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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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A. Blanke Waffen. 1. Das Schwert.
Polen, wo noch bis ins 18. Jahrhundert Maschenpanzer getragen wurden,
führte ein Teil der Reiterei Panzerstecher, welche, an der linken Seite
des Sattels zwischen den Taschen eingesteckt, einen Teil der Pferde-
rüstung bildeten. Ausserdem führte der Reiter seinen Säbel.

Wie rasch auch am Beginne des 15. Jahrhunderts infolge
spanischer und italienischer Einflüsse die Formen der Schwertgriffe
wie der Klingen sich umbildeten, die deutsche Ritterschaft hielt doch
anfänglich zähe fest an der Form des alten Kürissschwertes mit langem
Griffe zu anderthalb Hand ohne Bügel und langer, mässig breiter
Klinge, wie sie sich in der Spätgotik herausstilisiert hatte. (Fig. 289.)
Die Griffe zeigen häufig eine eminente Technik im Eisenschnitt mit
wirkungsvollen dekorativen Ziermitteln, wie Mosaik, Email, Schmelz,
Gravierung. Auch der Gold- und Silberschmied, der Elfenbein-
schneider etc. nimmt allmählich häufiger Anteil an der Ausstattung des
Schwertes. Eine besondere Eigentümlichkeit an Reiterschwertern sind
die sogenannten Taschen, zweilappig geschnittene, in der Mitte
durchlöcherte Lederstücke, welche auf den Griff bis zur Parierstange
herab derart gesteckt wurden, dass die Lappen beiderseits über den
Klingenansatz reichten. Die äusseren Lappen wurden häufig mit Messing-
nägeln geziert und wohl auch mit solchem Blech beschlagen. Der
Zweck dieser Taschen war, die Angel der Klinge vor Nässe und
damit vor Rost besser zu schützen. (Fig. 289.) Diese Lappen treten
schon um 1350 auf, und man findet sie noch an Schwertern des 16.
Jahrhunderts. Die Klingen werden vielfältig graviert, mit Gold, Silber,
Kupfer oder Messing eingelegt (tauschiert) und am Ansatz vergoldet.
Die Markierung der Werkstätten durch eingehauene oder ins Gesenk
geschlagene Zeichen wird allgemein üblich, und ausnahmsweise treffen
wir auch schon Namen oder doch Monogramme von Waffenschmieden
auf denselben. Eine der ältesten Klingenmarken, die schon im 14.
Jahrhundert bekannt war, ist der sogenannte "Wolf", das Zeichen
der Passauer Werkstätten, welches bis in den Orient durch Jahr-
hunderte eine grosse Berühmtheit erlangte, leider aber auch vielfach ge-
fälscht wurde*) (Fig. 290). Ins Gesenk geschlagene Meistermarken führten

*) Es wird gegenüber den vielfach irrigen Ansichten über das Wolfszeichen
nicht überflüssig erscheinen, über selbes einige Aufschlüsse zu geben. Der Wolf leitet
sich von dem Passauer Wappenschilde ab, welches aus einem aufrecht stehenden
Wolfe in Silber im roten Felde besteht. Eine Stelle in einer alten Passauer
Chronik, welche uns Leber in seinem Werke: "Das kaiserl. Zeughaus zu Wien"
mitteilt, berichtet, dass die Passauer Klingenschmiede das Wolfszeichen 1349 durch
Albrecht den Lahmen erhalten hätten. Das stimmt nur insofern, als wir thatsächlich
keine älteren Wolfszeichen aufweisen können, aber zur Bezeichnung der Klinge
mit dem Wappen des Erzeugungsortes bedurfte es wohl keiner landesherrlichen
Begabung. Andere Werkstätten, die Solinger voran, haben sich unrecht-
mässigerweise später gleichfalls dieses Zeichens bedient. Die auf den Klingen
eingehauene Gestalt des Wolfes ist für Passauer Klingen charakteristisch und
unschwer von Fälschungen zu unterscheiden. Klingen von bischöflichen Werk-

A. Blanke Waffen. 1. Das Schwert.
Polen, wo noch bis ins 18. Jahrhundert Maschenpanzer getragen wurden,
führte ein Teil der Reiterei Panzerstecher, welche, an der linken Seite
des Sattels zwischen den Taschen eingesteckt, einen Teil der Pferde-
rüstung bildeten. Auſserdem führte der Reiter seinen Säbel.

