[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.von David. Jch war nun gantz gewillt, den Adriel zu hassen,Und Joel, dem ich schon verlobet, mich zu lassen, Wiewohl aus keiner Lieb, nein, nur aus blosser Rach, Jch wust, daß ich hiedurch mich stürtzt in Weh und Ach. Jn dem wir nun also zu Silo noch verbleiben, Gieng ich die Traurigkeit einsmahlen zu vertreiben, Mit Beroa, die da des Gera Tochter war, Am Abend in ein Holtz. Kaum waren wir alldar, Da sahn wir uns umringt von unbekannten Leuten, Die uns ohn Wortgepräng antrieben fort zu reiten,1090. Auf zugerüste Pferd, man führt uns schier halb todt Nach einem Berghaus zu, allda uns diese Rott Jn eine Kammer bracht, darinn wir Ada funden, Jhr Ansehn frischte auf der Seelen tieffe Wunden. Sie gienge mich fürbey, und sprach Beroa an, Zwar nicht mit Höflichkeit, dieweil sie dieß nicht kan Erzeigen dessen Kind, der ihre Ehr geschändet: So seh ich, daß sich noch nicht gar mein Glück geendet. Ja! Beroa, du sollt erfahren meinen Grimm. Nehmt Gera Tochter hin; sprach sie mit lauter Stimm,1100. Thut mit ihr was ihr wollt, ich geb sie euch zu eigen. Auf dieß gehörte Wort, wollt Beroa sich zeigen, (Was kan bedrängte Noth) und haschet dessen Schwerdt, Der da zu seiner Lust und Geilheit sie begehrt. Sie stellt sich in die Eck, und that sich männlich wehren, Jch wollt ihr folgen nach, und ware mein Begehren, Zu finden eh den Tod als meine Ehr geschwächt. Doch Ada spricht mir zu, ich sollt sie hören recht, Es wäre nicht um mich dieß Wesen angesehen, Besondern nur aus Rach für Gera so geschehen;1110. Und sollt ich meinen Haß ja wenden nicht zu ihr, Dann was sie hätt verübt, wär gantz nicht schädlich mir; Der Adriel wär rein, sie hätt es müssen sagen, Doch der so sie dazu bewegt, den wollt sie plagen Mit eben solchem Schimpf, des Gera Kind sollt seyn Mit ihr in gleicher Straff, in gleicher Schmach und Pein. Jch blieb hierob bestürtzt, erschrocken und erfreuet; Daß Adriel ohn Schuld, mein Liebesfeur erneuet, Daß D 3
von David. Jch war nun gantz gewillt, den Adriel zu haſſen,Und Joel, dem ich ſchon verlobet, mich zu laſſen, Wiewohl aus keiner Lieb, nein, nur aus bloſſer Rach, Jch wuſt, daß ich hiedurch mich ſtuͤrtzt in Weh und Ach. Jn dem wir nun alſo zu Silo noch verbleiben, Gieng ich die Traurigkeit einsmahlen zu vertreiben, Mit Beroa, die da des Gera Tochter war, Am Abend in ein Holtz. Kaum waren wir alldar, Da ſahn wir uns umringt von unbekannten Leuten, Die uns ohn Wortgepraͤng antrieben fort zu reiten,1090. Auf zugeruͤſte Pferd, man fuͤhrt uns ſchier halb todt Nach einem Berghaus zu, allda uns dieſe Rott Jn eine Kammer bracht, darinn wir Ada funden, Jhr Anſehn friſchte auf der Seelen tieffe Wunden. Sie gienge mich fuͤrbey, und ſprach Beroa an, Zwar nicht mit Hoͤflichkeit, dieweil ſie dieß nicht kan Erzeigen deſſen Kind, der ihre Ehr geſchaͤndet: So ſeh ich, daß ſich noch nicht gar mein Gluͤck geendet. Ja! Beroa, du ſollt erfahren meinen Grimm. Nehmt Gera Tochter hin; ſprach ſie mit lauter Stim̃,1100. Thut mit ihr was ihr wollt, ich geb ſie euch zu eigen. Auf dieß gehoͤrte Wort, wollt Beroa ſich zeigen, (Was kan bedraͤngte Noth) und haſchet deſſen Schwerdt, Der da zu ſeiner Luſt und Geilheit ſie begehrt. Sie ſtellt ſich in die Eck, und that ſich maͤnnlich wehren, Jch wollt ihr folgen nach, und ware mein Begehren, Zu finden eh den Tod