Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.A. Blanke Waffen. 3. Der Degen. Brauchbarkeit auf die Fertigung zu legen. Toledaner Klingen standendarin anfänglich in bedeutendem Rufe, sie wurden, um ihre unüber- treffliche Elastizität zu demonstrieren, auch kreisförmig eingebogen in den Handel gebracht. Am Ende des Jahrhunderts hatten aber die Belluneser und Brescianer Werkstätten ihre Rivalen in der Güte der Klingen erreicht, ja teils überflügelt, denn diese erzeugten nun Klingen von vollständiger Güte, dabei aber von so fabelhaft geringem Ge- wichte, als seien sie von Holz gefertigt. Die berühmten Belluneser Schwertfeger Ferrara versendeten um 1560 ihre Klingen gleichfalls in eingebogenem Zustande. Berühmt sind die Degenklingen mit Giftzügen geworden, in welchen [Abbildung]
Fig. 324. zuerst die Mauren, später die Spanier ihre ungemeine Geschicklichkeit imFechtdegen. Der Griff aus geschnittenem und durch- Schmieden des Eisens bewiesen.*) Wir haben bereits erwähnt, dass schon im 11. Jahrhundert sich deutliche Spuren von dem Bestreben zeigen, die Klinge dadurch zu erleichtern, dass man sie durchlöcherte; nun aber wurde diese Kunst mit einer Geschicklichkeit weitergebildet, die alles Staunen erregt, denn nun werden die Klingen mit tiefen *) Die Behauptung, dass diese Durchlöcherungen dazu dienten, um einen
Giftstoff, in welchen die Klinge getaucht wurde, in dieser aufzunehmen und wirk- sam zu erhalten, ist, wenigstens für den Kriegsgebrauch, nirgends zu erweisen. Überhaupt gehören die meisten Erzählungen von vergifteten Klingen ins Gebiet der Romantik. A. Blanke Waffen. 3. Der Degen. Brauchbarkeit auf die Fertigung zu legen. Toledaner Klingen standendarin anfänglich in bedeutendem Rufe, sie wurden, um ihre unüber- treffliche Elastizität zu demonstrieren, auch kreisförmig eingebogen in den Handel gebracht. Am Ende des Jahrhunderts hatten aber die Belluneser und Brescianer Werkstätten ihre Rivalen in der Güte der Klingen erreicht, ja teils überflügelt, denn diese erzeugten nun Klingen von vollständiger Güte, dabei aber von so fabelhaft geringem Ge- wichte, als seien sie von Holz gefertigt. Die berühmten Belluneser Schwertfeger Ferrara versendeten um 1560 ihre Klingen gleichfalls in eingebogenem Zustande. Berühmt sind die Degenklingen mit Giftzügen geworden, in welchen [Abbildung]
Fig. 324. zuerst die Mauren, später die Spanier ihre ungemeine Geschicklichkeit imFechtdegen. Der Griff aus geschnittenem und durch- Schmieden des Eisens bewiesen.*) Wir haben bereits erwähnt, daſs schon im 11. Jahrhundert sich deutliche Spuren von dem Bestreben zeigen, die Klinge dadurch zu erleichtern, daſs man sie durchlöcherte; nun aber wurde diese Kunst mit einer Geschicklichkeit weitergebildet, die alles Staunen erregt, denn nun werden die Klingen mit tiefen *) Die Behauptung, daſs diese Durchlöcherungen dazu dienten, um einen
Giftstoff, in welchen die Klinge getaucht wurde, in dieser aufzunehmen und wirk- sam zu erhalten, ist, wenigstens für den Kriegsgebrauch, nirgends zu erweisen. Überhaupt gehören die meisten Erzählungen von vergifteten Klingen ins Gebiet der Romantik. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0305" n="287"/><fw place="top" type="header">A. Blanke Waffen. 3. Der Degen.