Wie rasch auch am Beginne des 15. Jahrhunderts infolge
spanischer und italienischer Einflüsse die Formen der Schwertgriffe
wie der Klingen sich umbildeten, die deutsche Ritterschaft hielt doch
anfänglich zähe fest an der Form des alten Küriſsschwertes mit langem
Griffe zu anderthalb Hand ohne Bügel und langer, mäſsig breiter
Klinge, wie sie sich in der Spätgotik herausstilisiert hatte. (Fig. 289.)
Die Griffe zeigen häufig eine eminente Technik im Eisenschnitt mit
wirkungsvollen dekorativen Ziermitteln, wie Mosaik, Email, Schmelz,
Gravierung. Auch der Gold- und Silberschmied, der Elfenbein-
schneider etc. nimmt allmählich häufiger Anteil an der Ausstattung des
Schwertes. Eine besondere Eigentümlichkeit an Reiterschwertern sind
die sogenannten Taschen, zweilappig geschnittene, in der Mitte
durchlöcherte Lederstücke, welche auf den Griff bis zur Parierstange
herab derart gesteckt wurden, daſs die Lappen beiderseits über den
Klingenansatz reichten. Die äuſseren Lappen wurden häufig mit Messing-
nägeln geziert und wohl auch mit solchem Blech beschlagen. Der
Zweck dieser Taschen war, die Angel der Klinge vor Nässe und
damit vor Rost besser zu schützen. (Fig. 289.) Diese Lappen treten
schon um 1350 auf, und man findet sie noch an Schwertern des 16.
Jahrhunderts. Die Klingen werden vielfältig graviert, mit Gold, Silber,
Kupfer oder Messing eingelegt (tauschiert) und am Ansatz vergoldet.
Die Markierung der Werkstätten durch eingehauene oder ins Gesenk
geschlagene Zeichen wird allgemein üblich, und ausnahmsweise treffen
wir auch schon Namen oder doch Monogramme von Waffenschmieden
auf denselben. Eine der ältesten Klingenmarken, die schon im 14.
Jahrhundert bekannt war, ist der sogenannte „Wolf“, das Zeichen
der Passauer Werkstätten, welches bis in den Orient durch Jahr-
hunderte eine groſse Berühmtheit erlangte, leider aber auch vielfach ge-
fälscht wurde*) (Fig. 290). Ins Gesenk geschlagene Meistermarken führten

*) Es wird gegenüber den vielfach irrigen Ansichten über das Wolfszeichen
nicht überflüssig erscheinen, über selbes einige Aufschlüsse zu geben. Der Wolf leitet
sich von dem Passauer Wappenschilde ab, welches aus einem aufrecht stehenden
Wolfe in Silber im roten Felde besteht. Eine Stelle in einer alten Passauer
Chronik, welche uns Leber in seinem Werke: „Das kaiserl. Zeughaus zu Wien“
mitteilt, berichtet, daſs die Passauer Klingenschmiede das Wolfszeichen 1349 durch
Albrecht den Lahmen erhalten hätten. Das stimmt nur insofern, als wir thatsächlich
keine älteren Wolfszeichen aufweisen können, aber zur Bezeichnung der Klinge
mit dem Wappen des Erzeugungsortes bedurfte es wohl keiner landesherrlichen
Begabung. Andere Werkstätten, die Solinger voran, haben sich unrecht-
mäſsigerweise später gleichfalls dieses Zeichens bedient. Die auf den Klingen
eingehauene Gestalt des Wolfes ist für Passauer Klingen charakteristisch und
unschwer von Fälschungen zu unterscheiden. Klingen von bischöflichen Werk-
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[251/0269] A. Blanke Waffen. 1. Das Schwert. Polen, wo noch bis ins 18. Jahrhundert Maschenpanzer getragen wurden, führte ein Teil der Reiterei Panzerstecher, welche, an der linken Seite des Sattels zwischen den Taschen eingesteckt, einen Teil der Pferde- rüstung bildeten. Auſserdem führte der Reiter seinen Säbel. Wie rasch auch am Beginne des 15. Jahrhunderts infolge spanischer und italienischer Einflüsse die Formen der Schwertgriffe wie der Klingen sich umbildeten, die deutsche Ritterschaft hielt doch anfänglich zähe fest an der Form des alten Küriſsschwertes mit langem Griffe zu anderthalb Hand ohne Bügel und langer, mäſsig breiter Klinge, wie sie sich in der Spätgotik herausstilisiert hatte. (Fig. 289.) Die Griffe zeigen häufig eine eminente Technik im Eisenschnitt mit wirkungsvollen dekorativen Ziermitteln, wie Mosaik, Email, Schmelz, Gravierung. Auch der Gold- und Silberschmied, der Elfenbein- schneider etc. nimmt allmählich häufiger Anteil an der Ausstattung des Schwertes. Eine besondere Eigentümlichkeit an Reiterschwertern sind die sogenannten Taschen, zweilappig geschnittene, in der Mitte durchlöcherte Lederstücke, welche auf den Griff bis zur Parierstange herab derart gesteckt wurden, daſs die Lappen beiderseits über den Klingenansatz reichten. Die äuſseren Lappen wurden häufig mit Messing- nägeln geziert und wohl auch mit solchem Blech beschlagen. Der Zweck dieser Taschen war, die Angel der Klinge vor Nässe und damit vor Rost besser zu schützen. (Fig. 289.) Diese Lappen treten schon um 1350 auf, und man findet sie noch an Schwertern des 16. Jahrhunderts. Die Klingen werden vielfältig graviert, mit Gold, Silber, Kupfer oder Messing eingelegt (tauschiert) und am Ansatz vergoldet. Die Markierung der Werkstätten durch eingehauene oder ins Gesenk geschlagene Zeichen wird allgemein üblich, und ausnahmsweise treffen wir auch schon Namen oder doch Monogramme von Waffenschmieden auf denselben. Eine der ältesten Klingenmarken, die schon im 14. Jahrhundert bekannt war, ist der sogenannte „Wolf“, das Zeichen der Passauer Werkstätten, welches bis in den Orient durch Jahr- hunderte eine groſse Berühmtheit erlangte, leider aber auch vielfach ge- fälscht wurde *) (Fig. 290). Ins Gesenk geschlagene Meistermarken führten *) Es wird gegenüber den vielfach irrigen Ansichten über das Wolfszeichen nicht überflüssig erscheinen, über selbes einige Aufschlüsse zu geben. Der Wolf leitet sich von dem Passauer Wappenschilde ab, welches aus einem aufrecht stehenden Wolfe in Silber im roten Felde besteht. Eine Stelle in einer alten Passauer Chronik, welche uns Leber in seinem Werke: „Das kaiserl. Zeughaus zu Wien“ mitteilt, berichtet, daſs die Passauer Klingenschmiede das Wolfszeichen 1349 durch Albrecht den Lahmen erhalten hätten. Das stimmt nur insofern, als wir thatsächlich keine älteren Wolfszeichen aufweisen können, aber zur Bezeichnung der Klinge mit dem Wappen des Erzeugungsortes bedurfte es wohl keiner landesherrlichen Begabung. Andere Werkstätten, die Solinger voran, haben sich unrecht- mäſsigerweise später gleichfalls dieses Zeichens bedient. Die auf den Klingen eingehauene Gestalt des Wolfes ist für Passauer Klingen charakteristisch und unschwer von Fälschungen zu unterscheiden. Klingen von bischöflichen Werk-

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/269>, abgerufen am 22.11.2024.