als meine Ehr geſchwaͤcht. Doch Ada ſpricht mir zu, ich ſollt ſie hoͤren recht, Es waͤre nicht um mich dieß Weſen angeſehen, Beſondern nur aus Rach fuͤr Gera ſo geſchehen;1110. Und ſollt ich meinen Haß ja wenden nicht zu ihr, Dann was ſie haͤtt veruͤbt, waͤr gantz nicht ſchaͤdlich mir; Der Adriel waͤr rein, ſie haͤtt es muͤſſen ſagen, Doch der ſo ſie dazu bewegt, den wollt ſie plagen Mit eben ſolchem Schimpf, des Gera Kind ſollt ſeyn Mit ihr in gleicher Straff, in gleicher Schmach und Pein. Jch blieb hierob beſtuͤrtzt, erſchrocken und erfreuet; Daß Adriel ohn Schuld, mein Liebesfeur erneuet, Daß D 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0053" n="53"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">von David.</hi> </hi> </fw><lb/> <l>Jch war nun gantz gewillt, den Adriel zu haſſen,</l><lb/> <l>Und Joel, dem ich ſchon verlobet, mich zu laſſen,</l><lb/> <l>Wiewohl aus keiner Lieb, nein, nur aus bloſſer Rach,</l><lb/> <l>Jch wuſt, daß ich hiedurch mich ſtuͤrtzt in Weh und Ach.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>Jn dem wir nun alſo zu Silo noch verbleiben,</l><lb/> <l>Gieng ich die Traurigkeit einsmahlen zu vertreiben,</l><lb/> <l>Mit Beroa, die da des Gera Tochter war,</l><lb/> <l>Am Abend in ein Holtz. Kaum waren wir alldar,</l><lb/> <l>Da ſahn wir uns umringt von unbekannten Leuten,</l><lb/> <l>Die uns ohn Wortgepraͤng antrieben fort zu reiten,<note place="right">1090.</note></l><lb/> <l>Auf zugeruͤſte Pferd, man fuͤhrt uns ſchier halb todt</l><lb/> <l>Nach einem Berghaus zu, allda uns dieſe Rott</l><lb/> <l>Jn eine Kammer bracht, darinn wir Ada funden,</l><lb/> <l>Jhr Anſehn friſchte auf der Seelen tieffe Wunden.</l><lb/> <l>Sie gienge mich fuͤrbey, und ſprach Beroa an,</l><lb/> <l>Zwar nicht mit Hoͤflichkeit, dieweil ſie dieß nicht kan</l><lb/> <l>Erzeigen deſſen Kind, der ihre Ehr geſchaͤndet:</l><lb/> <l>So ſeh ich, daß ſich noch nicht gar mein Gluͤck geendet.</l><lb/> <l>Ja! Beroa, du ſollt erfahren meinen Grimm.</l><lb/> <l>Nehmt Gera Tochter hin; ſprach ſie mit lauter Stim̃,<note place="right">1100.</note></l><lb/> <l>Thut mit ihr was ihr wollt, ich geb ſie euch zu eigen.</l><lb/> <l>Auf dieß gehoͤrte Wort, wollt Beroa ſich zeigen,</l><lb/> <l>(Was kan bedraͤngte Noth) und haſchet deſſen Schwerdt,</l><lb/> <l>Der da zu ſeiner Luſt und Geilheit ſie begehrt.</l><lb/> <l>Sie ſtellt ſich in die Eck, und that ſich maͤnnlich wehren,</l><lb/> <l>Jch wollt ihr folgen nach, und ware mein Begehren,</l><lb/> <l>Zu finden eh den Tod als meine Ehr geſchwaͤcht.</l><lb/> <l>Doch Ada ſpricht mir zu, ich ſollt ſie hoͤren recht,</l><lb/> <l>Es waͤre nicht um mich dieß Weſen angeſehen,</l><lb/> <l>Beſondern nur aus Rach fuͤr Gera ſo geſchehen;<note place="right">1110.</note></l><lb/> <l>Und ſollt ich meinen Haß ja wenden nicht zu ihr,</l><lb/> <l>Dann was ſie haͤtt veruͤbt, waͤr gantz nicht ſchaͤdlich mir;</l><lb/> <l>Der Adriel waͤr rein, ſie haͤtt es muͤſſen ſagen,</l><lb/> <l>Doch der ſo ſie dazu bewegt, den wollt ſie plagen</l><lb/> <l>Mit eben ſolchem Schimpf, des Gera Kind ſollt ſeyn</l><lb/> <l>Mit ihr in gleicher Straff, in gleicher Schmach und Pein.</l><lb/> <l>Jch blieb hierob beſtuͤrtzt, erſchrocken und erfreuet;</l><lb/> <l>Daß Adriel ohn Schuld, mein Liebesfeur erneuet,</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [53/0053]
von David.
Jch war nun gantz gewillt, den Adriel zu haſſen,
Und Joel, dem ich ſchon verlobet, mich zu laſſen,
Wiewohl aus keiner Lieb, nein, nur aus bloſſer Rach,
Jch wuſt, daß ich hiedurch mich ſtuͤrtzt in Weh und Ach.
Jn dem wir nun alſo zu Silo noch verbleiben,
Gieng ich die Traurigkeit einsmahlen zu vertreiben,
Mit Beroa, die da des Gera Tochter war,
Am Abend in ein Holtz. Kaum waren wir alldar,
Da ſahn wir uns umringt von unbekannten Leuten,
Die uns ohn Wortgepraͤng antrieben fort zu reiten,
Auf zugeruͤſte Pferd, man fuͤhrt uns ſchier halb todt
Nach einem Berghaus zu, allda uns dieſe Rott
Jn eine Kammer bracht, darinn wir Ada funden,
Jhr Anſehn friſchte auf der Seelen tieffe Wunden.
Sie gienge mich fuͤrbey, und ſprach Beroa an,
Zwar nicht mit Hoͤflichkeit, dieweil ſie dieß nicht kan
Erzeigen deſſen Kind, der ihre Ehr geſchaͤndet:
So ſeh ich, daß ſich noch nicht gar mein Gluͤck geendet.
Ja! Beroa, du ſollt erfahren meinen Grimm.
Nehmt Gera Tochter hin; ſprach ſie mit lauter Stim̃,
Thut mit ihr was ihr wollt, ich geb ſie euch zu eigen.
Auf dieß gehoͤrte Wort, wollt Beroa ſich zeigen,
(Was kan bedraͤngte Noth) und haſchet deſſen Schwerdt,
Der da zu ſeiner Luſt und Geilheit ſie begehrt.
Sie ſtellt ſich in die Eck, und that ſich maͤnnlich wehren,
Jch wollt ihr folgen nach, und ware mein Begehren,
Zu finden eh den Tod als meine Ehr geſchwaͤcht.
Doch Ada ſpricht mir zu, ich ſollt ſie hoͤren recht,
Es waͤre nicht um mich dieß Weſen angeſehen,
Beſondern nur aus Rach fuͤr Gera ſo geſchehen;
Und ſollt ich meinen Haß ja wenden nicht zu ihr,
Dann was ſie haͤtt veruͤbt, waͤr gantz nicht ſchaͤdlich mir;
Der Adriel waͤr rein, ſie haͤtt es muͤſſen ſagen,
Doch der ſo ſie dazu bewegt, den wollt ſie plagen
Mit eben ſolchem Schimpf, des Gera Kind ſollt ſeyn
Mit ihr in gleicher Straff, in gleicher Schmach und Pein.
Jch blieb hierob beſtuͤrtzt, erſchrocken und erfreuet;
Daß Adriel ohn Schuld, mein Liebesfeur erneuet,
Daß
D 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |