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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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II. Die Angriffswaffen.
lichen Schwertes. Bis in diese Zeit waren längere Schwerter auch
ohne Scheiden getragen und bloss mit Riemen umwickelt. In Frank-
reich trug der Adlige zwei Schwerter, das eine lange am Sattelbogen
rechts, das andere kürzere am Gürtel an der linken Seite. Um die
Mitte des 13. Jahrhunderts traten zuerst jene Klingen auf, welche,
mit scharfem Grat versehen, von der Angel bis zum Ende spitz zu-
laufen. Sie dienten in der Regel für den Kampf zu Fuss, wurden
aber später, besonders in Italien, auch zu Pferde getragen; ihre spitze
Form zeigt bereits an, dass man sich ihrer nicht allein für den Hieb,
sondern auch für den Stich nach den Zwischenräumen des Panzer-
zeuges, nach unbedeckten oder weniger verwahrten Stellen des
Körpers bediente. Die Schwertscheiden jener Zeit sind von Holz
mit meist getriebenen Metallbeschlägen. Die immer mehr zunehmende
Verbesserung des Harnisches war Ursache, dass im 14. Jahrhundert
auch die Klingen eine bedeutendere Stärke erhielten, um im Hiebe
auch entsprechende Wirkung zu erreichen. Man findet denn auch
an den Klingen der eigentlichen Armeewaffen jener Zeit den Hohl-
schliff seltener und die gratige Klinge allgemein, die, um nicht ein
übermässiges Gewicht zu erhalten, von der Angel an spitz zuläuft.
Für Luxuswaffen und solche, die im gewöhnlichen Verkehre getragen
wurden, waren für die Form der Klingen immer andere Bedürfnisse
ausschlaggebend. Sie waren in der Regel kurz, für den Nahkampf
berechnet, leicht, um nicht unbequem zu werden; so entwickelt sich
am Beginne des 14. Jahrhunderts in Italien und Spanien gegenüber
dem eigentlichen Kriegsschwert "die Hauswehre", deren sich in
Städten der Adlige, der Bürger, auf dem Lande der Bauer bedient.
(Fig. 279, 280.)

Bis ins 14. Jahrhundert war deutsche Art in der kriegerischen
Ausrüstung massgebend; so war auch die in Deutschland übliche
Form für das Schwert in Frankreich und England allenthalben an-
zutreffen. Von dieser Zeit an beginnt im Waffenwesen der italienische
Einfluss mächtiger zu werden. Er begann mit der Ausbildung der
Fechtkunst in Venedig, Bologna und Florenz, die sehr bald darauf
auch in Frankreich und Deutschland Eingang fand. Die allenthalben
auf dem Kontinent herumziehenden Adepten italienischer Fecht-
schulen, die Marcusbrüder, Fechtbrüder, hatten anfänglich einen nicht
unbedeutenden Einfluss auf die allmähliche Umgestaltung der Form
der Schwerter. Um 1350 finden wir bereits Fechtmeister unter der
Bezeichnung gladiatores in den deutschen Städten, 1380 Fechtschulen
(Vechtstatt) und die Meister werden Fechter genannt. Kaiser Frie-
drich III. verlieh ihnen 1487 ein Privilegium, als "Meistern des
Schwertes". Ernste Schaustellungen wurden "Bluet-Rüer-Fechten"
genannt. Herumziehende Meister hiessen Freifechter. Im 17. Jahr-
hundert treten die Federfechter auf, welche statt des Schwertes den
Degen handhabten.


II. Die Angriffswaffen.
lichen Schwertes. Bis in diese Zeit waren längere Schwerter auch
ohne Scheiden getragen und bloſs mit Riemen umwickelt. In Frank-
reich trug der Adlige zwei Schwerter, das eine lange am Sattelbogen
rechts, das andere kürzere am Gürtel an der linken Seite. Um die
Mitte des 13. Jahrhunderts traten zuerst jene Klingen auf, welche,
mit scharfem Grat versehen, von der Angel bis zum Ende spitz zu-
laufen. Sie dienten in der Regel für den Kampf zu Fuſs, wurden
aber später, besonders in Italien, auch zu Pferde getragen; ihre spitze
Form zeigt bereits an, daſs man sich ihrer nicht allein für den Hieb,
sondern auch für den Stich nach den Zwischenräumen des Panzer-
zeuges, nach unbedeckten oder weniger verwahrten Stellen des
Körpers bediente. Die Schwertscheiden jener Zeit sind von Holz
mit meist getriebenen Metallbeschlägen. Die immer mehr zunehmende
Verbesserung des Harnisches war Ursache, daſs im 14. Jahrhundert
auch die Klingen eine bedeutendere Stärke erhielten, um im Hiebe
auch entsprechende Wirkung zu erreichen. Man findet denn auch
an den Klingen der eigentlichen Armeewaffen jener Zeit den Hohl-
schliff seltener und die gratige Klinge allgemein, die, um nicht ein
übermäſsiges Gewicht zu erhalten, von der Angel an spitz zuläuft.
Für Luxuswaffen und solche, die im gewöhnlichen Verkehre getragen
wurden, waren für die Form der Klingen immer andere Bedürfnisse
ausschlaggebend. Sie waren in der Regel kurz, für den Nahkampf
berechnet, leicht, um nicht unbequem zu werden; so entwickelt sich
am Beginne des 14. Jahrhunderts in Italien und Spanien gegenüber
dem eigentlichen Kriegsschwert „die Hauswehre“, deren sich in
Städten der Adlige, der Bürger, auf dem Lande der Bauer bedient.
(Fig. 279, 280.)

