[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.Von dem Zustande der Poesie Also dein Leben (schnell verflogen) Hat sich nicht anderst dann ein Tag, Stern, Morgenröth, Seufftz, Nebel, Klag, Staub, Thau, Lufft, Schnee, Blum, Regenbogen, Zweig, Schaur, Eiß, Glaß, Blitz, Wasserfall, Strahl, Gelächter, Stimm, Widerhall, Zeit, Traum, Flug, Schatt und Rauch verzogen. Auf den neuen Garten. KAnst du wohl glückseliger seyn, O du stets gesegneter Garten? Du darffest auf den Sonnenschein Nicht wie sonst ander Gärten warten. Dann deiner eignen Sonnen Glantz Kan all deine Gewächs erlaben, Und deine Gäng, Stöck, und Bäum gantz Mit bequemer Jahrs-Zeit begaben. Der Frühling ihres Angesichts Kan dich mit Gilgen, Rosen, zieren, Daß dir an Blumen mangle nichts, Wann alle Gärten schon gefrieren. So wird dein Grund mit grünem Lust, Wo sie nur ihren Fuß hinsetzet, Wie deine Zweig und Aest mit Blust Und Frucht durch ihre Hand ergetzet. Und sie in dir macht, daß ab dir Sich Himmel und Erden erquicken, Und daß du, aller Gärten Zier, Sie all mit Blumen kanst erquicken. Ja wann sie, (aller Blumen Ruhm,) Jn dir deine Gewächs betrachtet, Werden kaum gegen solcher Blum Deine Blumen wie Graß geachtet. Das
Von dem Zuſtande der Poeſie Alſo dein Leben (ſchnell verflogen) Hat ſich nicht anderſt dann ein Tag, Stern, Morgenroͤth, Seufftz, Nebel, Klag, Staub, Thau, Lufft, Schnee, Blum, Regenbogen, Zweig, Schaur, Eiß, Glaß, Blitz, Waſſerfall, Strahl, Gelaͤchter, Stimm, Widerhall, Zeit, Traum, Flug, Schatt und Rauch verzogen. Auf den neuen Garten. KAnſt du wohl gluͤckſeliger ſeyn, O du ſtets geſegneter Garten? Du darffeſt auf den Sonnenſchein Nicht wie ſonſt ander Gaͤrten warten. Dann deiner eignen Sonnen Glantz Kan all deine Gewaͤchs erlaben, Und deine Gaͤng, Stoͤck, und Baͤum gantz Mit bequemer Jahrs-Zeit begaben. Der Fruͤhling ihres Angeſichts Kan dich mit Gilgen, Roſen, zieren, Daß dir an Blumen mangle nichts, Wann alle Gaͤrten ſchon gefrieren. So wird dein Grund mit gruͤnem Luſt, Wo ſie nur ihren Fuß hinſetzet, Wie deine Zweig und Aeſt mit Bluſt Und Frucht durch ihre Hand ergetzet. Und ſie in dir macht, daß ab dir Sich Himmel und Erden erquicken, Und daß du, aller Gaͤrten Zier, Sie all mit Blumen kanſt erquicken. Ja wann ſie, (aller Blumen Ruhm,) Jn dir deine Gewaͤchs betrachtet, Werden kaum gegen ſolcher Blum Deine Blumen wie Graß geachtet. Das
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Von dem Zuſtande der Poeſie
Alſo dein Leben (ſchnell verflogen)
Hat ſich nicht anderſt dann ein Tag,
Stern, Morgenroͤth, Seufftz, Nebel, Klag,
Staub, Thau, Lufft, Schnee, Blum, Regenbogen,
Zweig, Schaur, Eiß, Glaß, Blitz, Waſſerfall,
Strahl, Gelaͤchter, Stimm, Widerhall,
Zeit, Traum, Flug, Schatt und Rauch verzogen.
Auf den neuen Garten.
KAnſt du wohl gluͤckſeliger ſeyn,
O du ſtets geſegneter Garten?
Du darffeſt auf den Sonnenſchein
Nicht wie ſonſt ander Gaͤrten warten.
Dann deiner eignen Sonnen Glantz
Kan all deine Gewaͤchs erlaben,
Und deine Gaͤng, Stoͤck, und Baͤum gantz
Mit bequemer Jahrs-Zeit begaben.
Der Fruͤhling ihres Angeſichts
Kan dich mit Gilgen, Roſen, zieren,
Daß dir an Blumen mangle nichts,
Wann alle Gaͤrten ſchon gefrieren.
So wird dein Grund mit gruͤnem Luſt,
Wo ſie nur ihren Fuß hinſetzet,
Wie deine Zweig und Aeſt mit Bluſt
Und Frucht durch ihre Hand ergetzet.
Und ſie in dir macht, daß ab dir
Sich Himmel und Erden erquicken,
Und daß du, aller Gaͤrten Zier,
Sie all mit Blumen kanſt erquicken.
Ja wann ſie, (aller Blumen Ruhm,)
Jn dir deine Gewaͤchs betrachtet,
Werden kaum gegen ſolcher Blum
Deine Blumen wie Graß geachtet.
Das
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