[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.Von dem Zustande der Poesie Rudolf Weckerlein wird von Philandern von WJr kommen nicht hieher, uns selbsten viel zu rühmen, Oder durch fremde Sprach die Wahrheit zu verblümen, Als ob wir kämen jetzt aus einem End der Welt, Oder wieder-belebt vom Elisischen Feld. Nein. Teufel sind wir nicht, noch Riesen, noch Halb-Götter, Noch Helden, noch Wildleut, noch unsers Lands Verspötter, Das teutsche Reich bekannt ist unser Vaterland, Teutsch sind wir von Geburt, von Stamme, Hertz und Hand. Was dient es, fremden Preiß und Nahmen zu entlehnen, Teutschland bedarff sich nicht mit Ausländern beschönen, Wie dann die Welt wohl weiß, daß es zu aller Zeit Treffliche Leut genug hatte zum Fried und Streit. Darum, ob wir wohl jung, nicht sonders viel erfahren, Begehren wir doch nicht unsere Fäust zu spahren, Sondern erscheinen nur in unsrer teutschen Tracht, Mit teutsch-redlichem Muth, um unser erste Macht An diesen Rittern hier (die so hoch triumphieren) Jhrer Begierd gemäß, gewaffnet zu probieren, Verhoffend zweifelsfrey, daß diese erste Prob, Vollendend ihren Ruhm, anfangen soll das Lob, So man von nun an wird durch die Streich unsrer Wehren Unter dem Firmament täglich erschallen hören. Das Sylbenmaß in diesen Gedichten ist gantz nach Leser
Von dem Zuſtande der Poeſie Rudolf Weckerlein wird von Philandern von WJr kommen nicht hieher, uns ſelbſten viel zu ruͤhmen, Oder durch fremde Sprach die Wahrheit zu verbluͤmen, Als ob wir kaͤmen jetzt aus einem End der Welt, Oder wieder-belebt vom Eliſiſchen Feld. Nein. Teufel ſind wir nicht, noch Rieſen, noch Halb-Goͤtter, Noch Helden, noch Wildleut, noch unſers Lands Verſpoͤtter, Das teutſche Reich bekannt iſt unſer Vaterland, Teutſch ſind wir von Geburt, von Stamme, Hertz und Hand. Was dient es, fremden Preiß und Nahmen zu entlehnen, Teutſchland bedarff ſich nicht mit Auslaͤndern beſchoͤnen, Wie dann die Welt wohl weiß, daß es zu aller Zeit Treffliche Leut genug hatte zum Fried und Streit. Darum, ob wir wohl jung, nicht ſonders viel erfahren, Begehren wir doch nicht unſere Faͤuſt zu ſpahren, Sondern erſcheinen nur in unſrer teutſchen Tracht, Mit teutſch-redlichem Muth, um unſer erſte Macht An dieſen Rittern hier (die ſo hoch triumphieren) Jhrer Begierd gemaͤß, gewaffnet zu probieren, Verhoffend zweifelsfrey, daß dieſe erſte Prob, Vollendend ihren Ruhm, anfangen ſoll das Lob, So man von nun an wird durch die Streich unſrer Wehren Unter dem Firmament taͤglich erſchallen hoͤren. Das Sylbenmaß in dieſen Gedichten iſt gantz nach Leſer
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0010" n="10"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von dem Zuſtande der Poeſie</hi> </fw><lb/> <p>Rudolf Weckerlein wird von Philandern von<lb/> Sittewald mit vielem Lobe angezogen. Von ihm<lb/> iſt das <hi rendition="#fr">Cartel des ehrwerbenden deutſchen jun-<lb/> gen Adels:</hi></p><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>Jr kommen nicht hieher, uns ſelbſten viel zu ruͤhmen,</l><lb/> <l>Oder durch fremde Sprach die Wahrheit zu verbluͤmen,</l><lb/> <l>Als ob wir kaͤmen jetzt aus einem End der Welt,</l><lb/> <l>Oder wieder-belebt vom Eliſiſchen Feld.</l><lb/> <l>Nein. Teufel ſind wir nicht, noch Rieſen, noch Halb-Goͤtter,</l><lb/> <l>Noch Helden, noch Wildleut, noch unſers Lands Verſpoͤtter,</l><lb/> <l>Das teutſche Reich bekannt iſt unſer Vaterland,</l><lb/> <l>Teutſch ſind wir von Geburt, von Stamme, Hertz und Hand.