[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.für die epische Poesie. ken sich in ihrer eigenen ungekünstelten Redens-art aus. Es ist nicht an das Geplauder, und die kleinen spitzfündigen Formeln gewöhnt, welche die Rede eines sogenannten wohlgezogenen Men- schen aller Kraft berauben; seine Sprache ist mit Schulwitz, Wort- und Sinnenspielen, und Syl- bengeklingel nicht durchsetzet; welche in allen Län- dern sehr späthe eingerissen sind. Und dieses mag wohl die Ursache seyn, daß alle Nationen sich so sehr an ihren alten Poeten belustigen. Ehe sie so höflich, und verzärtelt worden, daß sie in Schmeicheley und Falschheit verfallen, fühlen wir den Nachdruk ihrer Worte, und die Wahrheit ihrer Gedanken. Jezo sollte ich noch von den Vortheilen reden, len B 3
fuͤr die epiſche Poeſie. ken ſich in ihrer eigenen ungekuͤnſtelten Redens-art aus. Es iſt nicht an das Geplauder, und die kleinen ſpitzfuͤndigen Formeln gewoͤhnt, welche die Rede eines ſogenannten wohlgezogenen Men- ſchen aller Kraft berauben; ſeine Sprache iſt mit Schulwitz, Wort- und Sinnenſpielen, und Syl- bengeklingel nicht durchſetzet; welche in allen Laͤn- dern ſehr ſpaͤthe eingeriſſen ſind. Und dieſes mag wohl die Urſache ſeyn, daß alle Nationen ſich ſo ſehr an ihren alten Poeten beluſtigen. Ehe ſie ſo hoͤflich, und verzaͤrtelt worden, daß ſie in Schmeicheley und Falſchheit verfallen, fuͤhlen wir den Nachdruk ihrer Worte, und die Wahrheit ihrer Gedanken. Jezo ſollte ich noch von den Vortheilen reden, len B 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="21"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">fuͤr die epiſche Poeſie.</hi></fw><lb/> ken ſich in ihrer eigenen ungekuͤnſtelten Redens-<lb/> art aus. Es iſt nicht an das Geplauder, und die<lb/> kleinen ſpitzfuͤndigen Formeln gewoͤhnt, welche<lb/> die Rede eines ſogenannten wohlgezogenen Men-<lb/> ſchen aller Kraft berauben; ſeine Sprache iſt mit<lb/> Schulwitz, Wort- und Sinnenſpielen, und Syl-<lb/> bengeklingel nicht durchſetzet; welche in allen Laͤn-<lb/> dern ſehr ſpaͤthe eingeriſſen ſind. Und dieſes mag<lb/> wohl die Urſache ſeyn, daß alle Nationen ſich ſo<lb/> ſehr an ihren alten Poeten beluſtigen. Ehe ſie<lb/> ſo hoͤflich, und verzaͤrtelt worden, daß ſie in<lb/> Schmeicheley und Falſchheit verfallen, fuͤhlen wir<lb/> den Nachdruk ihrer Worte, und die Wahrheit<lb/> ihrer Gedanken.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Jezo ſollte ich noch von den Vortheilen reden,<lb/> welche einem Poeten die gluͤcklichen Umſtaͤnde<lb/> ſeiner Perſon mittheilen; was ſeine Auferziehung,<lb/> ſeine Lebensart, und ſein Gluͤck in derſelben vor<lb/> eine abſonderliche Wirkung bey ihm als einem<lb/> Poeten haben muͤſſen. Allein dieſer Vortheile ſind<lb/> ſo viel, und ſie ſind ſo mannigfaltig, wie die Ge-<lb/> legenheiten die Menſchen uͤberhaupt kennen zu ler-<lb/> nen, und abſonderliche Gegenſtaͤnde, ſo fuͤr die<lb/> Poeſie bequem ſind, ins Auge zu bekommen,<lb/> nothwendig ſeyn muͤſſen, ſo daß eine ſolche Ab-<lb/> handlung mich weiter fuͤhren wuͤrde, als ich diß-<lb/> mahl geſonnen bin zu gehen. Jch gedenke nur<lb/> eines Stuͤckes, nach welchem man von der Wich-<lb/> tigkeit der uͤbrigen urtheilen kan, nemlich der vie-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">B 3</fw><fw place="bottom" type="catch">len</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [21/0021]
fuͤr die epiſche Poeſie.
ken ſich in ihrer eigenen ungekuͤnſtelten Redens-
art aus. Es iſt nicht an das Geplauder, und die
kleinen ſpitzfuͤndigen Formeln gewoͤhnt, welche
die Rede eines ſogenannten wohlgezogenen Men-
ſchen aller Kraft berauben; ſeine Sprache iſt mit
Schulwitz, Wort- und Sinnenſpielen, und Syl-
bengeklingel nicht durchſetzet; welche in allen Laͤn-
dern ſehr ſpaͤthe eingeriſſen ſind. Und dieſes mag
wohl die Urſache ſeyn, daß alle Nationen ſich ſo
ſehr an ihren alten Poeten beluſtigen. Ehe ſie
ſo hoͤflich, und verzaͤrtelt worden, daß ſie in
Schmeicheley und Falſchheit verfallen, fuͤhlen wir
den Nachdruk ihrer Worte, und die Wahrheit
ihrer Gedanken.
Jezo ſollte ich noch von den Vortheilen reden,
welche einem Poeten die gluͤcklichen Umſtaͤnde
ſeiner Perſon mittheilen; was ſeine Auferziehung,
ſeine Lebensart, und ſein Gluͤck in derſelben vor
eine abſonderliche Wirkung bey ihm als einem
Poeten haben muͤſſen. Allein dieſer Vortheile ſind
ſo viel, und ſie ſind ſo mannigfaltig, wie die Ge-
legenheiten die Menſchen uͤberhaupt kennen zu ler-
nen, und abſonderliche Gegenſtaͤnde, ſo fuͤr die
Poeſie bequem ſind, ins Auge zu bekommen,
nothwendig ſeyn muͤſſen, ſo daß eine ſolche Ab-
handlung mich weiter fuͤhren wuͤrde, als ich diß-
mahl geſonnen bin zu gehen. Jch gedenke nur
eines Stuͤckes, nach welchem man von der Wich-
tigkeit der uͤbrigen urtheilen kan, nemlich der vie-
len
B 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |