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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit.
daraus und füge sie gehörig im Ringe."*) Im Arabischen heisst auch
eine Sorte von Harnischen Daaudi.

Um 1420 ist der Plattenharnisch als vollends ausgebildet zu
betrachten, alle nachfolgenden Veränderungen desselben erscheinen
nur als partielle Verbesserungen oder als Launen der Mode, die nun
einen allmählich entschiedeneren Einfluss auf die Bewaffnung nimmt.

Die Veränderungen in der Harnischform erscheinen zuweilen
drastisch und machen oft schon nach wenigen Jahren anderen Platz;
dabei machen sich nationale Eigenformen merklich, die die Übersicht
im Formenwesen sehr erschweren. (Fig. 158.)

Um 1450 reicht die kugelförmige Brust um etwas tiefer, diese
Vergrösserung bewirkte, dass dieselbe in zwei Stücken gefertigt wurde.
Dadurch entsteht die geschiftete Brust. Der obere Schiftteil wird in
Italien mit Stoff bedeckt, so dass das Ganze aussieht, als sässe der
untere Schiftteil (bruech) über einem Lentner; die Achseln werden
gross, bis zu einer oft riesigen Dimension aber wachsen die Arm-
kacheln an. Die Beintaschen werden spitz (tuiles), neben ihnen an den
Seiten nehmen derlei kleinere (tuilettes) Platz, die Handschuhe er-
halten spitzgeschnittene Stulpen. Das Haupt bedeckt ein Kugelhelm
oder die demokratische Schallern, die Schnabelschuhe wachsen bis
zu 36 cm. an. (Fig. 159 und 160.)

Das ist um 1450 die Harnischtracht des Vornehmen, die ritter-
liche Tracht, unter den Geringeren zeigen sich noch die mannigfach-
sten veralteten Formen bis zum alten Haubert herab mit den unter-
schiedlichsten Verstärkungen durch Platten. Die Kopfbedeckung des
gemeinen Spiessknechtes ist der alte Eisenhut, die Beckenhaube und
die Hundsgugel, noch bis 1480 wird die Helmbrünne getragen, sie
verwandelt sich mit geringen Veränderungen in den Panzerkragen,
der unter den Landsknechten sich grosser Beliebtheit erfreute. In
Italien tragen die Bogen- und Armrustschützen eine eigene Art von
Harnischen, die sich als ein Mittelding von Stoffwams und Harnisch
darstellt, ihren Ursprung aber zweifelsohne im Lentner gefunden hat,
den Korazin. Schwertträger finden sich häufig in Schuppenwämsern,
Brigantinen oder nur mit Panzerhemden, Jazerins, (maglia ghiazzerina),
ausgerüstet, wie denn in Italien immer eine innigere Annäherung an
alte Formen wahrzunehmen ist und selbst Reminiszenzen an die
Antike nicht erst von der Renaissanceperiode her datieren, vielmehr
stets lebhaft gewesen sind. Sicher ist das eigentliche Schuppenhemd,
die Brigantine, aus der römischen "lorica squamata" erwachsen und
auch die Anordnung der Schuppenlagerung ist bei Korazins dieselbe,
wie sie bei genannten loricas mit Bronzeplättchen vorkommt. Was
Tacitus bei Erwähnung der Bekleidung Kaiser Othos als "tunica
ferrea" bezeichnet, ist ohne Zweifel ein ähnlich schmiegsames,

*) Auch mit Beziehung auf Sure 21. (Die Propheten.)
Boeheim, Waffenkunde. 10

Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit.
daraus und füge sie gehörig im Ringe.“*) Im Arabischen heiſst auch
eine Sorte von Harnischen Daûdi.

Um 1420 ist der Plattenharnisch als vollends ausgebildet zu
betrachten, alle nachfolgenden Veränderungen desselben erscheinen
nur als partielle Verbesserungen oder als Launen der Mode, die nun
einen allmählich entschiedeneren Einfluſs auf die Bewaffnung nimmt.

Die Veränderungen in der Harnischform erscheinen zuweilen
drastisch und machen oft schon nach wenigen Jahren anderen Platz;
dabei machen sich nationale Eigenformen merklich, die die Übersicht
im Formenwesen sehr erschweren. (Fig. 158.)

Um 1450 reicht die kugelförmige Brust um etwas tiefer, diese
Vergröſserung bewirkte, daſs dieselbe in zwei Stücken gefertigt wurde.
Dadurch entsteht die geschiftete Brust. Der obere Schiftteil wird in
Italien mit Stoff bedeckt, so daſs das Ganze aussieht, als säſse der
untere Schiftteil (bruech) über einem Lentner; die Achseln werden
groſs, bis zu einer oft riesigen Dimension aber wachsen die Arm-
kacheln an. Die Beintaschen werden spitz (tuiles), neben ihnen an den
Seiten nehmen derlei kleinere (tuilettes) Platz, die Handschuhe er-
halten spitzgeschnittene Stulpen. Das Haupt bedeckt ein Kugelhelm
oder die demokratische Schallern, die Schnabelschuhe wachsen bis
zu 36 cm. an. (Fig. 159 und 160.)

