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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.

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an die d. Ges. von Greifswalde.

N. Auf der 456. Seite des VI.ten Artickels,
kommt noch eine feine und recht spitzfündige Ge-
genbeschuldigung unter einem fremden Nahmen
zum Vorschein, womit ihr eure Critischen Be-
trachtungen über Hrn. Gottscheds neue Dicht-
kunst auf eine sinnreiche Art beschliesset. Jhr
stellet euch an, als ob ihr gegen einem Freunde
die Partey des Schweitzers genommen habet,
um demselben eine feine Stachelrede zu lehnen,
die euch als einem Vertheidiger des Schweitzers
eben nicht zum besten angestanden: Allein

Non his auxiliis, nec defensoribus istis
Tempus eget!

Und welches ist denn diese so gar feine Stachel-
rede?

"Endlich ward er böse und sprach: Jst
"denn der Herr Gottsched deßwegen zu tadeln
"gewesen, so hat er es gleichwohl noch nicht
"so arg gemacht, daß er eines seiner Gedichte
"gantz und gar zergliedert, und uns sorgfäl-
"tig alle Schönheiten desselben angezeiget ha-
"ben sollte, aus Furcht, es möchten dieselben
"von andern nicht wahrgenommen werden."

Unstreitig wäre es arg genug für Hrn. Prof.
Gottscheden, wenn man seine Gedichte, die
er der Welt selbst als Muster anpreiset, eines
nach dem andern gantz und gar zergliederte, und
sorgfältig aussetzte, was seine blinden Verehrer
bisher daran nicht wahrgenommen haben. Zwar
sollte Hr. Gottsched diese Critische Operation
selbst vorgenommen haben, wie dieser Unbe-
kannte, den ihr redend einführet, zu wünschen
scheinet, so glaube ich auch, daß es für ihn

eben
[Crit. Saml. XI. St.] E
an die d. Geſ. von Greifswalde.

N. Auf der 456. Seite des VI.ten Artickels,
kommt noch eine feine und recht ſpitzfuͤndige Ge-
genbeſchuldigung unter einem fremden Nahmen
zum Vorſchein, womit ihr eure Critiſchen Be-
trachtungen uͤber Hrn. Gottſcheds neue Dicht-
kunſt auf eine ſinnreiche Art beſchlieſſet. Jhr
ſtellet euch an, als ob ihr gegen einem Freunde
die Partey des Schweitzers genommen habet,
um demſelben eine feine Stachelrede zu lehnen,
die euch als einem Vertheidiger des Schweitzers
eben nicht zum beſten angeſtanden: Allein

Non his auxiliis, nec defenſoribus iſtis
Tempus eget!

Und welches iſt denn dieſe ſo gar feine Stachel-
rede?

„Endlich ward er boͤſe und ſprach: Jſt
„denn der Herr Gottſched deßwegen zu tadeln
„geweſen, ſo hat er es gleichwohl noch nicht
„ſo arg gemacht, daß er eines ſeiner Gedichte
„gantz und gar zergliedert, und uns ſorgfaͤl-
„tig alle Schoͤnheiten deſſelben angezeiget ha-
„ben ſollte, aus Furcht, es moͤchten dieſelben
„von andern nicht wahrgenommen werden.„

Unſtreitig waͤre es arg genug fuͤr Hrn. Prof.
Gottſcheden, wenn man ſeine Gedichte, die
er der Welt ſelbſt als Muſter anpreiſet, eines
nach dem andern gantz und gar zergliederte, und
ſorgfaͤltig ausſetzte, was ſeine blinden Verehrer
bisher daran nicht wahrgenommen haben. Zwar
ſollte Hr. Gottſched dieſe Critiſche Operation
ſelbſt vorgenommen haben, wie dieſer Unbe-
kannte, den ihr redend einfuͤhret, zu wuͤnſchen
ſcheinet, ſo glaube ich auch, daß es fuͤr ihn

eben
[Crit. Saml. XI. St.] E
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[65/0067] an die d. Geſ. von Greifswalde. N. Auf der 456. Seite des VI.ten Artickels, kommt noch eine feine und recht ſpitzfuͤndige Ge- genbeſchuldigung unter einem fremden Nahmen zum Vorſchein, womit ihr eure Critiſchen Be- trachtungen uͤber Hrn. Gottſcheds neue Dicht- kunſt auf eine ſinnreiche Art beſchlieſſet. Jhr ſtellet euch an, als ob ihr gegen einem Freunde die Partey des Schweitzers genommen habet, um demſelben eine feine Stachelrede zu lehnen, die euch als einem Vertheidiger des Schweitzers eben nicht zum beſten angeſtanden: Allein Non his auxiliis, nec defenſoribus iſtis Tempus eget! Und welches iſt denn dieſe ſo gar feine Stachel- rede? „Endlich ward er boͤſe und ſprach: Jſt „denn der Herr Gottſched deßwegen zu tadeln „geweſen, ſo hat er es gleichwohl noch nicht „ſo arg gemacht, daß er eines ſeiner Gedichte „gantz und gar zergliedert, und uns ſorgfaͤl- „tig alle Schoͤnheiten deſſelben angezeiget ha- „ben ſollte, aus Furcht, es moͤchten dieſelben „von andern nicht wahrgenommen werden.„ Unſtreitig waͤre es arg genug fuͤr Hrn. Prof. Gottſcheden, wenn man ſeine Gedichte, die er der Welt ſelbſt als Muſter anpreiſet, eines nach dem andern gantz und gar zergliederte, und ſorgfaͤltig ausſetzte, was ſeine blinden Verehrer bisher daran nicht wahrgenommen haben. Zwar ſollte Hr. Gottſched dieſe Critiſche Operation ſelbſt vorgenommen haben, wie dieſer Unbe- kannte, den ihr redend einfuͤhret, zu wuͤnſchen ſcheinet, ſo glaube ich auch, daß es fuͤr ihn eben [Crit. Saml. XI. St.] E

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/67>, abgerufen am 28.11.2024.