[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.Von Langnau Schreiben versündigen, noch durch den verhaßten obgleich ge-rechten Tadel den Vorwurff der Eisersucht oder des Handwercksneides auf den Hals laden. Es kan einer Hrn. Breitingers critische Dichtkunst gantz durchlesen; er wird daraus kaum mercken, daß ein Gottsched in der Welt ist, der eine criti- sche Dichtkunst geschrieben haben will: Jhr müs- set ihm selbs das Zeugniß geben, daß er des Hrn. Gottscheds und seines Werckes nur wenig ge- dacht: Aber wenn ihr sogleich hinzu füget: Je- doch geschahe solches allemahl in ziemlich spöt- tischen und gehässigen Ausdrücken; so ist die- ses eine critische Verläumdung, die ihr mit den großsprechenden Versicherungen euers Vorberichts vergleichen könnet. Jn beyden Theilen der Brei- tingerschen Dichtkunst kömmt der Nahme Gott- sched kaum dreymahl zum Vorscheine: Als nem- lich in dem II.ten Theile auf der 331. Seite in den Anmerckungen, wo er nur bloßhin, ohne den we- nigsten Zusatz, angeführet wird; und in dem I. sten Theile auf der 325. Seite, wo seine Beschreibung der Sehnsucht nach friedlichen Zeiten, wircklich ge- lobet wird, und nach dem Register annoch auf der 304. wo sein Nahme nicht ausgedruckt wird son- dern es nur heisset, er bürdet Homer in der Be- schreibung des Schildes Achilles ein Versehen auf. Wer hätte nun glauben können, daß eben der ernsthafte moralische Straf-Prediger, den wir oben angehört, und der nichts als Aufrichtigkeit, Unparteyligkeit, Höflichkeit, Gemüthsbilligkeit etc. und dergleichen in dem Munde führet, zur Erfin- dung solcher Verläumdungen zum Behuf eines andern
Von Langnau Schreiben verſuͤndigen, noch durch den verhaßten obgleich ge-rechten Tadel den Vorwurff der Eiſerſucht oder des Handwercksneides auf den Hals laden. Es kan einer Hrn. Breitingers critiſche Dichtkunſt gantz durchleſen; er wird daraus kaum mercken, daß ein Gottſched in der Welt iſt, der eine criti- ſche Dichtkunſt geſchrieben haben will: Jhr muͤſ- ſet ihm ſelbs das Zeugniß geben, daß er des Hrn. Gottſcheds und ſeines Werckes nur wenig ge- dacht: Aber wenn ihr ſogleich hinzu fuͤget: Je- doch geſchahe ſolches allemahl in ziemlich ſpoͤt- tiſchen und gehaͤſſigen Ausdruͤcken; ſo iſt die- ſes eine critiſche Verlaͤumdung, die ihr mit den großſprechenden Verſicherungen euers Vorberichts vergleichen koͤnnet. Jn beyden Theilen der Brei- tingerſchen Dichtkunſt koͤmmt der Nahme Gott- ſched kaum dreymahl zum Vorſcheine: Als nem- lich in dem II.ten Theile auf der 331. Seite in den Anmerckungen, wo er nur bloßhin, ohne den we- nigſten Zuſatz, angefuͤhret wird; und in dem I. ſten Theile auf der 325. Seite, wo ſeine Beſchreibung der Sehnſucht nach friedlichen Zeiten, wircklich ge- lobet wird, und nach dem Regiſter annoch auf der 304. wo ſein Nahme nicht ausgedruckt wird ſon- dern es nur heiſſet, er buͤrdet Homer in der Be- ſchreibung des Schildes Achilles ein Verſehen auf. Wer haͤtte nun glauben koͤnnen, daß eben der ernſthafte moraliſche Straf-Prediger, den wir oben angehoͤrt, und der nichts als Aufrichtigkeit, Unparteyligkeit, Hoͤflichkeit, Gemuͤthsbilligkeit ꝛc. und dergleichen in dem Munde fuͤhret, zur Erfin- dung ſolcher Verlaͤumdungen zum Behuf eines andern
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Von Langnau Schreiben
verſuͤndigen, noch durch den verhaßten obgleich ge-
rechten Tadel den Vorwurff der Eiſerſucht oder
des Handwercksneides auf den Hals laden. Es
kan einer Hrn. Breitingers critiſche Dichtkunſt
gantz durchleſen; er wird daraus kaum mercken,
daß ein Gottſched in der Welt iſt, der eine criti-
ſche Dichtkunſt geſchrieben haben will: Jhr muͤſ-
ſet ihm ſelbs das Zeugniß geben, daß er des Hrn.
Gottſcheds und ſeines Werckes nur wenig ge-
dacht: Aber wenn ihr ſogleich hinzu fuͤget: Je-
doch geſchahe ſolches allemahl in ziemlich ſpoͤt-
tiſchen und gehaͤſſigen Ausdruͤcken; ſo iſt die-
ſes eine critiſche Verlaͤumdung, die ihr mit den
großſprechenden Verſicherungen euers Vorberichts
vergleichen koͤnnet. Jn beyden Theilen der Brei-
tingerſchen Dichtkunſt koͤmmt der Nahme Gott-
ſched kaum dreymahl zum Vorſcheine: Als nem-
lich in dem II.ten Theile auf der 331. Seite in den
Anmerckungen, wo er nur bloßhin, ohne den we-
nigſten Zuſatz, angefuͤhret wird; und in dem I. ſten
Theile auf der 325. Seite, wo ſeine Beſchreibung
der Sehnſucht nach friedlichen Zeiten, wircklich ge-
lobet wird, und nach dem Regiſter annoch auf der
304. wo ſein Nahme nicht ausgedruckt wird ſon-
dern es nur heiſſet, er buͤrdet Homer in der Be-
ſchreibung des Schildes Achilles ein Verſehen
auf. Wer haͤtte nun glauben koͤnnen, daß eben
der ernſthafte moraliſche Straf-Prediger, den wir
oben angehoͤrt, und der nichts als Aufrichtigkeit,
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und dergleichen in dem Munde fuͤhret, zur Erfin-
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