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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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A. Blanke Waffen. 1. Das Schwert.
geschlossen. (Fig. 293.) Erst gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts
kamen, von Italien her angeregt, Schwerter mit doppelten Faust-
schutzbügeln
in Gebrauch, ein Bügel unter dem anderen, damit die
aufgefangenen Hiebe nicht bis zur Faust dringen konnten. Bald
darauf suchte man durch einfache und doppelte Korbbügel
(Spangenkörbe) auch die Knöchel zu schützen. Die ersten derartigen
Korbgriffe kamen aus Spanien, eine besondere Ausbildung erhielten
sie aber in Mailand. In grösseren Massen wurden sie anfänglich in
Brescia, später aber auch allenthalben in Deutschland erzeugt.
Stichblätter kommen an Schwertern seltener zur Anwendung und
selbst dann nur bei italienischen. Im Oriente sind vorzugsweise bei
bei Panzerstechern scheibenförmige Stichblätter beliebt.

Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts kommt uns in vielen
Sammlungen eine Gattung von Schwertern vor Augen, die man
Schweinschwerter nennt. Wie es ihr Name schon anzeigt, dienten
sie für die Eberjagd und verdanken ihr Entstehen dem Altmeister
auf dem Gebiete des Jagdwesens, Kaiser Maximilian I. Diese
Schweinschwerter haben gewöhnlich den Reiterschwertern ähnliche
Griffe, die Klingen aber sind bis etwa drei Viertel der Länge stab-
ähnlich, ohne Schneiden; erst von da verbreitern sie sich und bilden
schneidige Spitzen, an deren oberen Enden häufig eiserne Knebel
eingeschraubt sind, damit die Klinge nicht zu weit in den Rachen
des Keilers dringen und dem Jäger gefährlich werden könne. Derlei
Schweinschwerter wurden bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts
in Deutschland und Spanien viel erzeugt; von da an verschwinden
sie, da sie den Schweinspiess doch nie ersetzten. (Fig. 294. 295.)

Bis gegen das Ende des Mittelalters ist ein Unterschied zwischen
den auf der Jagd und den im Felde geführten Schwertern nicht
merkbar. Aus Miniaturen ist nur so viel zu konstatieren, dass gegen
Bären, Eber, Luchse u. dergl. in der Regel längere, in allen übrigen
Fällen, insbesondere bei der Falkenjagd, mit Vorliebe kurze, spitze
italienische Schwerter getragen wurden. Erst um 1470 wird es in
Burgund Mode, zur Jagd sich längerer, besonders geformter Schwerter
"Gjaidschwerter" zu bedienen. Jagdschwerter aus der Zeit des
Kaisers Maximilian I. besitzen den gewöhnlichen Griff von Schwer-
tern zu anderthalb Hand, ohne Faustschutzbügel nach deutscher
Art. Zuweilen hat der Knauf eine schnabelähnliche Form. Die
Klinge ist immer einschneidig von durchschnittlich 85 cm. Länge.
Charakteristisch ist dem Jagdschwerte die an der äusseren Seite der
Scheide angebrachte sogenannte Besteckscheide, in welcher in der
Regel wenigstens ein Aufbruch-, ein Zerwirkmesser und ein Pfriemen
zum Auslösen der Fusssehnen steckte. Besteckscheiden finden sich
vom 14. Jahrhundert an auch häufig an Scheiden von Kriegsschwer-
tern; diese enthalten in der Mehrzahl Essbestecke. Diese Form erlitt
am Beginne des 16. Jahrhundert durch italienischen Einfluss eine

A. Blanke Waffen. 1. Das Schwert.
geschlossen. (Fig. 293.) Erst gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts
kamen, von Italien her angeregt, Schwerter mit doppelten Faust-
schutzbügeln
in Gebrauch, ein Bügel unter dem anderen, damit die
aufgefangenen Hiebe nicht bis zur Faust dringen konnten. Bald
darauf suchte man durch einfache und doppelte Korbbügel
(Spangenkörbe) auch die Knöchel zu schützen. Die ersten derartigen
Korbgriffe kamen aus Spanien, eine besondere Ausbildung erhielten
sie aber in Mailand. In gröſseren Massen wurden sie anfänglich in
Brescia, später aber auch allenthalben in Deutschland erzeugt.
Stichblätter kommen an Schwertern seltener zur Anwendung und
selbst dann nur bei italienischen. Im Oriente sind vorzugsweise bei
bei Panzerstechern scheibenförmige Stichblätter beliebt.

Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts kommt uns in vielen
Sammlungen eine Gattung von Schwertern vor Augen, die man
Schweinschwerter nennt. Wie es ihr Name schon anzeigt, dienten
sie für die Eberjagd und verdanken ihr Entstehen dem Altmeister
auf dem Gebiete des Jagdwesens, Kaiser Maximilian I. Diese
Schweinschwerter haben gewöhnlich den Reiterschwertern ähnliche
Griffe, die Klingen aber sind bis etwa drei Viertel der Länge stab-
ähnlich, ohne Schneiden; erst von da verbreitern sie sich und bilden
schneidige Spitzen, an deren oberen Enden häufig eiserne Knebel
eingeschraubt sind, damit die Klinge nicht zu weit in den Rachen
des Keilers dringen und dem Jäger gefährlich werden könne. Derlei
Schweinschwerter wurden bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts
in Deutschland und Spanien viel erzeugt; von da an verschwinden
sie, da sie den Schweinspieſs doch nie ersetzten. (Fig. 294. 295.)