Das ist um 1450 die Harnischtracht des Vornehmen, die ritter-
liche Tracht, unter den Geringeren zeigen sich noch die mannigfach-
sten veralteten Formen bis zum alten Haubert herab mit den unter-
schiedlichsten Verstärkungen durch Platten. Die Kopfbedeckung des
gemeinen Spieſsknechtes ist der alte Eisenhut, die Beckenhaube und
die Hundsgugel, noch bis 1480 wird die Helmbrünne getragen, sie
verwandelt sich mit geringen Veränderungen in den Panzerkragen,
der unter den Landsknechten sich groſser Beliebtheit erfreute. In
Italien tragen die Bogen- und Armrustschützen eine eigene Art von
Harnischen, die sich als ein Mittelding von Stoffwams und Harnisch
darstellt, ihren Ursprung aber zweifelsohne im Lentner gefunden hat,
den Korazin. Schwertträger finden sich häufig in Schuppenwämsern,
Brigantinen oder nur mit Panzerhemden, Jazerins, (maglia ghiazzerina),
ausgerüstet, wie denn in Italien immer eine innigere Annäherung an
alte Formen wahrzunehmen ist und selbst Reminiszenzen an die
Antike nicht erst von der Renaissanceperiode her datieren, vielmehr
stets lebhaft gewesen sind. Sicher ist das eigentliche Schuppenhemd,
die Brigantine, aus der römischen „lorica squamata“ erwachsen und
auch die Anordnung der Schuppenlagerung ist bei Korazins dieselbe,
wie sie bei genannten loricas mit Bronzeplättchen vorkommt. Was
Tacitus bei Erwähnung der Bekleidung Kaiser Othos als „tunica
ferrea“ bezeichnet, ist ohne Zweifel ein ähnlich schmiegsames,

*) Auch mit Beziehung auf Sure 21. (Die Propheten.)
Boeheim, Waffenkunde. 10
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[145/0163] Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit. daraus und füge sie gehörig im Ringe.“ *) Im Arabischen heiſst auch eine Sorte von Harnischen Daûdi. Um 1420 ist der Plattenharnisch als vollends ausgebildet zu betrachten, alle nachfolgenden Veränderungen desselben erscheinen nur als partielle Verbesserungen oder als Launen der Mode, die nun einen allmählich entschiedeneren Einfluſs auf die Bewaffnung nimmt. Die Veränderungen in der Harnischform erscheinen zuweilen drastisch und machen oft schon nach wenigen Jahren anderen Platz; dabei machen sich nationale Eigenformen merklich, die die Übersicht im Formenwesen sehr erschweren. (Fig. 158.) Um 1450 reicht die kugelförmige Brust um etwas tiefer, diese Vergröſserung bewirkte, daſs dieselbe in zwei Stücken gefertigt wurde. Dadurch entsteht die geschiftete Brust. Der obere Schiftteil wird in Italien mit Stoff bedeckt, so daſs das Ganze aussieht, als säſse der untere Schiftteil (bruech) über einem Lentner; die Achseln werden groſs, bis zu einer oft riesigen Dimension aber wachsen die Arm- kacheln an. Die Beintaschen werden spitz (tuiles), neben ihnen an den Seiten nehmen derlei kleinere (tuilettes) Platz, die Handschuhe er- halten spitzgeschnittene Stulpen. Das Haupt bedeckt ein Kugelhelm oder die demokratische Schallern, die Schnabelschuhe wachsen bis zu 36 cm. an. (Fig. 159 und 160.) Das ist um 1450 die Harnischtracht des Vornehmen, die ritter- liche Tracht, unter den Geringeren zeigen sich noch die mannigfach- sten veralteten Formen bis zum alten Haubert herab mit den unter- schiedlichsten Verstärkungen durch Platten. Die Kopfbedeckung des gemeinen Spieſsknechtes ist der alte Eisenhut, die Beckenhaube und die Hundsgugel, noch bis 1480 wird die Helmbrünne getragen, sie verwandelt sich mit geringen Veränderungen in den Panzerkragen, der unter den Landsknechten sich groſser Beliebtheit erfreute. In Italien tragen die Bogen- und Armrustschützen eine eigene Art von Harnischen, die sich als ein Mittelding von Stoffwams und Harnisch darstellt, ihren Ursprung aber zweifelsohne im Lentner gefunden hat, den Korazin. Schwertträger finden sich häufig in Schuppenwämsern, Brigantinen oder nur mit Panzerhemden, Jazerins, (maglia ghiazzerina), ausgerüstet, wie denn in Italien immer eine innigere Annäherung an alte Formen wahrzunehmen ist und selbst Reminiszenzen an die Antike nicht erst von der Renaissanceperiode her datieren, vielmehr stets lebhaft gewesen sind. Sicher ist das eigentliche Schuppenhemd, die Brigantine, aus der römischen „lorica squamata“ erwachsen und auch die Anordnung der Schuppenlagerung ist bei Korazins dieselbe, wie sie bei genannten loricas mit Bronzeplättchen vorkommt. Was Tacitus bei Erwähnung der Bekleidung Kaiser Othos als „tunica ferrea“ bezeichnet, ist ohne Zweifel ein ähnlich schmiegsames, *) Auch mit Beziehung auf Sure 21. (Die Propheten.) Boeheim, Waffenkunde. 10

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/163>, abgerufen am 25.11.2024.