Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
des vierzehnten Jahrhunderts.
So schrecklich war der erste Schlag,
Nach welchem bald der Trämel stille lag.
Er rührte sich nicht um ein Haar.
Die Frösche wurden das gewahr.
Sie konnten sich im Spott nicht fassen,
Daß sie nicht auf den König sassen.
Sie fiengen wieder an zu schrey'n,
Sie könnten nicht in Ruhe seyn,
Würd ihnen nicht ein Fürst gegeben,
Ein König, unter dem sie mögten leben.
Jhr Ungestüm verdroß den Gott ein wenig.
Jm Zorn ernennet er den Storch zu ihrem König.
Der kam mit grossem Staat, mit hohem Muth u. Wesen
Vor seinem Ernste mocht kein Frosch genesen.
Sein Magen war sehr heiß, weit waren Kropf u. Schlund,
Und immer offen stuhnd der Mund.
Was ihm bekam, verschlang er lebendig.
Das Fröschen-Volck sah sich in letzter Noth,
Sie schrien: hilf Jupiter, sonst sind wir alle todt.
Er schonet weder groß noch klein.
Wir wollen gern ohn einen König seyn.
Es mag nicht seyn, sprach Jupiter,
Er ist und bleibet euer Herr;
Ein
des vierzehnten Jahrhunderts.
So ſchrecklich war der erſte Schlag,
Nach welchem bald der Traͤmel ſtille lag.
Er ruͤhrte ſich nicht um ein Haar.
Die Froͤſche wurden das gewahr.
Sie konnten ſich im Spott nicht faſſen,
Daß ſie nicht auf den Koͤnig ſaſſen.
Sie fiengen wieder an zu ſchrey’n,
Sie koͤnnten nicht in Ruhe ſeyn,
Wuͤrd ihnen nicht ein Fuͤrſt gegeben,
Ein Koͤnig, unter dem ſie moͤgten leben.
Jhr Ungeſtuͤm verdroß den Gott ein wenig.
Jm Zorn ernennet er den Storch zu ihrem Koͤnig.
Der kam mit groſſem Staat, mit hohem Muth u. Weſen
Vor ſeinem Ernſte mocht kein Froſch geneſen.
Sein Magen war ſehr heiß, weit waren Kropf u. Schlund,
Und immer offen ſtuhnd der Mund.
Was ihm bekam, verſchlang er lebendig.
Das Froͤſchen-Volck ſah ſich in letzter Noth,
Sie ſchrien: hilf Jupiter, ſonſt ſind wir alle todt.
Er ſchonet weder groß noch klein.
Wir wollen gern ohn einen Koͤnig ſeyn.
Es mag nicht ſeyn, ſprach Jupiter,
Er iſt und bleibet euer Herr;
Ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0059" n="59"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">des vierzehnten Jahrhunderts.</hi> </fw><lb/>
              <l>So &#x017F;chrecklich war der er&#x017F;te Schlag,</l><lb/>
              <l>Nach welchem bald der Tra&#x0364;mel &#x017F;tille lag.</l><lb/>
              <l>Er ru&#x0364;hrte &#x017F;ich nicht um ein Haar.</l><lb/>
              <l>Die Fro&#x0364;&#x017F;che wurden das gewahr.</l><lb/>
              <l>Sie konnten &#x017F;ich im Spott nicht fa&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie nicht auf den Ko&#x0364;nig &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
              <l>Sie fiengen wieder an zu &#x017F;chrey&#x2019;n,</l><lb/>
              <l>Sie ko&#x0364;nnten nicht in Ruhe &#x017F;eyn,</l><lb/>
              <l>Wu&#x0364;rd ihnen nicht ein Fu&#x0364;r&#x017F;t gegeben,</l><lb/>
              <l>Ein Ko&#x0364;nig, unter dem &#x017F;ie mo&#x0364;gten leben.</l><lb/>
              <l>Jhr Unge&#x017F;tu&#x0364;m verdroß den Gott ein wenig.</l><lb/>
              <l>Jm Zorn ernennet er den Storch zu ihrem Ko&#x0364;nig.</l><lb/>
              <l>Der kam mit gro&#x017F;&#x017F;em Staat, mit hohem Muth u. We&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Vor &#x017F;einem Ern&#x017F;te mocht kein Fro&#x017F;ch gene&#x017F;en.</l><lb/>
              <l>Sein Magen war &#x017F;ehr heiß, weit waren Kropf u. Schlund,</l><lb/>
              <l>Und immer offen &#x017F;tuhnd der Mund.</l><lb/>
              <l>Was ihm bekam, ver&#x017F;chlang er lebendig.</l><lb/>
              <l>Das Fro&#x0364;&#x017F;chen-Volck &#x017F;ah &#x017F;ich in letzter Noth,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;chrien: hilf Jupiter, &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ind wir alle todt.</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;chonet weder groß noch klein.</l><lb/>
              <l>Wir wollen gern ohn einen Ko&#x0364;nig &#x017F;eyn.</l><lb/>
              <l>Es mag nicht &#x017F;eyn, &#x017F;prach Jupiter,</l><lb/>
              <l>Er i&#x017F;t und bleibet euer Herr;</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0059] des vierzehnten Jahrhunderts. So ſchrecklich war der erſte Schlag, Nach welchem bald der Traͤmel ſtille lag. Er ruͤhrte ſich nicht um ein Haar. Die Froͤſche wurden das gewahr. Sie konnten ſich im Spott nicht faſſen, Daß ſie nicht auf den Koͤnig ſaſſen. Sie fiengen wieder an zu ſchrey’n, Sie koͤnnten nicht in Ruhe ſeyn, Wuͤrd ihnen nicht ein Fuͤrſt gegeben, Ein Koͤnig, unter dem ſie moͤgten leben. Jhr Ungeſtuͤm verdroß den Gott ein wenig. Jm Zorn ernennet er den Storch zu ihrem Koͤnig. Der kam mit groſſem Staat, mit hohem Muth u. Weſen Vor ſeinem Ernſte mocht kein Froſch geneſen. Sein Magen war ſehr heiß, weit waren Kropf u. Schlund, Und immer offen ſtuhnd der Mund. Was ihm bekam, verſchlang er lebendig. Das Froͤſchen-Volck ſah ſich in letzter Noth, Sie ſchrien: hilf Jupiter, ſonſt ſind wir alle todt. Er ſchonet weder groß noch klein. Wir wollen gern ohn einen Koͤnig ſeyn. Es mag nicht ſeyn, ſprach Jupiter, Er iſt und bleibet euer Herr; Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/59
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/59>, abgerufen am 05.12.2024.