Bis ins 14. Jahrhundert war deutsche Art in der kriegerischen
Ausrüstung maſsgebend; so war auch die in Deutschland übliche
Form für das Schwert in Frankreich und England allenthalben an-
zutreffen. Von dieser Zeit an beginnt im Waffenwesen der italienische
Einfluſs mächtiger zu werden. Er begann mit der Ausbildung der
Fechtkunst in Venedig, Bologna und Florenz, die sehr bald darauf
auch in Frankreich und Deutschland Eingang fand. Die allenthalben
auf dem Kontinent herumziehenden Adepten italienischer Fecht-
schulen, die Marcusbrüder, Fechtbrüder, hatten anfänglich einen nicht
unbedeutenden Einfluſs auf die allmähliche Umgestaltung der Form
der Schwerter. Um 1350 finden wir bereits Fechtmeister unter der
Bezeichnung gladiatores in den deutschen Städten, 1380 Fechtschulen
(Vechtstatt) und die Meister werden Fechter genannt. Kaiser Frie-
drich III. verlieh ihnen 1487 ein Privilegium, als „Meistern des
Schwertes“. Ernste Schaustellungen wurden „Bluet-Rüer-Fechten“
genannt. Herumziehende Meister hieſsen Freifechter. Im 17. Jahr-
hundert treten die Federfechter auf, welche statt des Schwertes den
Degen handhabten.


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[246/0264] II. Die Angriffswaffen. lichen Schwertes. Bis in diese Zeit waren längere Schwerter auch ohne Scheiden getragen und bloſs mit Riemen umwickelt. In Frank- reich trug der Adlige zwei Schwerter, das eine lange am Sattelbogen rechts, das andere kürzere am Gürtel an der linken Seite. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts traten zuerst jene Klingen auf, welche, mit scharfem Grat versehen, von der Angel bis zum Ende spitz zu- laufen. Sie dienten in der Regel für den Kampf zu Fuſs, wurden aber später, besonders in Italien, auch zu Pferde getragen; ihre spitze Form zeigt bereits an, daſs man sich ihrer nicht allein für den Hieb, sondern auch für den Stich nach den Zwischenräumen des Panzer- zeuges, nach unbedeckten oder weniger verwahrten Stellen des Körpers bediente. Die Schwertscheiden jener Zeit sind von Holz mit meist getriebenen Metallbeschlägen. Die immer mehr zunehmende Verbesserung des Harnisches war Ursache, daſs im 14. Jahrhundert auch die Klingen eine bedeutendere Stärke erhielten, um im Hiebe auch entsprechende Wirkung zu erreichen. Man findet denn auch an den Klingen der eigentlichen Armeewaffen jener Zeit den Hohl- schliff seltener und die gratige Klinge allgemein, die, um nicht ein übermäſsiges Gewicht zu erhalten, von der Angel an spitz zuläuft. Für Luxuswaffen und solche, die im gewöhnlichen Verkehre getragen wurden, waren für die Form der Klingen immer andere Bedürfnisse ausschlaggebend. Sie waren in der Regel kurz, für den Nahkampf berechnet, leicht, um nicht unbequem zu werden; so entwickelt sich am Beginne des 14. Jahrhunderts in Italien und Spanien gegenüber dem eigentlichen Kriegsschwert „die Hauswehre“, deren sich in Städten der Adlige, der Bürger, auf dem Lande der Bauer bedient. (Fig. 279, 280.) Bis ins 14. Jahrhundert war deutsche Art in der kriegerischen Ausrüstung maſsgebend; so war auch die in Deutschland übliche Form für das Schwert in Frankreich und England allenthalben an- zutreffen. Von dieser Zeit an beginnt im Waffenwesen der italienische Einfluſs mächtiger zu werden. Er begann mit der Ausbildung der Fechtkunst in Venedig, Bologna und Florenz, die sehr bald darauf auch in Frankreich und Deutschland Eingang fand. Die allenthalben auf dem Kontinent herumziehenden Adepten italienischer Fecht- schulen, die Marcusbrüder, Fechtbrüder, hatten anfänglich einen nicht unbedeutenden Einfluſs auf die allmähliche Umgestaltung der Form der Schwerter. Um 1350 finden wir bereits Fechtmeister unter der Bezeichnung gladiatores in den deutschen Städten, 1380 Fechtschulen (Vechtstatt) und die Meister werden Fechter genannt. Kaiser Frie- drich III. verlieh ihnen 1487 ein Privilegium, als „Meistern des Schwertes“. Ernste Schaustellungen wurden „Bluet-Rüer-Fechten“ genannt. Herumziehende Meister hieſsen Freifechter. Im 17. Jahr- hundert treten die Federfechter auf, welche statt des Schwertes den Degen handhabten.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/264>, abgerufen am 22.11.2024.