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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

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von David.

Wann wir es nicht mit Recht (antwort ich) wird uns schaden
Dieß Gut, weil Gottes Zorn wir so auf uns geladen.
Was, Gottes Zorn? O nein! (sprach dieser Spötter bald)
Kennt Gott den Adriel? Nein! eure Wolgestalt;
Der liebt die Merob auch, und mehrt der ihre Schätze.
Jch sagt: ich thue wohl, daß ich mich von dir setze,
O Joel dein Gespött kan mir behagen nicht,
Was wider Gott ich hör, ist wider meine Pflicht.
Hiemit ließ ich ihn da, und durffte er nicht wagen,
Damahls von seiner Lieb mir mehrers fürzusagen,710.
Wie er wohl hatt im Sinn; und haßt ich nach der Zeit
Jhn mehr noch als fürhin, und kam dieß weit und breit
Durch gantzes Bersaba, daß Adriel verlohren,
Nur bloß weil Joel mich zu seiner Lieb erkohren,
Und sprache jedermann sehr schlimm von dieser That,
Ja wer noch ehrlich war, hiefür ein Abscheu hat.
Nun hatte Adriel, seit dem er mich gesehen,
Gefühlt ein Liebesfeur in seinen Sinnen gehen,
Das ihm ließ keine Ruh, er zwingt sich wie er will,
So läufft es da doch aus, daß ich allein sein Ziel,720.
Dahin sein sinnen steht, was er soll recht beginnen,
Kan er erdencken nicht, und wie ich zu gewinnen.
Er weiß der Mutter Haß und seinen Armuthsstand,
Das sind zwey starcke Seil, die fesseln seine Hand,
Daß er zu nichtes kan was ihm beliebt gerathen.
Er kan mich lassen nicht, noch auch nach solchen Thaten
Erweisen wer er ist: sein Erbtheil ist dahin,
Die Noth bekleidt den Leib, die Liebe seinen Sinn.
Er bleibt zu Bersaba, da ihm dieß wiederfahren,
Und hielte sich da auf so lange wir da waren.730.
Man rieth vergebens ihm' er sollt nach Ramath gehn,
Allda den Samuel dieß Unrecht lassen sehn,
Das sein Sohn hätt verübt. Er wollt mich nicht betrüben,
Er sprach, Ahinoam ihr Kind das muß ich lieben,
Drum gönn ich der mein Gut der ich mich selber geb,
Ohn diese bin ich nichts, in der ich einzig leb.
Dieß hat er mir hernach selbst alles so erzehlet,
Wie ich dir izt bericht, und wie er sich gequälet,
Was
von David.

