[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.von David. Saul der zu Gibea sich fand mit seinen Helden, Als die von Socho ihm dieß liessen hin vermelden, War stets in seiner Burg, und ließ sich wenig sehn, Weil die Ahinoam dies rieth, um zu entgehn, Daß nicht gantz Jsrael des Königs Trauer-Wesen Sobald erfahren möcht, bis daß er erst genesen, Wie ihre Hoffnung war; und Jonathan sein Sohn, Der Helden edle Zier und der Soldaten Kron, Verhütete mit Fleiß, daß seines Vaters Zagen Nicht würd von einem Stamm zum andern umgetragen.70. Die Ursach war ihm kund, und mehr dann allzu leyd, Und deren zu entgehn war es nun nicht mehr Zeit. Die Sünde war gescheh'n, und der, so Gott verlassen, Und sein Geboth versäumt, ward wieder gleichermassen Ohn Gottes Geist und Trost alleine hingestellt; Die Gnaden-Thür war zu, das Urtheil schon gefällt, Daß Saul sein Königreich solt werden hingerissen, Wie Samuel ihm ließ von Gottes wegen wissen, Und daß sein Nächster solt, der besser, als wie er, Besteigen seinen Thron und seine Königs-Ehr.80. Wann alles dieses Saul in seinem Sinn erwoge, Und den gedrohten Fall sich zu Gemüthe zoge, Kam ihm ein Grämen an, ein Zagen, eine Quaal, Die ihm durch Marck und Bein, durchdrunge überall. Er war aus Gottes Gnad, drum kont kein Trost ihn laben. Der nicht hat Gottes Geist, was wolt der übrig haben? Wann ihm der Satan setzt mit seinen Pfeilen zu, Wo ist dann wohl ein Orth, der ihme giebet Ruh? Doch konte der allein, auf den der Geist des Herren Gerathen war, mit Krafft, des Königs Trauren kehren,90. Der schöne Hirten-Knab, Jsai jüngster Sohn, Der David, des Geschlechts und seines Hauses Kron. Den hatte man nach Hof zum König lassen kommen, Wie man an ihm zuerst die Hertzensangst vernommen, Und V. 81. Wann alles dieses Saul in seinem Sinn erwoge.) [Spaltenumbruch] Diese Ueberlegungen sind weit lebhafter, wie sie v. 158. u. folg. [Spaltenumbruch] Saul selber in den Mund gelegt werden; wo er sagt: Was kan ich ohne Gott? Gott sagte mir sonst für etc. Hier wäre genug gewesen, es mit zweyen Worten anzudeuten. B 4
von David. Saul der zu Gibea ſich fand mit ſeinen Helden, Als die von Socho ihm dieß lieſſen hin vermelden, War ſtets in ſeiner Burg, und ließ ſich wenig ſehn, Weil die Ahinoam dies rieth, um zu entgehn, Daß nicht gantz Jſrael des Koͤnigs Trauer-Weſen Sobald erfahren moͤcht, bis daß er erſt geneſen, Wie ihre Hoffnung war; und Jonathan ſein Sohn, Der Helden edle Zier und der Soldaten Kron, Verhuͤtete mit Fleiß, daß ſeines Vaters Zagen Nicht wuͤrd von einem Stam̃ zum andern umgetragen.70. Die Urſach war ihm kund, und mehr dann allzu leyd, Und deren zu entgehn war es nun nicht mehr Zeit. Die Suͤnde war geſcheh’n, und der, ſo Gott verlaſſen, Und ſein Geboth verſaͤumt, ward wieder gleichermaſſen Ohn Gottes Geiſt und Troſt alleine hingeſtellt; Die Gnaden-Thuͤr war zu, das Urtheil ſchon gefaͤllt, Daß Saul ſein Koͤnigreich ſolt werden hingeriſſen, Wie Samuel ihm ließ von Gottes wegen wiſſen, Und daß ſein Naͤchſter ſolt, der beſſer, als wie er, Beſteigen ſeinen Thron und ſeine Koͤnigs-Ehr.80. Wann