</l><lb/> <l>Was dient es, fremden Preiß und Nahmen zu entlehnen,</l><lb/> <l>Teutſchland bedarff ſich nicht mit Auslaͤndern beſchoͤnen,</l><lb/> <l>Wie dann die Welt wohl weiß, daß es zu aller Zeit</l><lb/> <l>Treffliche Leut genug hatte zum Fried und Streit.</l><lb/> <l>Darum, ob wir wohl jung, nicht ſonders viel erfahren,</l><lb/> <l>Begehren wir doch nicht unſere Faͤuſt zu ſpahren,</l><lb/> <l>Sondern erſcheinen nur in unſrer teutſchen Tracht,</l><lb/> <l>Mit teutſch-redlichem Muth, um unſer erſte Macht</l><lb/> <l>An dieſen Rittern hier (die ſo hoch triumphieren)</l><lb/> <l>Jhrer Begierd gemaͤß, gewaffnet zu probieren,</l><lb/> <l>Verhoffend zweifelsfrey, daß dieſe erſte Prob,</l><lb/> <l>Vollendend ihren Ruhm, anfangen ſoll das Lob,</l><lb/> <l>So man von nun an wird durch die Streich unſrer Wehren</l><lb/> <l>Unter dem Firmament taͤglich erſchallen hoͤren.</l> </lg><lb/> <p>Das Sylbenmaß in dieſen Gedichten iſt gantz nach<lb/> der Frantzoͤſiſchen Manier. Man muß darinnen<lb/> keine Abwechslung der hohen und der tiefen Syl-<lb/> ben ſuchen, ſondern mit der richtigen Anzahl der<lb/> Sylben, dem Abſchnitte und dem Reime vorlieb<lb/> nehmen. Auf mehrers haben die Verfaſſer nicht<lb/> geſehen. Sie hatten nichts weniger in Gedan-<lb/> ken, als uns ein Tonmaß von eitel Jamben zu ge-<lb/> ben. Jhre Meinung war ohne Zweifel, daß der<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Leſer</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0010]
Von dem Zuſtande der Poeſie
Rudolf Weckerlein wird von Philandern von
Sittewald mit vielem Lobe angezogen. Von ihm
iſt das Cartel des ehrwerbenden deutſchen jun-
gen Adels:
WJr kommen nicht hieher, uns ſelbſten viel zu ruͤhmen,
Oder durch fremde Sprach die Wahrheit zu verbluͤmen,
Als ob wir kaͤmen jetzt aus einem End der Welt,
Oder wieder-belebt vom Eliſiſchen Feld.
Nein. Teufel ſind wir nicht, noch Rieſen, noch Halb-Goͤtter,
Noch Helden, noch Wildleut, noch unſers Lands Verſpoͤtter,
Das teutſche Reich bekannt iſt unſer Vaterland,
Teutſch ſind wir von Geburt, von Stamme, Hertz und Hand.
Was dient es, fremden Preiß und Nahmen zu entlehnen,
Teutſchland bedarff ſich nicht mit Auslaͤndern beſchoͤnen,
Wie dann die Welt wohl weiß, daß es zu aller Zeit
Treffliche Leut genug hatte zum Fried und Streit.
Darum, ob wir wohl jung, nicht ſonders viel erfahren,
Begehren wir doch nicht unſere Faͤuſt zu ſpahren,
Sondern erſcheinen nur in unſrer teutſchen Tracht,
Mit teutſch-redlichem Muth, um unſer erſte Macht
An dieſen Rittern hier (die ſo hoch triumphieren)
Jhrer Begierd gemaͤß, gewaffnet zu probieren,
Verhoffend zweifelsfrey, daß dieſe erſte Prob,
Vollendend ihren Ruhm, anfangen ſoll das Lob,
So man von nun an wird durch die Streich unſrer Wehren
Unter dem Firmament taͤglich erſchallen hoͤren.
Das Sylbenmaß in dieſen Gedichten iſt gantz nach
der Frantzoͤſiſchen Manier. Man muß darinnen
keine Abwechslung der hohen und der tiefen Syl-
ben ſuchen, ſondern mit der richtigen Anzahl der
Sylben, dem Abſchnitte und dem Reime vorlieb
nehmen. Auf mehrers haben die Verfaſſer nicht
geſehen. Sie hatten nichts weniger in Gedan-
ken, als uns ein Tonmaß von eitel Jamben zu ge-
ben. Jhre Meinung war ohne Zweifel, daß der
Leſer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |