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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

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als Verleger der deutsch. Aeneis.
macht haben. Sie sind durch seine innerliche
Beschaffenheit genöthiget und berechtiget worden,
so davon zu denken und zu reden, wie von ih-
nen geschehen ist. Eure Aeneis hätte nicht ei-
nen Donatschnitzer weniger, als sie hat, wenn
kein Kunstrichter sie angetastet hätte, und wenn
ihr 1000. Thaler damit gewonnen hättet. Jhr
könnet von ihnen unbehindert noch ietzo so viel da-
rauf gewinnen, wenn es den Käufern gelegen
ist. Der Hr. Prof. Gottsched hat mit eben so
schlechter Waar noch ein weit mehrers gewonnen.
Es scheinet Hr. Schwartz traue den ietzigen Zei-
ten nicht so viel gutes zu, als den vorigen, da
öfters der blosse Nahme Hrn. Gottscheds ein ma-
geres Buch verkauft hat, eh und bevor er noch
mit einer Hochmagnificenz verherrlichet war. Las-
set uns die Wahrheit gestehen, eure Aeneis ist
eine grundplatte Schrift. Jch sage es nicht euch
zu beleidigen, oder zu erschrecken, sondern vielmehr
eurem mehrern Schaden vorzukommen. Das
schlimmste für euch ist, daß jedermann dieses ein-
siehet, man hat sie in allen Gesellschaften zum Be-
sten, und dem plumpesten Kopf entfährt bey die-
ser Gelegenheit ein lustiger Einfall. Man sagt
öffentlich, der Hr. Verfasser habe seine Sinnen
und Gedancken vielmehr in patina als in Vir-
gils Aeneis gehabt; die Uebersetzung sey nur seine
Nebenabsicht, die Hauptabsicht sey eine gute Sup-
pe und ein Kälberbraten gewesen; er habe die
Aeneis in Beyerische Schincken und Knackwürste
übersetzet; dem Leser würde von seiner Verdeut-
schung so übel, als wenn unus coquus confundit

multa
C 4

als Verleger der deutſch. Aeneis.
macht haben. Sie ſind durch ſeine innerliche
Beſchaffenheit genoͤthiget und berechtiget worden,
ſo davon zu denken und zu reden, wie von ih-
nen geſchehen iſt. Eure Aeneis haͤtte nicht ei-
nen Donatſchnitzer weniger, als ſie hat, wenn
kein Kunſtrichter ſie angetaſtet haͤtte, und wenn
ihr 1000. Thaler damit gewonnen haͤttet. Jhr
koͤnnet von ihnen unbehindert noch ietzo ſo viel da-
rauf gewinnen, wenn es den Kaͤufern gelegen
iſt. Der Hr. Prof. Gottſched hat mit eben ſo
ſchlechter Waar noch ein weit mehrers gewonnen.
Es ſcheinet Hr. Schwartz traue den ietzigen Zei-
ten nicht ſo viel gutes zu, als den vorigen, da
oͤfters der bloſſe Nahme Hrn. Gottſcheds ein ma-
geres Buch verkauft hat, eh und bevor er noch
mit einer Hochmagnificenz verherrlichet war. Laſ-
ſet uns die Wahrheit geſtehen, eure Aeneis iſt
eine grundplatte Schrift. Jch ſage es nicht euch
zu beleidigen, oder zu erſchrecken, ſondern vielmehr
eurem mehrern Schaden vorzukommen. Das
ſchlimmſte fuͤr euch iſt, daß jedermann dieſes ein-
ſiehet, man hat ſie in allen Geſellſchaften zum Be-
ſten, und dem plumpeſten Kopf entfaͤhrt bey die-
ſer Gelegenheit ein luſtiger Einfall. Man ſagt
oͤffentlich, der Hr. Verfaſſer habe ſeine Sinnen
und Gedancken vielmehr in patina als in Vir-
gils Aeneis gehabt; die Ueberſetzung ſey nur ſeine
Nebenabſicht, die Hauptabſicht ſey eine gute Sup-
pe und ein Kaͤlberbraten geweſen; er habe die
Aeneis in Beyeriſche Schincken und Knackwuͤrſte
uͤberſetzet; dem Leſer wuͤrde von ſeiner Verdeut-
ſchung ſo uͤbel, als wenn unus coquus confundit

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[39/0039] als Verleger der deutſch. Aeneis. macht haben. Sie ſind durch ſeine innerliche Beſchaffenheit genoͤthiget und berechtiget worden, ſo davon zu denken und zu reden, wie von ih- nen geſchehen iſt. Eure Aeneis haͤtte nicht ei- nen Donatſchnitzer weniger, als ſie hat, wenn kein Kunſtrichter ſie angetaſtet haͤtte, und wenn ihr 1000. Thaler damit gewonnen haͤttet. Jhr koͤnnet von ihnen unbehindert noch ietzo ſo viel da- rauf gewinnen, wenn es den Kaͤufern gelegen iſt. Der Hr. Prof. Gottſched hat mit eben ſo ſchlechter Waar noch ein weit mehrers gewonnen. Es ſcheinet Hr. Schwartz traue den ietzigen Zei- ten nicht ſo viel gutes zu, als den vorigen, da oͤfters der bloſſe Nahme Hrn. Gottſcheds ein ma- geres Buch verkauft hat, eh und bevor er noch mit einer Hochmagnificenz verherrlichet war. Laſ- ſet uns die Wahrheit geſtehen, eure Aeneis iſt eine grundplatte Schrift. Jch ſage es nicht euch zu beleidigen, oder zu erſchrecken, ſondern vielmehr eurem mehrern Schaden vorzukommen. Das ſchlimmſte fuͤr euch iſt, daß jedermann dieſes ein- ſiehet, man hat ſie in allen Geſellſchaften zum Be- ſten, und dem plumpeſten Kopf entfaͤhrt bey die- ſer Gelegenheit ein luſtiger Einfall. Man ſagt oͤffentlich, der Hr. Verfaſſer habe ſeine Sinnen und Gedancken vielmehr in patina als in Vir- gils Aeneis gehabt; die Ueberſetzung ſey nur ſeine Nebenabſicht, die Hauptabſicht ſey eine gute Sup- pe und ein Kaͤlberbraten geweſen; er habe die Aeneis in Beyeriſche Schincken und Knackwuͤrſte uͤberſetzet; dem Leſer wuͤrde von ſeiner Verdeut- ſchung ſo uͤbel, als wenn unus coquus confundit multa C 4

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/39>, abgerufen am 21.11.2024.