</fw><lb/> Brauchbarkeit auf die Fertigung zu legen. Toledaner Klingen standen<lb/> darin anfänglich in bedeutendem Rufe, sie wurden, um ihre unüber-<lb/> treffliche Elastizität zu demonstrieren, auch kreisförmig eingebogen in<lb/> den Handel gebracht. Am Ende des Jahrhunderts hatten aber die<lb/> Belluneser und Brescianer Werkstätten ihre Rivalen in der Güte der<lb/> Klingen erreicht, ja teils überflügelt, denn diese erzeugten nun Klingen<lb/> von vollständiger Güte, dabei aber von so fabelhaft geringem Ge-<lb/> wichte, als seien sie von Holz gefertigt. Die berühmten Belluneser<lb/> Schwertfeger <hi rendition="#g">Ferrara</hi> versendeten um 1560 ihre Klingen gleichfalls<lb/> in eingebogenem Zustande.</p><lb/> <p>Berühmt sind die Degenklingen mit <hi rendition="#g">Giftzügen</hi> geworden, in welchen<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 324.</head><p><hi rendition="#g">Fechtdegen</hi>. Der Griff aus geschnittenem und durch-<lb/> brochenem Eisen besitzt lange Parierstangen, Griffbügel und einen vollen<lb/> (schalenförmigen) Korb. 17. Jahrhundert. Italienisch.</p></figure><lb/> zuerst die Mauren, später die Spanier ihre ungemeine Geschicklichkeit im<lb/> Schmieden des Eisens bewiesen.<note place="foot" n="*)">Die Behauptung, daſs diese Durchlöcherungen dazu dienten, um einen<lb/> Giftstoff, in welchen die Klinge getaucht wurde, in dieser aufzunehmen und wirk-<lb/> sam zu erhalten, ist, wenigstens für den Kriegsgebrauch, nirgends zu erweisen.<lb/> Überhaupt gehören die meisten Erzählungen von vergifteten Klingen ins Gebiet<lb/> der Romantik.</note> Wir haben bereits erwähnt, daſs<lb/> schon im 11. Jahrhundert sich deutliche Spuren von dem Bestreben<lb/> zeigen, die Klinge dadurch zu erleichtern, daſs man sie durchlöcherte;<lb/> nun aber wurde diese Kunst mit einer Geschicklichkeit weitergebildet,<lb/> die alles Staunen erregt, denn nun werden die Klingen mit tiefen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [287/0305]
A. Blanke Waffen. 3. Der Degen.
Brauchbarkeit auf die Fertigung zu legen. Toledaner Klingen standen
darin anfänglich in bedeutendem Rufe, sie wurden, um ihre unüber-
treffliche Elastizität zu demonstrieren, auch kreisförmig eingebogen in
den Handel gebracht. Am Ende des Jahrhunderts hatten aber die
Belluneser und Brescianer Werkstätten ihre Rivalen in der Güte der
Klingen erreicht, ja teils überflügelt, denn diese erzeugten nun Klingen
von vollständiger Güte, dabei aber von so fabelhaft geringem Ge-
wichte, als seien sie von Holz gefertigt. Die berühmten Belluneser
Schwertfeger Ferrara versendeten um 1560 ihre Klingen gleichfalls
in eingebogenem Zustande.
Berühmt sind die Degenklingen mit Giftzügen geworden, in welchen
[Abbildung Fig. 324. Fechtdegen. Der Griff aus geschnittenem und durch-
brochenem Eisen besitzt lange Parierstangen, Griffbügel und einen vollen
(schalenförmigen) Korb. 17. Jahrhundert. Italienisch.]
zuerst die Mauren, später die Spanier ihre ungemeine Geschicklichkeit im
Schmieden des Eisens bewiesen. *) Wir haben bereits erwähnt, daſs
schon im 11. Jahrhundert sich deutliche Spuren von dem Bestreben
zeigen, die Klinge dadurch zu erleichtern, daſs man sie durchlöcherte;
nun aber wurde diese Kunst mit einer Geschicklichkeit weitergebildet,
die alles Staunen erregt, denn nun werden die Klingen mit tiefen
*) Die Behauptung, daſs diese Durchlöcherungen dazu dienten, um einen
Giftstoff, in welchen die Klinge getaucht wurde, in dieser aufzunehmen und wirk-
sam zu erhalten, ist, wenigstens für den Kriegsgebrauch, nirgends zu erweisen.
Überhaupt gehören die meisten Erzählungen von vergifteten Klingen ins Gebiet
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