alles dieſes Saul in ſeinem Sinn erwoge, Und den gedrohten Fall ſich zu Gemuͤthe zoge, Kam ihm ein Graͤmen an, ein Zagen, eine Quaal, Die ihm durch Marck und Bein, durchdrunge uͤberall. Er war aus Gottes Gnad, drum kont kein Troſt ihn laben. Der nicht hat Gottes Geiſt, was wolt der uͤbrig haben? Wann ihm der Satan ſetzt mit ſeinen Pfeilen zu, Wo iſt dann wohl ein Orth, der ihme giebet Ruh? Doch konte der allein, auf den der Geiſt des Herren Gerathen war, mit Krafft, des Koͤnigs Trauren kehren,90. Der ſchoͤne Hirten-Knab, Jſai juͤngſter Sohn, Der David, des Geſchlechts und ſeines Hauſes Kron. Den hatte man nach Hof zum Koͤnig laſſen kommen, Wie man an ihm zuerſt die Hertzensangſt vernommen, Und V. 81. Wann alles dieſes Saul in ſeinem Sinn erwoge.) [Spaltenumbruch] Dieſe Ueberlegungen ſind weit lebhafter, wie ſie v. 158. u. folg. [Spaltenumbruch] Saul ſelber in den Mund gelegt werden; wo er ſagt: Was kan ich ohne Gott? Gott ſagte mir ſonſt fuͤr ꝛc. Hier waͤre genug geweſen, es mit zweyen Worten anzudeuten. B 4
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von David.
Saul der zu Gibea ſich fand mit ſeinen Helden,
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Weil die Ahinoam dies rieth, um zu entgehn,
Daß nicht gantz Jſrael des Koͤnigs Trauer-Weſen
Sobald erfahren moͤcht, bis daß er erſt geneſen,
Wie ihre Hoffnung war; und Jonathan ſein Sohn,
Der Helden edle Zier und der Soldaten Kron,
Verhuͤtete mit Fleiß, daß ſeines Vaters Zagen
Nicht wuͤrd von einem Stam̃ zum andern umgetragen.
Die Urſach war ihm kund, und mehr dann allzu leyd,
Und deren zu entgehn war es nun nicht mehr Zeit.
Die Suͤnde war geſcheh’n, und der, ſo Gott verlaſſen,
Und ſein Geboth verſaͤumt, ward wieder gleichermaſſen
Ohn Gottes Geiſt und Troſt alleine hingeſtellt;
Die Gnaden-Thuͤr war zu, das Urtheil ſchon gefaͤllt,
Daß Saul ſein Koͤnigreich ſolt werden hingeriſſen,
Wie Samuel ihm ließ von Gottes wegen wiſſen,
Und daß ſein Naͤchſter ſolt, der beſſer, als wie er,
Beſteigen ſeinen Thron und ſeine Koͤnigs-Ehr.
Wann alles dieſes Saul in ſeinem Sinn erwoge,
Und den gedrohten Fall ſich zu Gemuͤthe zoge,
Kam ihm ein Graͤmen an, ein Zagen, eine Quaal,
Die ihm durch Marck und Bein, durchdrunge uͤberall.
Er war aus Gottes Gnad, drum kont kein Troſt ihn laben.
Der nicht hat Gottes Geiſt, was wolt der uͤbrig haben?
Wann ihm der Satan ſetzt mit ſeinen Pfeilen zu,
Wo iſt dann wohl ein Orth, der ihme giebet Ruh?
Doch konte der allein, auf den der Geiſt des Herren
Gerathen war, mit Krafft, des Koͤnigs Trauren kehren,
Der ſchoͤne Hirten-Knab, Jſai juͤngſter Sohn,
Der David, des Geſchlechts und ſeines Hauſes Kron.
Den hatte man nach Hof zum Koͤnig laſſen kommen,
Wie man an ihm zuerſt die Hertzensangſt vernommen,
Und
V. 81. Wann alles dieſes Saul in ſeinem Sinn erwoge.)
Dieſe Ueberlegungen ſind weit
lebhafter, wie ſie v. 158. u. folg.
Saul ſelber in den Mund gelegt
werden; wo er ſagt:
Was kan ich ohne Gott? Gott ſagte mir ſonſt fuͤr ꝛc.
Hier waͤre genug geweſen, es mit zweyen Worten anzudeuten.
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