb/> im Nahkampfe am Bord und in dem meist sehr<lb/> kurz währenden Entergefechte. Unter den starren<lb/> Lebensformen des Orients hat sich der Dolch<lb/> wenigstens bei den Bewohnern und den irregu-<lb/> lären Truppen noch bis heute erhalten; er tritt<lb/> aber in neuester Zeit meist nur noch in der Form<lb/> des Dolchmessers auf, das dem modernen Revolver<lb/> in dem Leibgurt zugesellt erscheint. Die alten<lb/> orientalischen Waffen verschwinden allgemach vor<lb/> den wirksameren der Europäer, nicht lange mehr<lb/> und sie gehören lediglich der Kunstgeschichte an.</p> </div> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [304/0322]
II. Die Angriffswaffen.
[Abbildung Fig. 352. Dolch mit
Griff in aufgeschlagener
Goldtausia u. zweiflüge-
ligem Knauf (à oreilles).
Klinge in Tausia, mit
Inschriften geziert. Mau-
risch 19. Jahrh. Samml.
des Marquis de Villa-
Secca.]
hierzu die mannigfachsten Stoffe benutzt wurden.
Zu Griffen verwendet man häufig Elfenbein oder
den Zahn des Narwals, des sogenannten Einhorn-
fisches, weiters auch Rhinozeroshorn. Die Schei-
den erhalten Überzüge von gewebten Stoffen,
Leder, Schlangenhaut, Fischhaut, die geschliffen
und ungeschliffen zur Anwendung kommt. Am
häufigsten finden sich an Dolchscheiden Über-
züge aus dünnem, vergoldeten Silberblech mit
gepreſsten Ornamenten, die häufig, doch nicht
immer, mit Emails geziert sind: eine alte, aus
Byzanz stammende Technik. Ein ungemein
häufig im Oriente angewendetes Ziermittel bildet
der Besatz mit Edelsteinen. Wir finden unter
diesen auſser anderen und weit kostbareren vor-
wiegend den grünlichen, orientalischen Türkis und
den Granat vertreten. Bei der Beurteilung des
Steinschmuckes ist zu bemerken, daſs die ge-
faſsten Edelsteine im Oriente mit den seltensten
Ausnahmen nicht geschliffen, „gemugelt“, vor-
kommen. Selbst in unseren Ländern beginnt
der brillantierte Schliff erst am Ende des
17. Jahrhunderts allgemeiner zu werden. Brillan-
tierte Steine an orientalischen Objekten, vor dem
18. Jahrhundert datierend, sind daher zum min-
desten als spätere Beigaben anzusehen; an euro-
päischen Waffen treten sie nicht vor 1650 auf.
In den occidentalen Ländern verliert sich
der Dolch mit der Militarisierung des Heerwesens
als der Taktik nicht entsprechend. Nur in der
italienischen und speziell venetianischen Artillerie
wird er noch im 18. Jahrhundert getragen. In
der Marine bildet der Dolch noch heute einen
Gegenstand der Ausrüstung als vorteilhafte Waffe
im Nahkampfe am Bord und in dem meist sehr
kurz währenden Entergefechte. Unter den starren
Lebensformen des Orients hat sich der Dolch
wenigstens bei den Bewohnern und den irregu-
lären Truppen noch bis heute erhalten; er tritt
aber in neuester Zeit meist nur noch in der Form
des Dolchmessers auf, das dem modernen Revolver
in dem Leibgurt zugesellt erscheint. Die alten
orientalischen Waffen verschwinden allgemach vor
den wirksameren der Europäer, nicht lange mehr
und sie gehören lediglich der Kunstgeschichte an.
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