[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.Von Langnau Schreiben könnet, seinen verdienten Hohn durch eine Pa-stormässige Straffpredigt an den Schweitzern zu rächen. Jch ersuche euch demnach die bey- den Abschnitte in Conr. Erlenbachen Echo des deutschen Witzes, welche von der Critischen Höflichkeit, und der Gerechtigkeit einiger hoch- deutscher Kunstrichter absonderlich handeln, und die ihr in dem VIten Stücke der Schweitzerschen Critischen Sammlungen antreffen könnet, noch einmahl bedächtlich zu durchlesen, und dann mit euren Regeln von der Critischen Unparteylichkeit zu Rath zu gehen, ob eure Straffpredigt besser auf Hrn. Gottsched oder auf die Schweitzer passe, und so ferner nachzudencken, wie ihr euch rechtfertigen wollt, daß ihr Gottschedens un- billige Critick in das zehnte Jahr in der deut- schen Welt ohne Warnung und Antung frey habet rasen und schwermen lassen, und noch itzo nicht wol vertragen könnet, daß die Schweitzer sich unterfangen haben, die deutsche Welt von diesem eigensinnigen Critischen Tyrannen zu be- freyen, und ihn rechtschaffen zu demüthigen. Allein die zu dieser Klage hinzugefügte seufzende Apostrophe verdienet noch eine besondere Be- trachtung: Man verhüte doch, damit unsre Welt nicht anfange, critische und satyrische Schrifften für einerley zu halten. Worauf mag denn wohl der so unendlich grosse Unter- scheid Critischer und Satyrischer Schrifften be- ruhen, daß auch die blosse Vorstellung der Gefahr von Vermischung derselben, so tiefge- holte Seufzer und gebrochne Stoßgebethgen aus-
Von Langnau Schreiben koͤnnet, ſeinen verdienten Hohn durch eine Pa-ſtormaͤſſige Straffpredigt an den Schweitzern zu raͤchen. Jch erſuche euch demnach die bey- den Abſchnitte in Conr. Erlenbachen Echo des deutſchen Witzes, welche von der Critiſchen Hoͤflichkeit, und der Gerechtigkeit einiger hoch- deutſcher Kunſtrichter abſonderlich handeln, und die ihr in dem VIten Stuͤcke der Schweitzerſchen Critiſchen Sammlungen antreffen koͤnnet, noch einmahl bedaͤchtlich zu durchleſen, und dann mit euren Regeln von der Critiſchen Unparteylichkeit zu Rath zu gehen, ob eure Straffpredigt beſſer auf Hrn. Gottſched oder auf die Schweitzer paſſe, und ſo ferner nachzudencken, wie ihr euch rechtfertigen wollt, daß ihr Gottſchedens un- billige Critick in das zehnte Jahr in der deut- ſchen Welt ohne Warnung und Antung frey habet raſen und ſchwermen laſſen, und noch itzo nicht wol vertragen koͤnnet, daß die Schweitzer ſich unterfangen haben, die deutſche Welt von dieſem eigenſinnigen Critiſchen Tyrannen zu be- freyen, und ihn rechtſchaffen zu demuͤthigen. Allein die zu dieſer Klage hinzugefuͤgte ſeufzende Apoſtrophe verdienet noch eine beſondere Be- trachtung: Man verhuͤte doch, damit unſre Welt nicht anfange, critiſche und ſatyriſche Schrifften fuͤr einerley zu halten. Worauf mag denn wohl der ſo unendlich groſſe Unter- ſcheid Critiſcher und Satyriſcher Schrifften be- ruhen, daß auch die bloſſe Vorſtellung der Gefahr von Vermiſchung derſelben, ſo tiefge- holte Seufzer und gebrochne Stoßgebethgen aus-
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Von Langnau Schreiben
koͤnnet, ſeinen verdienten Hohn durch eine Pa-
ſtormaͤſſige Straffpredigt an den Schweitzern
zu raͤchen. Jch erſuche euch demnach die bey-
den Abſchnitte in Conr. Erlenbachen Echo des
deutſchen Witzes, welche von der Critiſchen
Hoͤflichkeit, und der Gerechtigkeit einiger hoch-
deutſcher Kunſtrichter abſonderlich handeln, und
die ihr in dem VIten Stuͤcke der Schweitzerſchen
Critiſchen Sammlungen antreffen koͤnnet, noch
einmahl bedaͤchtlich zu durchleſen, und dann mit
euren Regeln von der Critiſchen Unparteylichkeit
zu Rath zu gehen, ob eure Straffpredigt beſſer
auf Hrn. Gottſched oder auf die Schweitzer
paſſe, und ſo ferner nachzudencken, wie ihr euch
rechtfertigen wollt, daß ihr Gottſchedens un-
billige Critick in das zehnte Jahr in der deut-
ſchen Welt ohne Warnung und Antung frey
habet raſen und ſchwermen laſſen, und noch itzo
nicht wol vertragen koͤnnet, daß die Schweitzer
ſich unterfangen haben, die deutſche Welt von
dieſem eigenſinnigen Critiſchen Tyrannen zu be-
freyen, und ihn rechtſchaffen zu demuͤthigen.
Allein die zu dieſer Klage hinzugefuͤgte ſeufzende
Apoſtrophe verdienet noch eine beſondere Be-
trachtung: Man verhuͤte doch, damit unſre
Welt nicht anfange, critiſche und ſatyriſche
Schrifften fuͤr einerley zu halten. Worauf
mag denn wohl der ſo unendlich groſſe Unter-
ſcheid Critiſcher und Satyriſcher Schrifften be-
ruhen, daß auch die bloſſe Vorſtellung der
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