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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.

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Echo
Nahmens trägt nun besagte Einwürffe gegen das
Paradies ausdrücklich als Einwürffe der deut-
schen Nation vor, mit der er sich gantz vertrau-
lich anstellet, massen er ohne Cerimonial von ihr
und sich so redet:

"Die deutschen Starrköpfe,
"sagt er z. Ex. werden sich nicht bereden lassen,
"daß das verlohrne Paradies ein vollkomme-
"nes Heldengedichte sey. - - Es ist dieses nicht
"so gemeint, als ob wir am Milton schlechter-
"dings keine Schönheit finden. - - Wir geste-
"hen ihm viel hohe Gedancken zu. - - Dieses
"blendet aber uns Deutsche nicht."

Auf seine
Einwürffe selbst zu kommen, so zweifelt er erst-
lich im Nahmen der Deutschen, ob nicht Mil-
ton einen Fehler begangen, daß er theils so
fürchterliche, theils so ernsthafte Wesen und
Handlungen zu den Gegenständen der Fabel
gemachet. Er wisse zwar wohl, daß Hr. Bod-
mer diesen Einwurf zu heben gesucht; er zwei-
fele aber wieder, ob seine Gründe alle Schwie-
rigkeiten gehoben haben.
Sollten die wahren
Deutschen wohl so unbillig seyn, und ein Werck
um eines Fehlers willen verwerffen, von wel-
chem sie noch im Zweifel stehen, ob es einer sey?
Und wenn sie nicht allein den Einwurf, sondern
auch die Beantwortung desselben erwogen haben,
können sie noch zweifeln, ob er gehoben sey?
Sollten sie nicht ohne dieses wissen, daß kein
Wesen und keine Handlung vor die Poesie zu
ernsthaft sey, daß die ernsthafteste (*) von ihr

auf
(*) Wenigstens kan weder Hr. Gottsched noch Hr. Pit-
schel

Echo
Nahmens traͤgt nun beſagte Einwuͤrffe gegen das
Paradies ausdruͤcklich als Einwuͤrffe der deut-
ſchen Nation vor, mit der er ſich gantz vertrau-
lich anſtellet, maſſen er ohne Cerimonial von ihr
und ſich ſo redet:

„Die deutſchen Starrkoͤpfe,
„ſagt er z. Ex. werden ſich nicht bereden laſſen,
„daß das verlohrne Paradies ein vollkomme-
„nes Heldengedichte ſey. ‒ ‒ Es iſt dieſes nicht
„ſo gemeint, als ob wir am Milton ſchlechter-
„dings keine Schoͤnheit finden. ‒ ‒ Wir geſte-
„hen ihm viel hohe Gedancken zu. ‒ ‒ Dieſes
„blendet aber uns Deutſche nicht.„

Auf ſeine
Einwuͤrffe ſelbſt zu kommen, ſo zweifelt er erſt-
lich im Nahmen der Deutſchen, ob nicht Mil-
ton einen Fehler begangen, daß er theils ſo
fuͤrchterliche, theils ſo ernſthafte Weſen und
Handlungen zu den Gegenſtaͤnden der Fabel
gemachet. Er wiſſe zwar wohl, daß Hr. Bod-
mer dieſen Einwurf zu heben geſucht; er zwei-
fele aber wieder, ob ſeine Gruͤnde alle Schwie-
rigkeiten gehoben haben.
Sollten die wahren
Deutſchen wohl ſo unbillig ſeyn, und ein Werck
um eines Fehlers willen verwerffen, von wel-
chem ſie noch im Zweifel ſtehen, ob es einer ſey?
Und wenn ſie nicht allein den Einwurf, ſondern
auch die Beantwortung deſſelben erwogen haben,
koͤnnen ſie noch zweifeln, ob er gehoben ſey?
Sollten ſie nicht ohne dieſes wiſſen, daß kein
Weſen und keine Handlung vor die Poeſie zu
ernſthaft ſey, daß die ernſthafteſte (*) von ihr

auf
(*) Wenigſtens kan weder Hr. Gottſched noch Hr. Pit-
ſchel
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[62/0062] Echo Nahmens traͤgt nun beſagte Einwuͤrffe gegen das Paradies ausdruͤcklich als Einwuͤrffe der deut- ſchen Nation vor, mit der er ſich gantz vertrau- lich anſtellet, maſſen er ohne Cerimonial von ihr und ſich ſo redet: „Die deutſchen Starrkoͤpfe, „ſagt er z. Ex. werden ſich nicht bereden laſſen, „daß das verlohrne Paradies ein vollkomme- „nes Heldengedichte ſey. ‒ ‒ Es iſt dieſes nicht „ſo gemeint, als ob wir am Milton ſchlechter- „dings keine Schoͤnheit finden. ‒ ‒ Wir geſte- „hen ihm viel hohe Gedancken zu. ‒ ‒ Dieſes „blendet aber uns Deutſche nicht.„ Auf ſeine Einwuͤrffe ſelbſt zu kommen, ſo zweifelt er erſt- lich im Nahmen der Deutſchen, ob nicht Mil- ton einen Fehler begangen, daß er theils ſo fuͤrchterliche, theils ſo ernſthafte Weſen und Handlungen zu den Gegenſtaͤnden der Fabel gemachet. Er wiſſe zwar wohl, daß Hr. Bod- mer dieſen Einwurf zu heben geſucht; er zwei- fele aber wieder, ob ſeine Gruͤnde alle Schwie- rigkeiten gehoben haben. Sollten die wahren Deutſchen wohl ſo unbillig ſeyn, und ein Werck um eines Fehlers willen verwerffen, von wel- chem ſie noch im Zweifel ſtehen, ob es einer ſey? Und wenn ſie nicht allein den Einwurf, ſondern auch die Beantwortung deſſelben erwogen haben, koͤnnen ſie noch zweifeln, ob er gehoben ſey? Sollten ſie nicht ohne dieſes wiſſen, daß kein Weſen und keine Handlung vor die Poeſie zu ernſthaft ſey, daß die ernſthafteſte (*) von ihr auf (*) Wenigſtens kan weder Hr. Gottſched noch Hr. Pit- ſchel

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/62>, abgerufen am 22.11.2024.