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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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II. Die Angriffswaffen.
Klingen. In der Verzierung der Klingen tritt mit dem Beginne des
16. Jahrhunderts eine bemerkenswerte Änderung insofern ein, als
die neue Erfindung der Ätzkunst nun auch hier als Ziermittel zur
Verwendung gelangte, während wir vor diesem Zeitpunkte nur
gravierten Klingen begegnen. Von Italien her kam das Bläuen der
Klingen und das Verzieren durch Goldschmelz in Aufnahme. Auch
[Abbildung] Fig. 307.

Persi-
sches Schwert
mit
Wurfspiess samt Leder-
scheide. Die Klinge ist
aus feinem Chorassan-
stahl. Ältere Form,
die an solche des 16.
Jahrh. sich anreiht.

das Violett- und Rotanlaufen der Klinge kommt
in Aufnahme, nicht minder die ein- oder auf-
geschlagene Tausia. Im 30jährigen Kriege er-
scheinen die kaiserlichen Reiter mit mässig langen
Schwertern, deren Griffe viel Ähnlichkeit mit den
schiavonas besitzen. Nach dem Schlusse des
deutschen Krieges beim Beginne der Türkenkriege
tritt ungarischer Einfluss immer merkbarer auf;
er erstreckt sich bald auf alle westlichen Heere.
Nun nimmt die deutsche Reiterei eine Waffe
mit gerader Klinge und säbelartiger Fassung an,
die direkt von dem alten ungarischen Säbel ab-
stammt. In dieser Form findet sie auch in dem
französischen Heere Eingang. Die säbelartige
Fassung charakterisiert sich besonders durch das
nach vorn gebogene Griffholz, welches rückwärts
mit einem Beschläge, der sogenannten "Kappe",
verstärkt ist. Die übrigen Bestandteile sind die
Parierstange, das Stichblatt, bei älteren Exem-
plaren an der inneren Seite auch der Daumen-
ring, endlich der Griffbügel, dieser oft in Ver-
bindung mit einem Korbe. Das Fussvolk erhält
um jene Zeit eine Waffe, deren Fassung ein
französisches Muster darstellt; es ist eine kurze
Klinge mit dem Griffe des noch heute üblichen
Degens; mit diesen Umwandlungen verschwand
das Schwert in seiner alten charakteristischen Ge-
stalt aus den Heeren.

In der ältesten Zeit bedienten sich die Inder,
Perser und Araber des Schwertes mit gerader
Klinge, wie im Occident. Ein Unterschied bestand
bloss in der Form des Griffes und der deko-
rativen Ausstattung. (Fig. 307.) Diese Griff-
formen fanden im Verlaufe der Zeit in den asia-
tischen Ländern eine andere Ausgestaltung als im
Westen, wie in Sizilien, an der afrikanischen Küste
und im maurischen Spanien, und der Gegensatz ist selbst in stilistischer
Hinsicht nicht unbedeutend. Im frühen Mittelalter tritt unter den
Turkmanen das Krumschwert auf, das vom 9. Jahrhundert an die

II. Die Angriffswaffen.
Klingen. In der Verzierung der Klingen tritt mit dem Beginne des
16. Jahrhunderts eine bemerkenswerte Änderung insofern ein, als
die neue Erfindung der Ätzkunst nun auch hier als Ziermittel zur
Verwendung gelangte, während wir vor diesem Zeitpunkte nur
gravierten Klingen begegnen. Von Italien her kam das Bläuen der
Klingen und das Verzieren durch Goldschmelz in Aufnahme. Auch
[Abbildung] Fig. 307.

Persi-
sches Schwert
mit
Wurfspieſs samt Leder-
scheide. Die Klinge ist
aus feinem Chorassan-
stahl. Ältere Form,
die an solche des 16.
Jahrh. sich anreiht.

das Violett- und Rotanlaufen der Klinge kommt
in Aufnahme, nicht minder die ein- oder auf-
geschlagene Tausia. Im 30jährigen Kriege er-
scheinen die kaiserlichen Reiter mit mäſsig langen
Schwertern, deren Griffe viel Ähnlichkeit mit den
schiavonas besitzen. Nach dem Schlusse des
deutschen Krieges beim Beginne der Türkenkriege
tritt ungarischer Einfluſs immer merkbarer auf;
er erstreckt sich bald auf alle westlichen Heere.
Nun nimmt die deutsche Reiterei eine Waffe
mit gerader Klinge und säbelartiger Fassung an,
die direkt von dem alten ungarischen Säbel ab-
stammt. In dieser Form findet sie auch in dem
französischen Heere Eingang. Die säbelartige
Fassung charakterisiert sich besonders durch das
nach vorn gebogene Griffholz, welches rückwärts
mit einem Beschläge, der sogenannten „Kappe“,
verstärkt ist. Die übrigen Bestandteile sind die
Parierstange, das Stichblatt, bei älteren Exem-
plaren an der inneren Seite auch der Daumen-
ring, endlich der Griffbügel, dieser oft in Ver-
bindung mit einem Korbe. Das Fuſsvolk erhält
um jene Zeit eine Waffe, deren Fassung ein
französisches Muster darstellt; es ist eine kurze
Klinge mit dem Griffe des noch heute üblichen
Degens; mit diesen Umwandlungen verschwand
das Schwert in seiner alten charakteristischen Ge-
stalt aus den Heeren.

In der ältesten Zeit bedienten sich die Inder,
Perser und Araber des Schwertes mit gerader
Klinge, wie im Occident. Ein Unterschied bestand
bloſs in der Form des Griffes und der deko-
rativen Ausstattung. (Fig. 307.) Diese Griff-
formen fanden im Verlaufe der Zeit in den asia-
tischen Ländern eine andere Ausgestaltung als im
Westen, wie in Sizilien, an der afrikanischen Küste
und im maurischen Spanien, und der Gegensatz ist selbst in stilistischer
Hinsicht nicht unbedeutend. Im frühen Mittelalter tritt unter den
Turkmanen das Krumschwert auf, das vom 9. Jahrhundert an die

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[268/0286] II. Die Angriffswaffen. Klingen. In der Verzierung der Klingen tritt mit dem Beginne des 16. Jahrhunderts eine bemerkenswerte Änderung insofern ein, als die neue Erfindung der Ätzkunst nun auch hier als Ziermittel zur Verwendung gelangte, während wir vor diesem Zeitpunkte nur gravierten Klingen begegnen. Von Italien her kam das Bläuen der Klingen und das Verzieren durch Goldschmelz in Aufnahme. Auch [Abbildung Fig. 307. Persi- sches Schwert mit Wurfspieſs samt Leder- scheide. Die Klinge ist aus feinem Chorassan- stahl. Ältere Form, die an solche des 16. Jahrh. sich anreiht.] das Violett- und Rotanlaufen der Klinge kommt in Aufnahme, nicht minder die ein- oder auf- geschlagene Tausia. Im 30jährigen Kriege er- scheinen die kaiserlichen Reiter mit mäſsig langen Schwertern, deren Griffe viel Ähnlichkeit mit den schiavonas besitzen. Nach dem Schlusse des deutschen Krieges beim Beginne der Türkenkriege tritt ungarischer Einfluſs immer merkbarer auf; er erstreckt sich bald auf alle westlichen Heere. Nun nimmt die deutsche Reiterei eine Waffe mit gerader Klinge und säbelartiger Fassung an, die direkt von dem alten ungarischen Säbel ab- stammt. In dieser Form findet sie auch in dem französischen Heere Eingang. Die säbelartige Fassung charakterisiert sich besonders durch das nach vorn gebogene Griffholz, welches rückwärts mit einem Beschläge, der sogenannten „Kappe“, verstärkt ist. Die übrigen Bestandteile sind die Parierstange, das Stichblatt, bei älteren Exem- plaren an der inneren Seite auch der Daumen- ring, endlich der Griffbügel, dieser oft in Ver- bindung mit einem Korbe. Das Fuſsvolk erhält um jene Zeit eine Waffe, deren Fassung ein französisches Muster darstellt; es ist eine kurze Klinge mit dem Griffe des noch heute üblichen Degens; mit diesen Umwandlungen verschwand das Schwert in seiner alten charakteristischen Ge- stalt aus den Heeren. In der ältesten Zeit bedienten sich die Inder, Perser und Araber des Schwertes mit gerader Klinge, wie im Occident. Ein Unterschied bestand bloſs in der Form des Griffes und der deko- rativen Ausstattung. (Fig. 307.) Diese Griff- formen fanden im Verlaufe der Zeit in den asia- tischen Ländern eine andere Ausgestaltung als im Westen, wie in Sizilien, an der afrikanischen Küste und im maurischen Spanien, und der Gegensatz ist selbst in stilistischer Hinsicht nicht unbedeutend. Im frühen Mittelalter tritt unter den Turkmanen das Krumschwert auf, das vom 9. Jahrhundert an die

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/286>, abgerufen am 22.11.2024.