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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

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Schreiben an Hrn. Zunckel
die Hrn. Schwartzens vorhergegangen sind, und
schließt zuletzt, daß diese letztere alle dieselben über-
treffe. Ein ungeschicktes Lob, daß Hr. Schwartz
es besser gemacht habe, als Murner oder Spreng,
oder Lau! Er versichert uns zwar, daß es ihn
nicht gereuet habe, was er von der ersten Probe
geurtheilet: Aber was beweiset dieses gegen seine
Richter? Sie werden sagen, er mögte ein solch
verstockter Sünder seyn, daß ihn eine grössere
Uebelthat nicht reuete. Vielleicht sey die Zeit
seiner Bekehrung noch nicht vorhanden, sein
Hertz sey noch versteinert. Wahrhaftig der Pfleg-
vater der deutschen Aeneis, der zuerst den Ta-
lent des Hrn. Schwartzens zu einem solchen Un-
ternehmen erblicket, und ihn durch seine Aufmun-
terungen dazu verleitet hat, hätte sich besser an-
greiffen sollen, er hätte Virgil den halben Weg
herunterreissen, und Schwartzen die andre Helfte
emporrücken sollen, damit sie näher zu einander
gekommen wären. Vordiesem hätte er Muthes
und Worte genug dazu gehabt. Er hätte uns ge-
sagt:

"Jn Virgils Gedichte herrschete lohen-
"steinische und miltonische Schwulst, sein Aus-
"druck sey in allen unsern Büchern unerhört,
"mancher wackere Magister könne vieles darin-
"nen nicht verstehen, oder müßte es mit vielem
"Nachsinnen und Kopfbrechen errathen, die
"Construction sey verworffen, man höre der-
"gleichen Latein auf den Universiteten nicht; Vir-
"gil verschwende die Beywörter zu überflüssigen
"Vorstellungen, die weiter zu nichts dieneten, als
"zu schildern. Daher habe Hr. Schwartz bil-
"lig

Schreiben an Hrn. Zunckel
die Hrn. Schwartzens vorhergegangen ſind, und
ſchließt zuletzt, daß dieſe letztere alle dieſelben uͤber-
treffe. Ein ungeſchicktes Lob, daß Hr. Schwartz
es beſſer gemacht habe, als Murner oder Spreng,
oder Lau! Er verſichert uns zwar, daß es ihn
nicht gereuet habe, was er von der erſten Probe
geurtheilet: Aber was beweiſet dieſes gegen ſeine
Richter? Sie werden ſagen, er moͤgte ein ſolch
verſtockter Suͤnder ſeyn, daß ihn eine groͤſſere
Uebelthat nicht reuete. Vielleicht ſey die Zeit
ſeiner Bekehrung noch nicht vorhanden, ſein
Hertz ſey noch verſteinert. Wahrhaftig der Pfleg-
vater der deutſchen Aeneis, der zuerſt den Ta-
lent des Hrn. Schwartzens zu einem ſolchen Un-
ternehmen erblicket, und ihn durch ſeine Aufmun-
terungen dazu verleitet hat, haͤtte ſich beſſer an-
greiffen ſollen, er haͤtte Virgil den halben Weg
herunterreiſſen, und Schwartzen die andre Helfte
emporruͤcken ſollen, damit ſie naͤher zu einander
gekommen waͤren. Vordieſem haͤtte er Muthes
und Worte genug dazu gehabt. Er haͤtte uns ge-
ſagt:

„Jn Virgils Gedichte herrſchete lohen-
„ſteiniſche und miltoniſche Schwulſt, ſein Aus-
„druck ſey in allen unſern Buͤchern unerhoͤrt,
„mancher wackere Magiſter koͤnne vieles darin-
„nen nicht verſtehen, oder muͤßte es mit vielem
„Nachſinnen und Kopfbrechen errathen, die
„Conſtruction ſey verworffen, man hoͤre der-
„gleichen Latein auf den Univerſiteten nicht; Vir-
„gil verſchwende die Beywoͤrter zu uͤberfluͤſſigen
„Vorſtellungen, die weiter zu nichts dieneten, als
„zu ſchildern. Daher habe Hr. Schwartz bil-
„lig
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[34/0034] Schreiben an Hrn. Zunckel die Hrn. Schwartzens vorhergegangen ſind, und ſchließt zuletzt, daß dieſe letztere alle dieſelben uͤber- treffe. Ein ungeſchicktes Lob, daß Hr. Schwartz es beſſer gemacht habe, als Murner oder Spreng, oder Lau! Er verſichert uns zwar, daß es ihn nicht gereuet habe, was er von der erſten Probe geurtheilet: Aber was beweiſet dieſes gegen ſeine Richter? Sie werden ſagen, er moͤgte ein ſolch verſtockter Suͤnder ſeyn, daß ihn eine groͤſſere Uebelthat nicht reuete. Vielleicht ſey die Zeit ſeiner Bekehrung noch nicht vorhanden, ſein Hertz ſey noch verſteinert. Wahrhaftig der Pfleg- vater der deutſchen Aeneis, der zuerſt den Ta- lent des Hrn. Schwartzens zu einem ſolchen Un- ternehmen erblicket, und ihn durch ſeine Aufmun- terungen dazu verleitet hat, haͤtte ſich beſſer an- greiffen ſollen, er haͤtte Virgil den halben Weg herunterreiſſen, und Schwartzen die andre Helfte emporruͤcken ſollen, damit ſie naͤher zu einander gekommen waͤren. Vordieſem haͤtte er Muthes und Worte genug dazu gehabt. Er haͤtte uns ge- ſagt: „Jn Virgils Gedichte herrſchete lohen- „ſteiniſche und miltoniſche Schwulſt, ſein Aus- „druck ſey in allen unſern Buͤchern unerhoͤrt, „mancher wackere Magiſter koͤnne vieles darin- „nen nicht verſtehen, oder muͤßte es mit vielem „Nachſinnen und Kopfbrechen errathen, die „Conſtruction ſey verworffen, man hoͤre der- „gleichen Latein auf den Univerſiteten nicht; Vir- „gil verſchwende die Beywoͤrter zu uͤberfluͤſſigen „Vorſtellungen, die weiter zu nichts dieneten, als „zu ſchildern. Daher habe Hr. Schwartz bil- „lig

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/34>, abgerufen am 21.11.2024.