Wann wir es nicht mit Recht (antwort ich) wird uns ſchaden
Dieß Gut, weil Gottes Zorn wir ſo auf uns geladen.
Was, Gottes Zorn? O nein! (ſprach dieſer Spoͤtter bald)
Kennt Gott den Adriel? Nein! eure Wolgeſtalt;
Der liebt die Merob auch, und mehrt der ihre Schaͤtze.
Jch ſagt: ich thue wohl, daß ich mich von dir ſetze,
O Joel dein Geſpoͤtt kan mir behagen nicht,
Was wider Gott ich hoͤr, iſt wider meine Pflicht.
Hiemit ließ ich ihn da, und durffte er nicht wagen,
Damahls von ſeiner Lieb mir mehrers fuͤrzuſagen,710.
Wie er wohl hatt im Sinn; und haßt ich nach der Zeit
Jhn mehr noch als fuͤrhin, und kam dieß weit und breit
Durch gantzes Berſaba, daß Adriel verlohren,
Nur bloß weil Joel mich zu ſeiner Lieb erkohren,
Und ſprache jedermann ſehr ſchlimm von dieſer That,
Ja wer noch ehrlich war, hiefuͤr ein Abſcheu hat.
Nun hatte Adriel, ſeit dem er mich geſehen,
Gefuͤhlt ein Liebesfeur in ſeinen Sinnen gehen,
Das ihm ließ keine Ruh, er zwingt ſich wie er will,
So laͤufft es da doch aus, daß ich allein ſein Ziel,720.
Dahin ſein ſinnen ſteht, was er ſoll recht beginnen,
Kan er erdencken nicht, und wie ich zu gewinnen.
Er weiß der Mutter Haß und ſeinen Armuthsſtand,
Das ſind zwey ſtarcke Seil, die feſſeln ſeine Hand,
Daß er zu nichtes kan was ihm beliebt gerathen.
Er kan mich laſſen nicht, noch auch nach ſolchen Thaten
Erweiſen wer er iſt: ſein Erbtheil iſt dahin,
Die Noth bekleidt den Leib, die Liebe ſeinen Sinn.
Er bleibt zu Berſaba, da ihm dieß wiederfahren,
Und hielte ſich da auf ſo lange wir da waren.730.
Man rieth vergebens ihm’ er ſollt nach Ramath gehn,
Allda den Samuel dieß Unrecht laſſen ſehn,
Das ſein Sohn haͤtt veruͤbt. Er wollt mich nicht betruͤben,
Er ſprach, Ahinoam ihr Kind das muß ich lieben,
Drum goͤnn ich der mein Gut der ich mich ſelber geb,
Ohn dieſe bin ich nichts, in der ich einzig leb.
Dieß hat er mir hernach ſelbſt alles ſo erzehlet,
Wie ich dir izt bericht, und wie er ſich gequaͤlet,
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[43/0043] von David. Wann wir es nicht mit Recht (antwort ich) wird uns ſchaden Dieß Gut, weil Gottes Zorn wir ſo auf uns geladen. Was, Gottes Zorn? O nein! (ſprach dieſer Spoͤtter bald) Kennt Gott den Adriel? Nein! eure Wolgeſtalt; Der liebt die Merob auch, und mehrt der ihre Schaͤtze. Jch ſagt: ich thue wohl, daß ich mich von dir ſetze, O Joel dein Geſpoͤtt kan mir behagen nicht, Was wider Gott ich hoͤr, iſt wider meine Pflicht. Hiemit ließ ich ihn da, und durffte er nicht wagen, Damahls von ſeiner Lieb mir mehrers fuͤrzuſagen, Wie er wohl hatt im Sinn; und haßt ich nach der Zeit Jhn mehr noch als fuͤrhin, und kam dieß weit und breit Durch gantzes Berſaba, daß Adriel verlohren, Nur bloß weil Joel mich zu ſeiner Lieb erkohren, Und ſprache jedermann ſehr ſchlimm von dieſer That, Ja wer noch ehrlich war, hiefuͤr ein Abſcheu hat. Nun hatte Adriel, ſeit dem er mich geſehen, Gefuͤhlt ein Liebesfeur in ſeinen Sinnen gehen, Das ihm ließ keine Ruh, er zwingt ſich wie er will, So laͤufft es da doch aus, daß ich allein ſein Ziel, Dahin ſein ſinnen ſteht, was er ſoll recht beginnen, Kan er erdencken nicht, und wie ich zu gewinnen. Er weiß der Mutter Haß und ſeinen Armuthsſtand, Das ſind zwey ſtarcke Seil, die feſſeln ſeine Hand, Daß er zu nichtes kan was ihm beliebt gerathen. Er kan mich laſſen nicht, noch auch nach ſolchen Thaten Erweiſen wer er iſt: ſein Erbtheil iſt dahin, Die Noth bekleidt den Leib, die Liebe ſeinen Sinn. Er bleibt zu Berſaba, da ihm dieß wiederfahren, Und hielte ſich da auf ſo lange wir da waren. Man rieth vergebens ihm’ er ſollt nach Ramath gehn, Allda den Samuel dieß Unrecht laſſen ſehn, Das ſein Sohn haͤtt veruͤbt. Er wollt mich nicht betruͤben, Er ſprach, Ahinoam ihr Kind das muß ich lieben, Drum goͤnn ich der mein Gut der ich mich ſelber geb, Ohn dieſe bin ich nichts, in der ich einzig leb. Dieß hat er mir hernach ſelbſt alles ſo erzehlet, Wie ich dir izt bericht, und wie er ſich gequaͤlet, Was

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/43>, abgerufen am 25.11.2024.