Bis gegen das Ende des Mittelalters ist ein Unterschied zwischen
den auf der Jagd und den im Felde geführten Schwertern nicht
merkbar. Aus Miniaturen ist nur so viel zu konstatieren, daſs gegen
Bären, Eber, Luchse u. dergl. in der Regel längere, in allen übrigen
Fällen, insbesondere bei der Falkenjagd, mit Vorliebe kurze, spitze
italienische Schwerter getragen wurden. Erst um 1470 wird es in
Burgund Mode, zur Jagd sich längerer, besonders geformter Schwerter
„Gjaidschwerter“ zu bedienen. Jagdschwerter aus der Zeit des
Kaisers Maximilian I. besitzen den gewöhnlichen Griff von Schwer-
tern zu anderthalb Hand, ohne Faustschutzbügel nach deutscher
Art. Zuweilen hat der Knauf eine schnabelähnliche Form. Die
Klinge ist immer einschneidig von durchschnittlich 85 cm. Länge.
Charakteristisch ist dem Jagdschwerte die an der äuſseren Seite der
Scheide angebrachte sogenannte Besteckscheide, in welcher in der
Regel wenigstens ein Aufbruch-, ein Zerwirkmesser und ein Pfriemen
zum Auslösen der Fuſssehnen steckte. Besteckscheiden finden sich
vom 14. Jahrhundert an auch häufig an Scheiden von Kriegsschwer-
tern; diese enthalten in der Mehrzahl Eſsbestecke. Diese Form erlitt
am Beginne des 16. Jahrhundert durch italienischen Einfluſs eine

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[255/0273] A. Blanke Waffen. 1. Das Schwert. geschlossen. (Fig. 293.) Erst gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts kamen, von Italien her angeregt, Schwerter mit doppelten Faust- schutzbügeln in Gebrauch, ein Bügel unter dem anderen, damit die aufgefangenen Hiebe nicht bis zur Faust dringen konnten. Bald darauf suchte man durch einfache und doppelte Korbbügel (Spangenkörbe) auch die Knöchel zu schützen. Die ersten derartigen Korbgriffe kamen aus Spanien, eine besondere Ausbildung erhielten sie aber in Mailand. In gröſseren Massen wurden sie anfänglich in Brescia, später aber auch allenthalben in Deutschland erzeugt. Stichblätter kommen an Schwertern seltener zur Anwendung und selbst dann nur bei italienischen. Im Oriente sind vorzugsweise bei bei Panzerstechern scheibenförmige Stichblätter beliebt. Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts kommt uns in vielen Sammlungen eine Gattung von Schwertern vor Augen, die man Schweinschwerter nennt. Wie es ihr Name schon anzeigt, dienten sie für die Eberjagd und verdanken ihr Entstehen dem Altmeister auf dem Gebiete des Jagdwesens, Kaiser Maximilian I. Diese Schweinschwerter haben gewöhnlich den Reiterschwertern ähnliche Griffe, die Klingen aber sind bis etwa drei Viertel der Länge stab- ähnlich, ohne Schneiden; erst von da verbreitern sie sich und bilden schneidige Spitzen, an deren oberen Enden häufig eiserne Knebel eingeschraubt sind, damit die Klinge nicht zu weit in den Rachen des Keilers dringen und dem Jäger gefährlich werden könne. Derlei Schweinschwerter wurden bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Deutschland und Spanien viel erzeugt; von da an verschwinden sie, da sie den Schweinspieſs doch nie ersetzten. (Fig. 294. 295.) Bis gegen das Ende des Mittelalters ist ein Unterschied zwischen den auf der Jagd und den im Felde geführten Schwertern nicht merkbar. Aus Miniaturen ist nur so viel zu konstatieren, daſs gegen Bären, Eber, Luchse u. dergl. in der Regel längere, in allen übrigen Fällen, insbesondere bei der Falkenjagd, mit Vorliebe kurze, spitze italienische Schwerter getragen wurden. Erst um 1470 wird es in Burgund Mode, zur Jagd sich längerer, besonders geformter Schwerter „Gjaidschwerter“ zu bedienen. Jagdschwerter aus der Zeit des Kaisers Maximilian I. besitzen den gewöhnlichen Griff von Schwer- tern zu anderthalb Hand, ohne Faustschutzbügel nach deutscher Art. Zuweilen hat der Knauf eine schnabelähnliche Form. Die Klinge ist immer einschneidig von durchschnittlich 85 cm. Länge. Charakteristisch ist dem Jagdschwerte die an der äuſseren Seite der Scheide angebrachte sogenannte Besteckscheide, in welcher in der Regel wenigstens ein Aufbruch-, ein Zerwirkmesser und ein Pfriemen zum Auslösen der Fuſssehnen steckte. Besteckscheiden finden sich vom 14. Jahrhundert an auch häufig an Scheiden von Kriegsschwer- tern; diese enthalten in der Mehrzahl Eſsbestecke. Diese Form erlitt am Beginne des 16. Jahrhundert durch italienischen Einfluſs eine

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/273>, abgerufen am 25.11.2024.